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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Arbeitslosengeld II (ALG II)

Seit dem 1. Januar 2005 gibt es in Deutschland keine Arbeitslosenhilfe mehr. Sie wurde ersetzt durch das Arbeitslosengeld II (ALG II). Das neue Sozialrecht des Sozialgesetzbuches II spricht eigentlich aber von "Grundsicherung für Arbeitssuchende".

Seit Anfang 2005 hat das Arbeitslosengeld II (ALG II) die Arbeitslosenhilfe abgelöst. Nach Inkrafttreten der Hartz-Reformen 2005 können

  • Personen, die zwischen 15 und 65 Jahre alt und erwerbsfähig sind, bei Bedürftigkeit Arbeitslosengeld II erhalten. Hierunter fallen alle bisherigen arbeitsfähigen Sozialhilfeempfänger. Ihre Familienangehörigen, die selbst nicht erwerbsfähig sind und mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft zusammenleben, erhalten künftig Sozialgeld.
  • Wer 65 Jahre oder älter ist oder im Sinne des Rentenrechts auf Dauer voll erwerbsgemindert ist, kann bei Bedürftigkeit die "Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung" nach dem SGB XII erhalten.
  • Als unterstes Netz der sozialen Sicherung wird weiterhin die Hilfe zum Lebensunterhalt (Sozialhilfe) für Menschen da sein, die sonst bei Bedürftigkeit keine Leistungen erhalten.

Anspruchsberechtigte

Wer sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, und dann arbeitslos wird, bezieht zunächst für maximal 12 Monate Arbeitslosengeld I in Höhe von 60 Prozent des letzten Nettogehaltes (mit Kindern 67 Prozent). Wer älter als 55 Jahre ist, hat bis zu 18 Monate Anspruch auf Arbeitslosengeld I. Allerdings gibt es bis zum 31. Januar 2006 eine Übergangsfrist. Danach wird Arbeitslosengeld II bezahlt, allerdings nur bei

  • Erwerbsfähigkeit,
  • Erwerbswilligkeit,
  • Hilfsbedürftigkeit,
  • "gewöhnlichem Aufenthalt" in Deutschland und bei
  • Unterschreiben und Einhalten der Eingliederungsvereinbarung

Zumutbarkeit: Die Grenze der Zumutbarkeit hat sich verschärft, eigentlich sind jetzt nur noch sittenwidrige Tätigkeiten unzumutbar. Ausgenommen von der Zumutbarkeit sind auch Arbeiten zu denen der Erwerbsfähige von seinen geistigen oder körperlichen Kräften her nicht in der Lage ist. Würde die Arbeit überdies die Erziehung eines Kindes gefährden oder die Pflege eines Angehörigen verhindern, ist sie ebenfalls unzumutbar. Unzumutbar ist auch ein Job, der einem Hilfebedürftigen die künftige Ausübung seiner bisher überwiegenden Tätigkeit erschweren würde. Einen Sonderfall bei der Erwerbswilligkeit ist die so genannte "58er-Regelung".

Hilfsbedürftigkeit: Leistungen des ALG II erhält nur, wer finanziell nicht mehr selbst für sich sorgen kann. Hilfsbedürftig ist, wer aus eigenen körperlichen und geistigen Kräften und finanziellen Mitteln nicht selbst für sich sorgen kann. Die Hilfsbedürftigkeit richtet sich auch nach anderem Vermögen und danach, was andere Personen der Bedarfsgemeinschaft besitzen und verdienen.

Eingliederungsvereinbarung: Der Staat hat noch weitere Kriterien für die Gewährung festgelegt. An erster Stelle steht hierbei die Eigenverantwortung. Darüber hinaus engagiert nach Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt zu streben und angebotene Arbeit anzunehmen - dazu gehört auch die Übernahme gemeinnütziger Arbeiten gegen eine geringe Entschädigungsleistung. Der ALG II-Empfänger muss in einer Eingliederungsverpflichtung gegenüber der Agentur für Arbeit diese Mitwirkungs- und Mitverantwortungsverpflichtung unterschreiben. Auch wenn nur der Erwerbsfähige unterschreibt, bezieht sich die Eingliederungsvereinbarung doch auf alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft.

Sanktionen

Stärker als je zuvor wird in der Sozialgesetzgebung beim ALG II und beim Sozialgeld gegen Leistungsmissbrauch vorgegangen.

Bei der ersten Pflichtverletzung

  • fällt der Zuschlag auf ALG II weg und
  • wird für Bedürftige unter 25 Jahren das ALG auf Leistungen der Unterkunft und Heizung beschränkt
  • wird für 26jährige und ältere Bedürftige die Regelleistung des ALG II um 30 Prozentpunkte abgesenkt

Bei jeder weiteren Pflichtverletzung

  • wird die Regelleistung des ALG II um weitere 30 Prozentpunkte abgesenkt.

Ab der zweiten Pflichtverletzung

  • kann die Kürzung des ALG II neben der Regelleistung auch die Leistungen für Unterkunft, Heizung, für Mehrbedarfe und die Darlehen für unabweisbar notwendige Bedarfe und Mietschulden umfassen
  • können die Leistungen des ALG II in Form von Sachleistungen erbracht werden

Ab der vierten Pflichtverletzung

  • Kann das ALG II ganz wegfallen.
  • Besonders hart sind die Sanktionen, die das Sozialgesetzbuch androht, bei Verstößen gegen die Meldepflicht, die für die Aufnahme einer Berufstätigkeit unerlässlich ist.

Vergleichbares gilt auch für die Bezieher von Sozialgeld! Die Sanktionen sind immer auf zunächst drei Monate beschränkt.

Eine weitere Möglichkeit der Arbeitsagenturen ist es, bei unzulässigem Umgang mit den staatlichen Geldern diese z.B. gegen Lebensmittelgutscheine zu ersetzen! Noch viel härter wird es diejenigen treffen, die gar nicht hilfebedürftig sind und sich die Leistungen der Hartz-Gesetze "erschleichen".

Leistungen nach Hartz IV

Anders als bei der früheren Arbeitslosenhilfe ist die Höhe des ALG II unabhängig vom früheren Einkommen! Und im Gegensatz zur früheren Sozialhilfe wird es nur auf Antrag gewährt! Der Leistungskatalog teilt sich auf in:

Leistungen zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt: Neben direkten Arbeitsmarkthilfen wie Umschulung und Weiterbildung etc. werden je nach Bedarf noch weitere Leistungen im Rahmen des ALG II gewährt:

  • Schuldnerberatung
  • Psychosoziale Beratung
  • Suchtberatung
  • Einstiegsgeld für Arbeitslose (befristeter Arbeitnehmerzuschuss)
  • Leistungen nach dem Arbeitsteilzeitgesetz
  • Arbeitsgelegenheiten für erwerbsfähige Bedürftige unter Zuzahlung von Mehraufwendungen zum ALG II
  • Betreuung minderjähriger oder behinderter Kinder
  • Betreuung und Pflege von pflegebedürftigen Angehörigen

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes (ALG II/Sozialgeld): Hier unterscheidet der Gesetzgeber zwischen ALG II und Sozialgeld. ALG II erhält der hilfsbedürftige Erwerbsfähige, Sozialgeld die hilfsbedürftigen Nicht-Erwerbsfähigen innerhalb der Bedarfsgemeinschaft. Das ALG II besteht aus mehreren finanziellen Einzelleistungen.

Regelleistung: Sie soll den typischen Bedarf des täglichen Lebens decken. Die Höhe der Regelleistung ist abhängig vom Haushaltstyp und dem Alter des Erwerbsfähigen. Dieser Regelleistungssatz wird jährlich zum 1. Juli um den Prozentsatz erhöht. Da die Länder eigentlich diese Sätze festlegen, kann es zu kleinen Unterschieden bis etwa 10 Euro kommen. Manche Personengruppen unter den ALG II-Empfängern erhalten einen Mehrbedarf:

  • Schwangere
  • Alleinerziehende (unterschiedlich hoch je nach Kinderzahl)
  • Behinderte
  • Menschen, die einer aufwändigeren Ernährung bedürfen.

Mehrbedarf: Der Mehrbedarf bemisst sich nach Prozentsätzen von der Regelleistung. Alle Mehrleistungen zusammengenommen dürfen nicht den Regelsatz übersteigen!

Leistung für Unterkunft und Heizung: Dazu gehören Unterkunftskosten, Heizkosten und Mietnebenkosten. Angemessen ist nicht das, was der ALG II-Empfänger bis zu seinem Arbeitsplatzverlust bewohnt hat, angemessen ist das, was nach Familienstand von der Wohnungsgröße her nötig ist.

·  1-Personen-Haushalte

45 qm

·  2-Personen-Haushalte

60 qm

·  3-Personen-Haushalte

75 qm

·  für jede weitere Person

+ 15qm

Das Gesetz sieht vor, dass nicht angemessene Wohnungskosten für längstens ein halbes Jahr übernommen werden. Zumutbar ist für den Hilfeempfänger in diesem Zusammenhang aber eine teilweise Untervermietung seiner Wohnung, um die tatsächlichen Wohnungskosten zu senken oder in eine preiswertere, angemessene Wohnung umzuziehen.

Befristeter Zuschlag: Diese Zuschläge sollten 2005 diejenigen entschädigen, die erstmals vom Arbeitslosengeld I in das ALG II abrutschen. Deshalb wurde für Arbeitslosengeld I-Empfänger eine Übergangsfrist von zwei Jahren eingebaut, in der sie diesen Zuschlag erhalten. Die Zwei-Jahresfrist beginnt unmittelbar mit dem Ende der Arbeitslosengeld I-Leistung und läuft kalenderjahrmäßig ab. Die Höhe dieses befristeten Zuschlags richtet sich nach der finanziellen Verschlechterung, die der Hilfebedürftige hinzunehmen hatte. Die Zuschlagshöhen können Sie hier einsehen.

Übernahme der Mietschulden: Grundsätzlich sieht das Gesetz vor, dass mit der Übernahme der Mietkosten der Bereich "Wohnen" abgedeckt ist. Doch auch hier gibt es wie bei den "unabweisbaren" Leistungen ein Sicherheitsnetz. Wenn wegen entstandener Mietschulden eine Obdachlosigkeit droht und wegen dieser Obdachlosigkeit ein mögliches Beschäftigungsverhältnis nicht zustande kommen würde, kann die Arbeitsagentur Mietschulden übernehmen - allerdings nur als Darlehen an den Bedürftigen.

Einmalige finanzielle Leistungen: Der Gesetzgeber hat festgestellt, dass trotz aller Wünsche nach Vereinfachung und Pauschalierung des Sozialrechts sich im Leben des Hilfeempfängers Situationen ergeben, deren finanzielle Folgen sich nicht mit dem Regelsatz abdecken lassen. Einmalige finanzielle Leistungen werden deshalb in folgenden Fällen gewährt: Wohnungsgrundausstattung, Bekleidung , Bekleidung für Schwangere, Bekleidung bei Geburten, mehrtägige Schulklassenfahrten. Grundsätzlich möglich sind sowohl Sach- als auch Geldleistungen.

Anspruch auf die einmaligen Beihilfen besteht auch, wenn kein Anspruch auf ALG II besteht aber nur ein geringes Einkommen da ist.

Darlehen für einmalige Unterhaltsbedarfe: Es gibt eine Regelung für die allergrößten Notfälle, denn die Menschenwürde darf nicht verletzt werden. Dann wird ein Darlehen gewährt. Die Notlage muss allerdings groß sein. Der Hilfeempfänger und die Mitglieder aus der Bedarfsgemeinschaft müssen so wenig besitzen, dass sie alle zusammen das benötigte Geld nicht aufbringen können. Das Darlehen muss schnellstmöglich zurückgezahlt werden.

Sozialgeld

Während der Erwerbsfähige ALG II erhält, bekommt der Nicht-Erwerbsfähige Sozialgeld. Es beträgt für Angehörige unter 14. Jahren 60 Prozent der Regelleistung inklusive Pauschbetrag für Kleidung und Gebrauchswaren. Für Angehörige ab 14. Jahren werden 80 Prozent der Regelleistung gezahlt inkl. Pauschbetrag für Kleidung und Gebrauchswaren.

Kinderzuschlag

Es gibt entweder ALG II oder Kinderzuschlag, nie beides! Der Kinderzuschlag steht Familien zu, deren Einkommen zwar zur Deckung des Lebensunterhaltes der Eltern ausreicht, aber eben nicht zur Deckung des Lebensunterhaltes der Kinder. Man will also verhindern, dass eine Familie, nur weil sie Kinder hat, in die Bedürftigkeit abrutscht. Mit dem Kinderzuschlag werden faktisch nur Familien versorgt, die trotzt Erwerbstätigkeit nur knapp über dem Sozialhilfesatz liegen. Der Kinderzuschlag beträgt maximal 140 Euro pro Monat.



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