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Issues Management

Der Begriff Issues Management stammt aus der amerikanischen Managementlehre und bedeutet eine vorausschauende, aktiv gestaltete und sozial verantwortliche Kommunikations- und Unternehmenspolitik. Ziel des Issues Managements ist es, mögliche Probleme und Konfliktfelder frühzeitig zu erkennen und bereits vorbeugend Strategien zur Überwindung von Konflikten mit der Öffentlichkeit zu entwickeln.

Die Verfechter einer Politik des Issues Managements sind der Ansicht, dass Unternehmen oder Organisationen bei möglichen Konflikten mit anderen Gruppen der Gesellschaft nicht passiv deren Reaktionen abwarten sollen, sondern den Meinungsbildungsprozess von Anfang an aktiv mitgestalten müssen. Die Idee des Issue-Management zielt also auf eine bewusste Planung und Gestaltung von Themen, die die öffentliche Aufmerksamkeit und Kritik auf sich ziehen könnten. Sie bekennt sich zur sozialen und politischen Verantwortung von Unternehmen gegenüber der Gesellschaft. Die Vertreter des Issues Management akzeptieren das Recht und sogar die Pflicht von Politikern, Gewerkschaftsvertretern, den Kirchen oder Medien, zu Themen des öffentlichen Interesses Position zu beziehen. Sie wehren sich auch nicht dagegen, dass andere Gruppen der Gesellschaft an der Problemlösung mitwirken möchten. Aber sie wollen an diesem Meinungsbildungsprozess von Anfang an teilnehmen und nicht erst reagieren, wenn das "Kind schon in den Brunnen gefallen" ist.

Wer dieses Ziel erreichen will, kommt mit den üblichen Public-Relations nicht aus. Vielmehr muss Öffentlichkeitsarbeit schon weit im Vorfeld der Meinungsbildung beginnen, weil später Meinungen und Positionen der Gegner nur noch schwer zu verändern sind. Wird dies versäumt, kann ein Unternehmen oder eine Organisation nur noch reagieren, den Prozess der Meinungsbildung bei den Politikern, in den Medien und bei der Bevölkerung aber kaum noch aktiv mitgestalten. Ein typisches Beispiel dafür ist der Fall Brent Spar. Nachdem sich durch geschickte Agitation der Umweltschützer in der breiten Öffentlichkeit die Meinung gebildet hatte, dass der Ölkonzern Shell durch Versenkung der Ölplattform einen nur vom Profitdenken diktierten Umweltfrevel plane, war es dem Konzern nicht mehr möglich, mit seinen Argumenten Gehör zu finden. Selbst Falschmeldungen der Gegner konnten nicht mehr öffentlichkeitswirksam korrigiert werden.

Derartige Auseinandersetzungen können Unternehmen oder Verbänden großen Schaden zufügen und von einem bestimmten Punkt an jede rationale Auseinandersetzung mit deren Zielen und Handlungen unmöglich machen. Ihre Argumente werden dann im günstigsten Fall nur noch von Teilen der Öffentlichkeit wahrgenommen. Ein spätes Reagieren hat daher auch bei großem Mitteleinsatz nur noch sehr geringe Erfolgsaussichten.

Das Issues Management soll im Gegensatz dazu frühzeitig prüfen, ob die Ziele und Handlungen einer Organisation mit den jeweils vorherrschenden Werten der Gesellschaft übereinstimmen. Dadurch lassen sich potentielle Konflikte frühzeitig erkennen oder gegebenenfalls vermeiden. Allerdings muss von Unternehmen, die in unterschiedlichen Ländern und Kulturen tätig sind, dabei immer beachtet werden, dass ein Konzept, das beispielsweise in den USA mit Erfolg verwirklicht wurde, in Europa oder Asien zu konträren Ergebnissen führen kann. Das gilt vor allem für Länder, in denen die Bevölkerung stark religiös oder ideologisch geprägt ist. So könnten umweltrelevante Aktivitäten, die in England von der Bevölkerung ohne größere Reaktionen hingenommen werden, in Deutschland einen Sturm der Entrüstung auslösen (Beispiel: Brent Spar). Im Westen gesellschaftlich akzeptierte Verhaltensweisen können in islamischen Ländern auf scharfe Ablehnung stoßen.

Um derartige Konflikte zu vermeiden, müssen Themen und Trends in der jeweiligen Gesellschaft systematisch beobachtet und analysiert werden. In der Fachwelt wird dies als "environmental monitoring" bezeichnet. Aufgrund dieser Beobachtungen können die einzelnen Verfahrensschritte geplant werden, die zum Issue-Management gehören. Nachdem zunächst die Themen identifiziert wurden, die zu Konflikten mit Parteien, Verbänden und Bürgerinitiativen führen oder heftige Reaktionen bei den Medien auslösen könnten, müssen die zugrunde liegenden Probleme analysiert werden. Welche internen und externen Ursachen könnten zu Konflikten führen? Wo könnte für das Unternehmen oder die Organisation Legitimationsbedarf entstehen? Sollte ein Frühwarnsystem geschaffen werden, um rechtzeitig zu erkennen, wann und wie die Diskussion in der Bevölkerung oder bei einzelnen aktiven Gruppen beginnt? Auf der Basis solcher Überlegungen müssen eine Unternehmenstrategie entwickelt und Prioritäten für die Öffentlichkeitsarbeit gesetzt werden.

Dabei darf es nicht nur um geschickte Public Relations (PR) gehen. Die gesamte Unternehmensplanung und Unternehmenspolitik muss mit einbezogen werden. Erst dann kann sich das Unternehmen von sich aus an die Öffentlichkeit wenden. Issues-Management bedeutet also die bewusste Planung und Gestaltung von Themen und sucht von sich aus dann dafür die öffentliche Aufmerksamkeit. Anderen gesellschaftlichen Gruppen soll freiwillig die Möglichkeit gegeben werden, dazu Stellung zu nehmen und von vornherein an der Suche nach Lösungen mitzuwirken. Konflikte und Probleme sollen also nicht verschwiegen und auch nicht gegen, sondern zusammen mit den Vertretern anderer Interessen gelöst werden. Teil des Issues Management kann es daher auch sein, bereits zu einem frühen Zeitpunkt ein Mediationsverfahren einzuleiten, um die öffentliche Auseinandersetzung über bestimmte Projekte oder Unternehmensziele von vornherein in einem auf Konfliktlösung ausgerichteten Prozess einzubringen und in geordnete Bahnen zu lenken.



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