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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Nutzen

Jeder Beitrag zur Bedürfnisbefriedigung bzw. zur Erreichung von Zielen (einer Person, eines Betriebes, einer Volkswirtschaft usw.). Der Nutzen lässt sich teils gut messen, wenn er mit Marktpreisen bewertbar ist, in der öffentlichen Verwaltung aber oft nur schwer, weil der Beitrag zum Gemeinwohl keinen Marktpreis hat. erklärt im Rahmen der ökonomischen Theorie die Motivation für das wirtschaftliche Handeln der Individuen: Ein Individuum verhält sich immer so, dass es unter Berücksichtigung extern vorgegebener Rahmenbedingungen ein möglichst hohes Mass an Nutzen im Sinne von Freude oder Befriedigung realisiert. Dieser positive Nutzen entsteht ihm aus dem Konsum von Gütern, während es negativen Nutzen oder Leid beispielsweise bei der Leistung von Arbeit (Arbeitsleid) oder beim Konsum von Ungütem bzw. Übeln wie Schmutz, Lärm oder Gestank empfindet. Neben dem individuellen Nutzen spielt in der Ökonomie der Begriff des gesellschaftlichen oder sozialen Nutzens eine Rolle, der das Empfinden einer ganzen Gesellschaft widerspiegelt und häufig auch als gesellschaftliche Wohlfahrt bezeichnet wird. Die Aggregation der individuellen Nutzen zu einem gesellschaftlichen Nutzen gehört zu den umstrittenen, weil nicht ohne normative Werturteile lösbaren Problemen der Nationalökonomie. Das Ausmass des Nutzens, den ein bestimmtes Gut einem Konsumenten stiftet, hängt offensichtlich von zwei grundsätzlich verschiedenartigen Faktoren ab: zum einen von dem subjektiven Geschmack des jeweiligen Konsumenten (seinen Präferenzen) und zum andern von den objektiven Eigenschaften des betrachteten Gutes. Insbes. das subjektiv-psychologische Element macht den Umgang mit dem Nutzen-begriff oft schwierig und verwirrend. Dieses Element ist dafür verantwortlich, dass der Konsum ein und desselben Gutes zwei verschiedenen Individuen ein ganz unterschiedliches Mass an Nutzen stiften kann, so dass ihre Wertschätzung für dieses Gut auch entsprechend unterschiedlich ist. Trotz dieser subjektiven Komponente des Nutzenkonzepts waren viele klassische und neoklassische Ökonomen wie Jeremy BENTHAM, Stanley JEVONS, Carl MENGER, Hermann H. GOSSEN und Leon WALRAS von der objektiv-kardinalen MeBbarkeit des Nutzens überzeugt. Diese Kardinalitätshypothese ist die Basis der sog. kardinalen - Nutzentheorie. Diese Theorie unterstellt für jeden Konsumenten die Existenz einer (bis auf eine lineare Transformation bestimmten) mathematischen Funktion, der kardinalen Nutzenfunktion, die für jedes Güterbündel den von dem Konsumenten beim Konsum dieses Güterbündels empfundenen Nutzen in Form eines Skalars angibt. Die kardinale Nutzentheorie bildet die Basis für interpersonelle Nutzenvergleiche. Diese spielen z.B. im Rahmen von Kosten-Nutzen-Analysen eine Rolle, wenn der einem Individuum infolge einer staatlichen Maßnahme entstehende Nutzenverlust gegen den Nutzengewinn eines anderen Individuums abgewogen wird, um zu einer gesamtgesellschaftlichen Beurteilung der betreffenden Maßnahme zu kommen. Einer der prominentesten Befürworter interpersoneller Nutzenvergleiche war der Begründer des philosophischen Utilitarismus, Jeremy BENTHAM (1748-1832), der den gesellschaftlichen Nutzen als Summe der individuellen Nutzen und einen gesellschaftlich optimalen Zustand als Maximum dieser Summe definierte. Während sich die Vertreter einer kardinalen Interpretation des Nutzens auch die Erfassung der Intensität von Nutzenänderungen zutrauten, zielt die sog. ordinale Nutzentheorie nur auf die Aufstellung einer Rangfolge verschiedener Konsumsituationen unter dem Nutzenaspekt ab. Als wichtiges theoretisches Instrument der ordinalen Nutzentheorie erwies sich die ordinale Nutzenfunktion, die anders als die kardinale Nutzenfunktion nur bis auf eine stetige, streng monoton zunehmende Transformation bestimmt ist. Die erste explizite und ausführliche Ausarbeitung der Theorie des seinen Nutzen maximierenden Individuums geht auf BENTHAM zurück. Dabei beschäftigt sich BENTHAM im wesentlichen mit dem beim Konsum eines Gutes empfundenen Gesamtnutzen, d.h. dem Nutzen, den das Individuum beim Konsum einer bestimmten Menge eines Gutes oder mehrerer Güter empfindet. Konkrete Handlungsanweisungen fur das Marktverhalten eines nutzenmaximierenden Konsumenten wurden aus der Nutzenmaximierungshypothese jedoch erst im Rahmen der Neoklassischen Theorie u.a. von Carl MEN-GER (1840-1921), William St. JEVONS (1835-1922) und Leon WALRAS (1837-1910) abgeleitet. Als wesentliches Instrument erwies sich hierbei das Konzept des Grenznutzens, das der von MENGER, JEVONS und WALRAS geprägten Denkrichtung auch den Namen Grenznutzen-schule eintrug (Marginalanalyse). Unter dem von einem Gut gestifteten Grenznutzen versteht man den Nutzen, den die letzte konsumierte Einheit dieses Gutes erzeugt (von fünf ausgetrunkenen Gläsern Bier also das fünfte). Wird der Nutzen eines Konsumenten durch seine Nutzenfunktion repräsentiert, so ist der Grenznutzen eines Gutes in einer bestimmten Konsumsituation gleich der partiellen Ableitung der Nutzenfunktion nach der betreffenden Gütermengenvariablen in dieser Situation. Die Grenznutzenschule ging davon aus, dass der von einem Gut erzeugte Grenznutzen mit steigender Konsummenge dieses Gutes abnimmt. Diese Hypothese ist auch als Gesetz des abnehmenden Grenznutzens oder als Erstes GOSSENsches Gesetz in die Literatur eingegangen (GOSSENsche Gesetze). Ein weiterer Aspekt des Nutzenkonzepts eröffnet sich, wenn man die bisher stillschweigend vorausgesetzte Annahme vollkommener Voraussicht aufgibt. Es gibt Situationen, in denen der Konsument zum Zeitpunkt der Planung seiner Budgetaufteilung und damit seines Konsums keine Gewißheit über die Konsequenzen seiner Konsumentscheidung hat. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Kauf von Lotterielosen bzw. die Teilnahme an Glücksspielen, bei denen er nur die statistische Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines bestimmten Ereignisses kennt (z.B. »Rouge« beim Roulette), ohne jedoch darüber Gewißheit zu haben. Bei anderen Entscheidungen wie dem Kauf eines Aktienpakets kann er sich nicht auf objektive statistische Wahrscheinlichkeiten wie beim Roulette stützen, sondern ist auf seine persönlichen subjektiven Erwartungen angewiesen. Entscheidungen, bei denen das Individuum immerhin Eintrittswahrscheinlichkeiten für die einzelnen Ereignisse objektiv oder subjektiv festlegen kann, bezeichnet man als Entscheidungen unter Risiko. In diesen Fällen maximiert das Individuum den Erwartungswert seines Nutzens, den sog. Erwartungsnutzen. Entscheidungssituationen, bei denen das Individuum noch nicht einmal in der Lage ist, Eintrittswahrscheinlichkeiten für die verschiedenen Ereignisse zu benennen, werden nach einer Unterscheidung von Frank KNIGHT (1933) häufig als Entscheidungen unter Ungewißheit bezeichnet. Die erste systematische wissenschaftliche Untersuchung riskanter Entscheidungen stammt von Daniel BERNOULLI (1700-1782). Die moderne Theorie der Entscheidungen unter Risiko geht auf John von NEUMANN und Oskar MORGENSTERN (1944) zurück, in der gezeigt wird, dass der Erwartungsnutzen bei Erfüllung bestimmter grundlegender Axiome durch die Summe der mit den Eintrittswahrscheinlichkeiten gewichteten Nutzen der Einzelereignisse beschrieben werden kann. Diese Darstellung des Erwartungsnutzens wird als VON NEUMANN-MORGENSTERNNutzenfunktion bezeichnet (Entscheidungstheorie). Literatur: Woll, A. (2000). Jehle, G.A. (1991). Niehans, J. (1990).



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