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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Assessment-Center

Ein Assessment-Center ist ein psychologisches Testverfahren zur Prüfung von Bewerbern auf ihre Eignung für den vorgesehenen Aufgabenbereich. Diese Eignungstests werden vorwiegend bei der Einstellung von Führungskräften angewandt. Eine wachsende Zahl von Unternehmen prüft aber auch andere Kandidaten auf ihre fachlichen und menschlichen Qualitäten mit Hilfe der in den Assessment-Centern angewandten Techniken. Dabei geht es vor allem um das Verhalten in schwierigen Situationen und um Teamfähigkeit.

Mit dem Assessment-Center (auch Einschätzungs- und Überprüfungszentrum genannt) werden Bewerber auf komplexe Weise getestet. Dabei werden die Kandidaten vor allem auch mit Problemsituationen konfrontiert, die in ihrem künftigen Aufgabengebiet unter Umständen bewältigt werden müssen. Fachleute sind der Ansicht, dass sich aufgrund dieser Methode im Vergleich zu allen anderen Systemen der Personalbeurteilung (Intelligenz-, Leistungs-, und Persönlichkeitstest, Interviews, situatives Verfahren) die sichersten Prognosen über die Eignung von Bewerbern für die jeweilige Aufgabe stellen lassen. Weil es sich um ein aufwendiges Verfahren handelt, wenden es viele Unternehmen, die diese Methode für brauchbar halten, vor allem bei der Auswahl von Führungskräften an.

Um persönliche Vorurteile und subjektive Einschätzungen zu vermeiden, werden die Tests im Assessment-Center (AC) nicht in Einzelgesprächen sondern in Gruppen durchgeführt. Meist sitzen vier bis sechs Beobachtern ebenso viele Kandidaten gegenüber. Objektivität soll dadurch gewährleistet werden, dass immer mehrere Bewerter an der Beurteilung einer Person beteiligt sind. Wenn es sich dabei um interne Bewerber handelt, soll bei einem AC kein direkter Vorgesetzter des jeweiligen Mitarbeiters anwesend sein. Auch Vertreter aus dem Personalbereich dürfen unter den Beobachtern keine Mehrheit bilden. Empfohlen für das AC-Verfahren werden vor allem Beobachter aus dem Mittelmanagement und der so genannten "Linie", also Fachleute ohne Vorgesetztenfunktion.

Da Bewerber zunächst unter Streß stehen oder sich ebenso wie einige der Beobachter angesichts der besonderen Situation nicht wohl fühlen, ist es notwendig, dieses Unbehagen an der Auswahlsituation abzubauen. Dies soll der Gefahr vorbeugen, dass sie nicht normal reagieren. Zur Erzeugung eines angenehmen Klimas ist es notwendig, Ziele und Aufgabenstellungen allen Beteiligten ebenso zu erläutern wie den Zweck, der mit der ganzen Prozedur verfolgt wird. Andernfalls besteht die Gefahr, dass das Verfahren von den Bewerbern nicht wirklich akzeptiert wird. Deshalb müssen auch die Beurteilungsmaßstäbe und die Anforderungen der Prüfer und Beobachter aufeinander abgestimmt werden. Dazu ist eine entsprechende Schulung erforderlich.

Zu den Anforderungsmerkmalen bei den Tests gehören systematisches Denken und Handeln sowie die Fähigkeit zur Steuerung sozialer Prozesse. Hierbei ist vor allem Selbstkontrolle in Streßsituationen und die Fähigkeit zur Kooperation mit Kollegen und Mitarbeitern gefragt. Auch die Sensibilität, mit der ein Kandidat an Menschen und Situationen herangeht, ist eine wichtige Kategorie. Aktivität und Ausdrucksfähigkeit der Bewerber spielen ebenso eine Rolle wie die Fähigkeit zu abstraktem, kombinatorischem und analytischem Denken. Zur Kategorie systematisches Denken und Handeln gehört auch die persönliche Arbeitsorganisation. Eine beliebte Übung in diesem Zusammenhang ist das Sortieren des Posteingangs unter Zeitdruck nach Prioritäten. Der so genannte "Drive" einer Person soll mit der Aktivitätskategorie ermittelt werden. Wichtig ist auch ein Urteil darüber, ob sie überhaupt genügend Selbstvertrauen besitzt, um Mitarbeiter zu führen. Gewichtet wird auch der eigene Arbeitsantrieb, die Selbständigkeit und das Durchsetzungsvermögen des Bewerbers.

Aufgenommen in das Beobachtungsprotokoll wird nur, was von den Teilnehmern tatsächlich gesehen wurde. Die Beobachtung erfolgt also allein auf der Verhaltensebene. Rückschlüsse auf nicht beobachtbare Merkmale sind nicht zulässig. Die Beobachter müssen vor allem lernen, Beobachtung und Beurteilung voneinander zu trennen. Die Beobachtung darf auch nicht dadurch verzerrt werden, dass voreilige Bewertungen abgegeben werden. Der Prozess der Urteilsbildung soll nicht durch zu frühe Bewertungen gestört werden.

Die Auswahl der Bewerber über ein Assessment-Center dauert meist zwei oder drei Tage. Innerhalb dieser Zeit müssen sie sich in Gruppendiskussionen, Konstruktionsübungen, Rollenspielen, bei Fallbeurteilungen und Präsentationen darstellen. Meist beginnt das AC mit Gruppendiskussionen, da dabei die Befangenheit am leichtesten abgebaut werden kann. Es kann sich um geführte oder um unmoderierte Diskussionen sowie um Gespräche mit Rollenspielen handeln. Mündliche Ausdrucksfähigkeit spielt bei der Beurteilung ebenso eine Rolle wie Mannschaftsgeist, Überzeugungsfähigkeit, Motivationsfähigkeit oder Verhandlungsgeschick. Da Rollenspiele als besonders geeignet gelten, um die Verhaltensweisen von Menschen in bestimmten Situationen zu beobachten, spielen sie bei AC eine wichtige Rolle. So kann es sein, dass die tatsächliche Situation in ihr Gegenteil verkehrt wird, indem der Bewerber sich in die Rolle des Personalchefs begeben und ein Einstellungsgespräch mit einem der Bewerter führen muss.

Fallstudien sollen zu Erkenntnissen über die Fähigkeiten der Bewerber zu systematischem Denken und Handeln der Bewerber führen und Eindrücke darüber vermitteln, wie es um ihr Durchsetzungsvermögen, die Fähigkeit zur Verarbeitung von neuen Informationen und die Selbständigkeit bestellt ist. Da für das abschließende Gutachten immer ein Profil der Stärken und Schwächen der Bewerber erstellt wird, erfüllt das AC-Verfahren auch dann eine wichtige Funktion, wenn der Kandidat schließlich nicht für den gewünschten Arbeitsplatz ausgewählt wird. Denn es gehört zu den Regeln der meisten Assessment-Center, dass jeder Bewerber erfährt, wie andere seine Stärken und Schwächen sehen. Er kann eine Empfehlung erhalten, was er zur Überwindung dieser Defizite tun kann. Das ist für die zukünftige berufliche Entwicklung auch dann hilfreich, wenn die Bewerbung im konkreten Fall keinen Erfolg hatte. In den meisten Unternehmen hat ein Mitarbeiter sonst nur selten oder nie die Gelegenheit, einen solchen persönlichen Verhaltensspiegel zu erhalten. Zudem ist jedes AC ein gutes Training für spätere Bewerbungen.

Das Ende des AC-Verfahrens bildet die gegenseitige Bewertung aller Teilnehmer. Dabei wird auf zweierlei Weise verfahren: Einmal beurteilen die Teilnehmer beim so genannten peer-rating die Qualität der Einzelleistung. Beim peer-ranking dagegen wird der Beitrag zu den gemeinschaftlichen Leistungen bewertet. Was haben die jeweilige Teilnehmer getan, um zum Gesamterfolg beizutragen? Neben den individuellen Leistungen als Einzelkämpfer wird also auch die Teamfähigkeit beurteilt.

Das Assessment Center (AC) ist ein eignungsdiagnostisches Verfahren zur Beurteilung der Fähigkeiten eines Bewerbers, indem mehrere geschulte Beobachter ("Assessoren") das Verhalten der Teilnehmer z.B. in typischen Situationen aus dem betrieblichen Alltag nach festgelegten Kriterien bewerten.

Jedes AC muss speziell für die betriebliche Situation entwickelt werden, das Auswahl-AC für die Anforderungen der zu besetzenden Stelle, das Entwicklungs-AC im Hinblick auf die Verbesserung des Potenzials für die aktuelle sowie ggf. andere Verwendungen, z.B. in Führungspositionen.



Das AC soll Eignung und Befähigung zuverlässiger erkennen lassen als andere Instrumente, insbesondere als der Rückgriff auf Beurteilungen in bisheriger Tätigkeit



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