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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Erfahrungskurve

Das von der Unternehmensberatung Boston Consulting Group entwickelte Konzept der Erfahrungskurve zeigt den funktionalen Zusammenhang zwischen der im Zeitablauf produzierten Menge eines bestimmten Guts oder einer Leistung und den Kosten pro Stück dieses Produkts. Die Kernaussage dieses Konzepts lautet, dass bei jeder Verdopplung der insgesamt produzierten Menge eines Produkts die Stückkosten um 20 bis 30 Prozent sinken. Der Grund für diese Stückkostenreduktion sind vornehmlich Lernprozesse und Kapazitätseffekte.

Der Erfahrungskurveneffekt gehört zu den Standartkonzepten zur Erklärung dafür, warum bestimmte Unternehmen, die früh in einen Markt eingetreten sind, gegenüber anderen Unternehmen, die erst später hinzugekommen sind, sonst aber gleiche Voraussetzungen haben, erhebliche Kostenvorteile haben. Das Konzept wurde 1966 von der amerikanischen Unternehmensberatung Boston Consulting Group bei einer Untersuchung der amerikanischen Halbleiterindustrie entwickelt und erklärt den Zusammenhang zwischen der kumulierten Produktmenge und der Entwicklung der Stückkosten dieses Produkts. Als Grund für den Zusammenhang zwischen kumulierter Ausbringungsmenge, also der Menge des jeweiligen Gutes, die seit Aufnahmen der Produktion hergestellt wurde und Stückkosten, wurden Lernprozesse und Kapazitätseffekte herausgefunden.

1. Lernprozesse als Grund für sinkende Stückkosten

Im allgemeinen kann man davon ausgehen, dass die Stückkosten bei Aufnahme der Produktion eines bestimmten Gutes wesentlich höher sind als zu einem späteren Zeitpunkt. Dieses Phänomen lässt sich zum einem damit erklären, dass den am Produktionsprozess beteiligten Personen im Laufe der Zeit weniger Fehler unterlaufen und damit weniger Ausschuss d.h. fehlerhafte Ware, die nicht zum Verkauf geeignet ist, produziert wird. Außerdem wird aber auch der Produktionsprozess immer weiter optimiert. So wird beispielsweise das Produktionsverfahren sowie die Produktionsorganisation verbessert.

Auch kommt es bei den am Produktionsprozess beteiligten zu einer Leistungserhöhung. Dasselbe Gut oder die selbe Leistung kann in immer kürzerer Zeit hergestellt werden. Man spricht hier von einer Erhöhung der Produktivität.

Alle diese Verbesserungen im Produktionsprozess fasst man unter dem Stichwort Lernprozesse zusammen.

2. Kapazitätseffekte als Grund für sinkende Stückkosten

Ein zweiter Grund für im Zeitablauf sinkende Stückkosten ist der so genannte Kapazitätseffekt, der besagt, dass die Kosten pro Stück bei Erweiterung der Kapazitäten sinken. Als Produktionskapazität wird dabei die maximale Menge bezeichnet, die man mit den vorhandenen Produktionsanlagen herstellen kann. Eine Kapazitätserweiterung kann für das Unternehmen immer dann sinnvoll werden, wenn das hergestellte Produkt verstärkt vom Markt nachgefragt wird, so dass die vorhandene Produktionskapazität nicht mehr ausreicht, um die Nachfrage zu befriedigen.

Im allgemeinen geht man davon aus, dass die Stückkosten bei einer Kapazitätsausweitung sinken, also beispielsweise eine Verdopplung der Kapazitäten nicht auch mit einer Verdopplung der Gesamtkosten einhergeht. Hier spielt die Erkenntnis herein, dass bestimmte Kosten auch bei Erweiterung der Fertigungskapazitäten konstant bleiben bzw. nur unterproportional steigen und damit auch die Kosten pro Stück sinken. Ein Beispiel hierfür wären die Verwaltungskosten, die bei einer Verdoppelung der Produktionskapazität in der Regel nicht oder nur gering steigen. Allerdings lässt sich so eine Stückkostendegression nicht unendlich weiter betreiben, vielmehr steigen die Stückkosten in der Regel ab einer bestimmten kritischen Größe der Fertigungskapazitäten wieder an. Ein Grund hierfür kann sein, dass Unternehmen ab einer bestimmten Größe nur noch schwer zu managen sind, so dass die Verwaltungskosten mit Erhöhung der Kapazitäten überproportional ansteigen.

Das Konzept der Erfahrungskurve zeigt deutlich, warum es für die Unternehmen einer Volkswirtschaft sinnvoll und notwendig ist, bei Produktinnovationen zu den Unternehmen zu gehören, die als erstes am Markt sind, da so aufgrund der oben genannten Effekte Wettbewerbsvorteile auf der Kostenseite erreichbar sind, die die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft und damit auch den Standort verbessern. Auch aus diesem Grund werden die im internationalen Vergleich langen Genehmigungs- und Gesetzgebungsverfahren in Deutschland häufig kritisiert, da sie deutsche Unternehmen daran hindern können, als einer der ersten im Markt aufzutreten.

Eng verbunden mit dem Erfahrungskurveneffekt sind auch die im Management verwendeten Portfolioanalysen sowie der Produktlebenszyklus, mit denen man zu untersuchen versucht, wie in einem Unternehmen die optimale Struktur zwischen etablierten Produkten und Produktinnovationen auszusehen hat.



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