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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Reisemängel (Frankfurter Tabelle)

Ein Reisemangel liegt immer dann vor, wenn der Kunde am Urlaubsort nicht das vorfindet, was er üblicherweise aufgrund der Angaben im Katalog erwarten konnte. Eines ist aber erlaubt: Die Reise darf im Katalog "geschönt" dargestellt werden! Besteht jedoch der zugesicherte "Blick aufs Meer" lediglich aus einem im Hotelzimmer aufgehängten Brandungsfoto, ist die Reise mangelhaft. Es gelten fast immer Einzelfallabwägungen. Für eine Billigreise gelten dabei andere Maßstäbe als für ein 5-Sterne-Hotel. Was der Reisende an Schadenersatz verlangen kann, dafür ist die so genannte "Frankfurter Tabelle" eine Richtschnur.

Mängelanzeige und Abhilfeverlangen

Wenn der Reisende der Meinung ist, dass die Reiseleistung mangelhaft ist, muss er schon am Urlaubsort etwas tun. Denn häufig wird es möglich sein, den Reisemangel zu beheben (beispielsweise reicht für einen defekten Duschkopf ein entschlossener Griff des Installateurs). Jeder Reisemangel muss dem Reiseveranstalter vor Ort angezeigt werden und dieser muss zur Abhilfe innerhalb einer angemessenen Frist aufgefordert werden. Wendet sich der Reisende mit dem Abhilfeverlangen entweder schriftlich (mit Kopie) oder unter Zeugen an die örtliche Reiseleitung des Reiseveranstalters, kann er das später in Deutschland auch nachweisen. Ist keine Reiseleitung vor Ort vorhanden, , muss der Reiseveranstalter in Deutschland abgemahnt werden.

Erst nach der gesetzten angemessenen Frist darf der Kunde am Urlaubsort selbst Abhilfe schaffen (z.B. evtl. eine Ersatzunterkunft für die bisherige ungezieferverseuchte Unterkunft beziehen und die Kosten hierfür dem Reiseveranstalter in Rechnung stellen.) Kunden müssen ausnahmsweise dem Reiseveranstalter dann keine Frist setzen, wenn eine Abhilfe gar nicht möglich ist (z.B. kann an das einzige Hotel am Ort der zugesicherte Swimmingpool ja nicht auf die Schnelle angebaut werden), wenn der Reiseveranstalter bzw. die Reiseleitung vor Ort die Abhilfe von vornherein verweigert oder nach objektiver Betrachtung ein Zuwarten für den Reisenden nicht zumutbar ist. Das ist z.B. dann so, wenn er nachts am Urlaubsort ankommt und das Hotel überbucht ist. Hier können Reisende ohne Abmahnung und Fristsetzung sich ein anderes Hotel suchen.

Es kann natürlich immer sein, dass der örtliche Dienstanbieter dem Reiseveranstalter gegenüber den Mangel leugnet und dieser sich dann gegenüber Ihren Wünschen auf Reisepreisminderung taub stellt. Deshalb muss der Reisende selbst die Beweissicherung führen und dafür sorgen, dass die Mängel auch im Einzelnen nachgewiesen werden, durch Zeugen, Fotografien oder schriftlichen Bestätigungen der örtlichen Reiseleitung.

Kündigung und vorzeitige Rückreise

Ist der festgestellte Mangel so erheblich, dass der Urlaub insgesamt verdorben ist, muss der Reisende nicht bis zum Ende des Urlaubs warten. Der Reisevertrag kann sofort gekündigt werden und die Heimreise auf Kosten des Reiseveranstalters vorzeitig angetreten werden. Der Urlaub gilt dann als insgesamt verdorben, wenn die Reise oder deren Sinn durch die Mängel als ganzes erheblich beeinträchtigt anzusehen ist - also der Grad der Minderung mindestens 50 Prozent beträgt. Die Mängel müssen erheblich sein. Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, dem Heimreisenden die Fahrt mit dem gleichen Verkehrsmittel zu ermöglichen, das auch für die ursprünglich geplante Rückbeförderung vorgesehen war. Nach einer Kündigung hat der Reiseveranstalter keinen Anspruch mehr auf den Reisepreis. Er kann allerdings eine Entschädigung für solche Leistungen verlangen, die er bereits erbracht hat und die nicht infolge des Mangels für den Kunden wertlos geworden sind.

Haftung für Unfälle

Der Reiseveranstalter haftet natürlich nicht für alles, was während eines Urlaubes geschieht, immerhin aber für Schäden, die für ihn tätige Personen verursachen (ein Hotelpage beschädigt einen Koffer) bzw. für Schäden, die wegen mangelnder Sicherheitsvorkehrungen (beispielsweise an der Hotelanlage) entstanden sind. Ist z.B. die Brüstung eines Hotelbalkons zu niedrig und entspricht nicht den Sicherheitsvorschriften und fällt der Reisende deshalb vom Balkon, ist der Reiseveranstalter haftbar. Das gewöhnliches Unfallrisiko trägt der Reiseveranstalter aber nicht.

Minderung des Reisepreises

Sobald der Urlaub beendet ist und der Reisende unter einem Mangel leiden musste, diesen ordnungsgemäß angezeigt hat, kann er wegen dieses Mangels eine Minderung des Reisepreises verlangen. Die Minderung steht jeweils nur für den Zeitraum zu, in dem der Mangel vorhanden war. (Beispiel: Der Swimmingpool des Urlaubshotels hatte für drei Tage kein Wasser - bedeutet eine anteilige Reisepreisminderung für drei Tage.) Die Minderung wird normalerweise durch einen prozentualen Abschlag auf den Reisepreis berechnet. Je schwerer der Mangel wiegt, desto höher ist der Abschlag. Konkrete Minderungstabellen gibt es nicht. Allerdings hat das Landgericht Frankfurt/Main zumindest den Versuch unternommen, eine Orientierungshilfe, die so genannte zu entwickeln. Diese Tabelle kann zumindest einen ersten Anhaltspunkt dafür bieten, wie viel der Kunde im konkreten Fall verlangen kann. Ansonsten wird die Minderung jeweils konkret im Einzelfalls vom deutschen Amtsrichter festgelegt. Zuständig ist das Gericht am Geschäftssitz des Reiseveranstalters. Der Kunde kann also nicht am eigenen Wohnsitz klagen.

Schadenersatz

Kann der Kunde nachweisen, dass der Reiseveranstalter oder einer der örtlichen Dienstanbieter (Hotelier, Mietwagenfirma, etc.) den Mangel verschuldet hat, kann nicht nur eine Reisepreisminderung, sondern auch Ersatz des konkret entstandenen Schadens verlangt werden. Die Reiseveranstalter versuchen häufig, in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Haftung für solche Schäden auf das dreifache des Reisepreises zu beschränken. Solche Haftungsbeschränkungen sind aber teilweise nicht wirksam. War die Reise infolge eines groben Mangels für den Kunden völlig nutzlos, bzw. hatte sie für einen Teil der Urlaubszeit keinen Erholungseffekt, können wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit angemessene Entschädigungen in Geld verlangt werden. Mussten die Reisenden beispielsweise drei Tage in einem Zelt übernachten, bis für das überbuchte Hotel eine Ersatzunterkunft gefunden war, können sie für diese drei Tage Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit verlangen. Für diesen Schadenersatz gibt es keine eindeutige Bemessungsgrundlage. Als Bemessungsfaktoren kommen jedoch der Reisepreis und das von den Kunden verdiente Gehalt in Betracht.

Fristen

Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter müssen binnen eines Monats nach der vorgesehenen Beendigung der Reise gegenüber dem Reiseveranstalter angemeldet werden. Ist diese Frist verstrichen, sind alle Ansprüche dahin. Der Kunde schildert dem Veranstalter die Mängel in einem Schreiben, der verlangte Betrag muss allerdings in diesem Schreiben noch nicht eindeutig beziffert sein. Das Schreiben sollte der Kunde per Einschreiben/Rückschein an den Reiseveranstalter schicken. Dabei sollte dieses Schreiben von einer dritten Person verpackt werden. Diese Person sollte auch den Rückschein ausfüllen und das Schreiben dann bei der Post einliefern. Nur so kann der Kunde ausreichend nachweisen, dass er dem Reiseveranstalter tatsächlich ein solches Anspruchsschreiben geschickt hat. Wenn der Reiseveranstalter nicht zahlt, muss binnen 6 Monaten nach dem ordnungsgemäßen Ende der Reise entweder eine Klage oder einen Mahnbescheid beim zuständigen Gericht eingereicht werden. In diese Zeit wird der Zeitraum von der Anmeldung des Anspruchs bis zur schriftlichen Zurückweisung durch den Reiseveranstalter nicht eingerechnet. Das macht die Sache häufig komplizierter, denn die nicht einzurechnende Frist ist manchmal nicht auf den Tag genau bestimmbar.



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