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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Frauenquote

Die Einführung von Frauenquoten ist eines der Instrumente, mit deren Hilfe die Benachteiligung von Frauen in der Gesellschaft, im Erwerbsleben oder in der Politik nach Ansicht der Befürworter solcher Regelungen ausgeglichen werden soll. Frauenquoten bedeuten, dass weibliche Bewerber bei der Vergabe von Arbeitsplätzen, Führungspositionen oder öffentlichen Ämtern bei gleicher Qualifikation gegenüber Männern bevorzugt berücksichtigt werden. Dies gilt solange, bis ein bestimmter Prozentsatz (die Quote) erreicht ist.

Im Grundgesetz der Bundesrepublik heißt es in Artikel 3 Absatz 2: "Männer und Frauen sind gleichberechtigt." Trotzdem ist in Deutschland und vielen anderen Staaten der Anteil von Frauen in Führungspositionen oder Ämtern in fast allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens geringer als ihr Anteil an der Bevölkerung. Dies ist trotz des gestiegenen Bildungsniveaus, einer immer größeren Zahl von erwerbstätigen Frauen und zahlreichen Fördermaßnahmen nach wie vor der Fall. Die Gründe für diese Benachteiligung sind vielfältig: Sie sind sowohl in dem traditionellen Rollenbild für Frauen als auch in einer oftmals immer noch darauf ausgerichteten Erziehung in Familie, Schule und Gesellschaft begründet. Die Folge und zugleich weitere Ursache für berufliche Nachteile ist die häufige Doppelbelastung durch Familie und Beruf. Immer noch tragen Frauen - auch wenn sie berufstätig sind - die Hauptlast der Arbeit in Familie und Haushalt. Dass Änderungen notwendig sind, ist heute weitgehend akzeptiert. Über die erforderlichen Maßnahmen herrscht dagegen keine Einigkeit. Vor allem die Festlegung von Quoten bei der Besetzung von Führungspositionen als Instrument der Frauenförderung ist nach wie vor äußerst umstritten.

Im Rahmen der Frauenförderung haben fast alle Länder seit 1989 Gleichstellungsgesetze für den öffentlichen Dienst beschlossen. Auf Bundesebene gilt seit September 1994 das "Gleichberechtigungsgesetz". Die Dienststellen des Bundes werden darin verpflichtet, alle drei Jahre verbindliche Zielvorgaben festzulegen um die Differenz zwischen der Zahl der männlichen und weiblichen Mitarbeiter vor allem im mittleren und gehobenen Dienst zu verringern. Feste Quoten sieht dieses Bundesgesetz nicht vor. Jedoch müssen Dienststellen mit mehr als zweihundert Beschäftigten Frauenbeauftragte benennen, deren Aufgabe es ist, die Einhaltung der gesetzten Ziele zu überwachen. Auch das Gremiengesetz des Bundes verfolgt ähnliche Ziele.

Mehrere Bundesländer schreiben verbindlich vor, dass eine bestimmte Frauenquote im öffentlichen Dienst erreicht werden muss. Wie hoch der Anteil der Frauen in den verschiedenen Bereichen jeweils mindestens sein soll, liegt im Ermessen derer, die die Quote festsetzen. Maßstab kann dabei entweder allgemein der Anteil von Frauen an der Gesamtbevölkerung sein oder zum Beispiel auch ihre Quote an der Zahl der Beschäftigten in einer Behörde, Partei oder Institution. Bis das angestrebte Ziel erreicht ist, müssen dann Bewerberinnen männlichen Anwärtern bei gleicher Qualifikation vorgezogen werden.

Diese Regelung darf allerdings nicht uneingeschränkt gelten. In einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg wurde nämlich 1995 festgestellt, dass Frauenquoten im öffentlichen Dienst nur unter bestimmten Bedingungen zulässig sind. Ohne eine "Härteklausel" verstoßen Frauenquoten andernfalls gegen die Gleichberechtigungsrichtlinie, die für alle Mitgliedsländer der Europäischen Union verbindlich ist. Nach dem Urteil muss es nämlich möglich sein, in begründeten Einzelfällen gleich gut qualifizierte Männer auch dann zu befördern oder einzustellen, wenn die angestrebte Frauenquote noch nicht erfüllt ist. Verlangt wird eine gesetzliche Regelung, die bei Härtefällen personalpolitische Einzelentscheidungen im Rahmen einer geltenden Quotenregelung zulässt.

Bei deutschen Unternehmen gibt es zwar nur in seltenen Fällen Frauenquoten, die bei der Besetzung freier Stellen zwingend beachtet werden müssen. Aber in vielen Betrieben wird eine gezielte Frauenförderung als Bestandteil einer bewusst gepflegten Unternehmenskultur oder als wichtige Aufgabe der Personalentwicklung angesehen. Der berufliche Aufstieg weiblicher Mitarbeiter in Führungspositionen oder die Beschäftigung hoch qualifizierter Frauen in Forschung und Entwicklung wird durch gezielte Maßnahmen gefördert. Unter Frauenförderung werden dabei alle Maßnahmen verstanden, die Frauen die gleichen beruflichen Möglichkeiten einräumen wie den Männern. Auch mit Rücksicht auf die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen müssen bei der Personalwerbung (Anzeigen, interne Stellenausschreibungen) Formulierungen gewählt werden, die Frauen nicht ausschließen sondern sie ermuntern, sich um ausgeschriebene Positionen zu bewerben.

Besonders intensiv wird die Diskussion über die Frauenquote als Instrument einer gleichberechtigten Beteiligung der weiblichen Bevölkerung an den politischen Entscheidungsprozessen und der Vergabe von Ämtern in den Parteien geführt. Es handelt sich um einen Bereich des öffentlichen Lebens, in dem in den letzten Jahren besonders deutliche Fortschritte zu verzeichnen waren. Die Durchsetzung der Frauenquote gelang den Grünen in der Bundesrepublik schneller als allen anderen Parteien.

Bei der Diskussion über Frauenquoten bei der Vergabe von Führungspositionen in Wirtschaft, Politik, Verwaltung, Bildungswesen oder im Kulturbetrieb darf nicht übersehen werden, dass es lange Zeit eine negative Frauenquote gab, die zum weitgehenden Ausschluss des weibliche Teils der Bevölkerung von zahlreichen Aufgaben in der Gesellschaft führte. Diese Zugangssperren wirken oft bis in die Gegenwart und auf das Gehalt nach. Es gibt eine Vielzahl statistischer Untersuchungen, die belegen, dass Frauen weniger verdienen, obwohl sie die selben Arbeiten erledigen. Oft wurde dies durch den einst tatsächlich geringeren Ausbildungsgrad und durch Erziehungszeiten begründet. Vor allem die Erziehung der Kinder und die damit verbundene Ausszeit in jungen Jahren verhindert Karriereaufstiege massiv und wirkt über die Elternzeit hinaus, da viele Frauen zunächst halbstags arbeiten und so weniger verdienen.

Während in der Vergangenheit vor allem in die Steigerung der Frauenquote investiert wurde, wird durch das Elterngeld (erstmals 2007) ein Anreiz geschaffen, dass auch Männer zu Hause bleiben und sich um die Kindeserziehung kümmern. Auch dadurch kann die Frauenquote steigen, wenngleich Beispiele aus Skandinavien zeigen, dass die Wirkung nur sehr begrenzt ist.



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