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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Erlebnis-Marketing

Angesichts gesättigter Märkte und sich ändernder Konsum- und Verhaltensweisen der Verbraucher ergeben sich zahlreiche neue Herausforderungen für Hersteller, Dienstleistungsanbieter und den Handel. Eine zentrale Aufgabe besteht dabei in der Abgrenzung und Profilierung gegenüber dem Wettbewerb. Mit Blick auf den Wertewandel, steigende Einkommen, ein zunehmendes Bildungsniveau sowie eine in zahlreichen Branchen weitgehende Homogenität des physischen Produktangebotes wird vielfach in der Erlebnisorientierung eine geeignete Möglichkeit zur Abhebung von den relevanten Wettbewerbern gesehen. Dabei soll durch die Gestaltung emotionaler Erlebniswerte, die in ihrer Summe ganze Erlebniswelten ergeben können, die wahrgenommene Lebensqualität des Konsumenten gesteigert werden. Damit Erlebnis-Marketing, d. h. ein Marketing mit Erlebnissen, mehr als nur ein Schlagwort bleibt, ist ein systematisches, integriertes Marketing für Erlebnisse notwendig. Ausgangspunkt eines Erlebnis-Marketing bildet die Untersuchung, inwieweit sich ein Produkt bzw. eine Dienstleistung zur Vermittlung von nicht trivialen Erlebnissen eignet. So ist davon auszugehen, dass wertmäßig geringe Waren des täglichen Bedarfs geringere Potentiale für Erlebniskonzepte besitzen als hochwertige Güter mit langer Verwendungsdauer, bei denen die Verbraucher in der Vorkauf-, Kauf- und Nachkaufphase ein hohes Involvement besitzen. Allerdings läßt sich in der Vergangenheit ein Trend zur Ausweitung von Erlebniskonzepten hin zu Produkten mit einem mittleren Involvement erkennen. Die theoretische Fundierung eines Erlebnis-Marketing läßt sich aus der Kaufverhaltensforschung ableiten. Neben kognitiven Prozessen, z. B. beim Lernen, kommt affektiven, also emotionalen Komponenten eine zunehmende Rolle beim Kaufund Konsumverhalten zu. In diesem Zusammenhang wird auch von emotionaler Aufladung von Produkten oder Dienstleistungen gesprochen. Ein maßgeblicher Anteil menschlicher Emotionen und Einstellungen ist bereits jedoch im relativ festgefügten Wertesystem eines Menschen voreingestellt. Akzeptiert man diese Erkenntnis der Marketingforschung, so ergibt sich die Schlußfolgerung, dass sich ein erfolgversprechendes Marketing unter Berücksichtigung situativer Faktoren an den langfristigen Werten der Kunden zu orientieren hat. Aufgrund der Vielzahl empirisch belegter Wertetypen ist Erlebnis-Marketing folgerichtig ein klares Zielgruppenmarketing. Die vielfach nicht explizit geäußerte Grundthese bei der Anwendung eines Erlebnis-Marketing ist, dass je größer die vom Kunden wahrgenommene Übereinstimmung zwischen den durch das Marketing vermittelten und den eigenen, gelebten Werten ist, desto größer ist auch die Präferenz für das angebotene Produkt bzw. die in Frage kommende Dienstleistung (vgl. Werte-Fit-Modell). Hierfür ist auf Unternehmensseite die Wertorientierung der Kunden richtig zu erkennen bzw. zu antizipieren und in ein geeignetes integriertes Erlebniskonzept umzusetzen. Weitere kritische Stufen sind neben der Einschätzung situativer Faktoren und denkbaren Steuerungsdefiziten die selektive Wahrnehmung der Kunden. Das Werte-Fit-Modell beruht demnach auf einer engen Verbindung des Erlebnis-Marketing mit Lebensstilkonzepten und der Werteforschung. Aufbauend auf einer konzisen Zielgruppendefinition und der Beschreibung der anzusprechenden Werte ist eine konsistente, mehrdimensionale Definition der durch das Produkt bzw. durch die Dienstleistung zu transportierenden Erlebnisse zu planen. Dabei sind die Dimensionen Zeit, Inhalt, Raum und Segmentbezug hinreichend genau zu konkretisieren. In dieser Planungsphase ist bereits der Handel einzubinden, damit Erlebniskonzepte nicht aufgrund mangelnden Umsetzungswillens am PoS scheitern. Ein geeignetes Instrumentarium hierfür bietet das vertikale Marketing. Für die anschließende Realisierung eines Erlebniskonzeptes bietet sich für Hersteller in erster Linie die erlebnisorientierte Gestaltung der folgenden Marketing-Mix-Instrumente an: • die Produktgestaltung inklusive von Nebenleistungen, • die Kommunikation (insbesondere auch Sponsoring) sowie • die Distribution. Zu den Instrumenten des Handels bei der Verwirklichung eigener Erlebniskonzepte zählen insbesondere: • die Ladengestaltung, • die Warenpräsentation, • das Verkaufsgespräch, • die Werbemaßnahmen und • der Standort. In der neueren Diskussion zur Erlebnisorientierung im Handel finden verstärkt auch Shop-in-the-shop-Systeme Berücksichtigung. Hierbei werden bestimmte Abteilungen oder Produktangebote aus dem sonstigen Sortiment ladengestalterisch herausgehoben, so dass für den Kunden der Eindruck eines abwechslungsreichen Einkaufserlebnisses entsteht. Aufgrund branchenspezifischer Unterschiede variieren der Einsatz und die Bedeutung einzelner Instrumente auf Herstellerund Handelsseite zwangsläufig. Aus diesem Grunde und zur Sicherstellung einer hohen Übereinstimmung entsprechend dem Werte-Fit-Modell empfiehlt sich zur Potentialanalyse die Durchführung stufenweiser Testverfahren bis hin zum Testmarkt. Parallel hierzu können noch Verfeinerungen am geplanten Erlebniskonzept vorgenommen sowie Hinweise für eine erfolgreiche Implementierung und Pflege der Konzeptbausteine abgeleitet werden. Erlebnis-Marketing ist zweifelsohne auch ein dynamisches Marketing. Andernfalls können sich sehr leicht Abnutzungserscheinungen vergleichbar zu den Wear-out-Effekten in der Werbung einstellen. Hervorzuheben ist allerdings, dass trotz der notwendigen Variationen ein klar umrissener Erlebniskern erhalten bleibt. Hierdurch wird erst eine langfristige Wirkung erzielbar. Bei der Inszenierung von Erlebnissen kommt der Organisation und Koordination eine besondere Rolle zu. In der Funktion eines Erlebnismanagers ist hier vielfach der Produktmanager gefordert, auf ein integriertes Konzept in Abstimmung mit den beteiligten Abteilungen hinzuwirken, um widersprüchliche Erlebniswahrnehmungen der Konsumenten zu verhindern. Dieses Vorgehen erleichtert zusätzlich die Kontrolle des beabsichtigten Erfolges. Geeignete Instrumente für diesen Zweck sind beispielsweise Imageanalysen, die die Wahrnehmung von produktbezogenen Erlebniswerten reflektieren. Zusammenfassend läßt sich bei der Beurteilung des Erlebnis-Marketing feststellen, dass dieses Konzept im heutigen kompetiti-ven Umfeld durchaus seine Berechtigung hat. Vor dem Hintergrund des dargestellten Planungs- und Umsetzungsprozesses ist auch in Zukunft mit einer weiter zunehmenden Bedeutung zu rechnen. Allerdings ist eine systematische produkt- und branchenspezifische Situationsanalyse notwendig, damit Erlebnis-Marketing einen konkreten und dauerhaften Zielbeitrag leisten kann.



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