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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Retention Marketing

Stagnierende Märkte und ein wachsender Verdrängungswettbewerb erschweren zunehmend die Akquisition neuer Kunden. Während sich diese in expandierenden Märkten zum großen Teil aus dem Potential bisheriger Nichtkäufer rekrutieren, müssen sie in späteren Marktlebenszyklusphasen von Wettbewerbern abgeworben werden. Hierdurch entstehen nicht nur erhebliche Kosten, sondern es werden Konkurrenzreaktionen herausgefordert, die den Wettbewerb weiter intensivieren. Vor diesem Hintergrund werden in jüngerer Zeit unter dem Stichwort „Retention Marketing“ verstärkt Ansatzpunkte zur Intensivierung bereits bestehender Kundenbeziehungen diskutiert. Hinter diesem Begriff verbirgt sich dabei ein Ansatz des strategischen Kundenbindungsmarketing, bei dem unter Rentabilitätsgesichtspunkten wichtige Kundengruppen identifiziert werden, um diese durch spezifische Marktbearbeitungsmaßnahmen langfristig an das Unternehmen zu binden. In Wissenschaft und Praxis besteht weitgehend Einigkeit über den herausragenden Stellenwert der Kundenbindung. In den Unternehmen finden sich dennoch kaum Konzepte zur Umsetzung einer systematischen Kundenanalyse und Kundenpflege So werden Marketingziele in aller Regel nicht im Hinblick auf bestehende und potentielle Kunden differenziert und entsprechend selten Strategien und Maßnahmen entwickelt, die eine unterschiedliche Bearbeitung beider Kundengruppen ermöglichen. Eine Ursache hierfür ist in den z. T. lückenhaften Informationsgrundlagen zu sehen. Während bspw. Informationen über die notwendigen Marketingkosten zur Akquisition von Neukünden regelmäßig von der Marktforschung zur Verfügung gestellt werden, sind vergleichbare Angaben bezüglich der Kosten, die durch den Verlust von Kunden entstehen, wesentlich seltener anzutreffen. Grundlegende Aufgabe eines strategischen Kundenbindungsmarketing ist daher zunächst die Schaffung einer Informationsbasis, die eine Analyse und Bewertung des bestehenden Kundenstamms ermöglicht. Auf der Grundlage dieser Daten sind die Kunden hinsichtlich ihrer Umsatz- und Rentabilitätsbedeutung zu klassifizieren und innerhalb der profitablen Kundengruppen anhand von Kaufverhaltensdaten homogene Kundensegmente zu bilden. Schließlich sind konkrete Maßnahmen abzuleiten, um die Loyalität der Kunden durch eine intensive Pflege der Beziehungen zu fördern. Ein zentraler Erfolgsfaktor des „Retention Marketing“ ist somit eine differenzierte Analyse des Kundenstamms. Hierzu sind möglichst umfangreiche Informationen über die Kunden zu erheben und in einer Datenbank zu erfassen. Die Datenbasis sollte alle notwendigen Informationen enthalten, die für eine strategische Segmentierung erforderlich sind. Hierzu zählen z. B. die Kaufhistorie im Hinblick auf Zeitpunkt, Art und Menge der gekauften Produkte sowie sozio-demographische Daten. Idealerweise gibt eine derartige Datenbank darüber hinaus Auskunft über verhaltensbezogene und psychographische Aspekte des Kaufverhaltens, wie z. B. Einstellungen, Interessen und Lebensstile. Zur Beschaffung der Kundeninformation steht eine Vielzahl von Möglichkeiten zur Verfügung. Bei erklärungs- und beratungsbedürftigen Produkten kann der direkte Kundenkontakt genutzt werden, um entsprechende Informationen zu gewinnen. Auch Garantie- und Nachkaufserviceleistungen bieten Ansatzpunkte zum Aufbau einer Datenbank. In den letzten Jahren findet zudem die Kundenkarte eine stärkere Verbreitung. Sie ist als Instrument des „Retention Marketing“ besonders geeignet, da sie nicht nur eine kontinuierliche Beobachtung des individuellen Kaufverhaltens ermöglicht, sondern gleichermaßen die Kun-denbindung fördert. Der wohl umfassendste Ansatz zur systematischen Erfassung von Kundeninformationen und der langfristigen Pflege von Kundenbeziehungen manifestiert sich in unternehmenseigenen Kundenclubs. Als Pioniere sind hierbei die Buchclubs zu nennen. Andere Unternehmen wie z. B. Ikea und Metro zeigen jedoch, dass derartige Konzepte nicht an bestimmte Branchen gebunden sind. Liegen die Kundendaten in entsprechend kodierter Form vor, sind die Kunden zunächst hinsichtlich ihrer Bedeutung für das Unternehmen zu segmentieren. Im Vordergrund stehen dabei die Kriterien Kaufvolumen und Kundenrentabilität. Allerdings ist bei der Rentabilitätsanalyse neben dem aktuellen auch das zukünftig erwartete Kaufvolumen eines Kundensegments zu berücksichtigen, um nicht von vornherein Kundengruppen auszuschließen, die sich gegenwärtig in einer wenig rentablen Aufbauphase befinden. Von besonderer Bedeutung ist das Kundensegment, das sich sowohl durch ein großes Kaufvolumen als auch durch eine hohe Kundenrentabilität auszeichnet. Die Bindung dieser Kunden an das Unternehmen stellt langfristig ein zentrales Erfolgspotential dar. Gleichzeitig ist davon auszugehen, dass gerade diese Kundenbeziehungen am stärksten gefährdet sind, da die Kunden dieses Segments für Wettbewerber eine äußerst attraktive Zielgruppe darstellen. Entsprechend sind große Anstrengungen zur Akquisition dieser Kundengruppe seitens der Wettbewerber zu erwarten, so dass der Pflege dieser Kundenbeziehungen eine hohe Priorität zuzuordnen ist. Ebenfalls von großem Interesse sind Kunden, die entweder hinsichtlich ihres Kaufvolumens oder ihrer Rentabilität besonders positiv eingeschätzt werden und bezüglich des jeweils anderen Kriteriums zumindest eine mittlere Position einnehmen. In diesen Fällen sind entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, das Kaufvolumen durch eine Intensivierung der Beziehungen zu steigern bzw. die Rentabilität durch kostensenkende Maßnahmen zu erhöhen. Für die gebildeten Kundengruppen sind in einem nächsten Schritt konkrete Marketingmaßnahmen abzuleiten, um die Bedürfnisse jedes Segments gezielt und individuell anzusprechen. So bietet es sich bspw. an, Liebhaber einer bestimmten Musikrichtung auf Neuerscheinungen in der von ihnen präfe-rierten Stilrichtung aufmerksam zu machen. Käufern von Sportgeräten können besondere Reiseveranstaltungen mit entsprechenden Sportaktivitäten angeboten werden. Bankkunden erhalten individuell ausgearbeitete Finanzierungsangebote. Liegen Erfahrungen über die Kaufzeitpunkte und die Kauffrequenz vor, können die Angebote zudem zeitgerecht unterbreitet werden. Die Reaktionen der Kunden auf die Marketingmaßnahmen stellen ihrerseits wiederum Informationen dar, die in die Datenbasis aufzunehmen sind. Sie dienen als Grundlage für eine verfeinerte Segmentierung und ermöglichen eine schrittweise Anpassung und Verbesserung der daraus abgeleiteten Maßnahmen. Unternehmen erlangen auf diese Weise ein differenziertes Bild über Bedürfnisse und Verhalten ihrer verschiedenen Abnehmer. Werden diese Erkenntnisse darüber hinaus in adäquate Marketingmaßnahmen umgesetzt, sind hierdurch langfristig stabile Kundenbeziehungen aufzubauen.



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