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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Bundeskartellamt

Das Bundeskartellamt ist in Deutschland einer der Träger der Wettbewerbspolitik und die Institution, die durch den Schutz des Wettbewerbs die freie Marktwirtschaft fördert. Grundlage seiner Tätigkeit ist das seit 1958 gültige "Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen" (GWB). Das GWB dient dem Schutz des freien und fairen Wettbewerbs zwischen den Marktteilnehmern einer Wirtschaftsbranche. Entscheidungen des Amtes werden in einem prozessähnlichen Verfahren von zehn Beschlussabteilungen getroffen, deren Zuständigkeit nach Wirtschaftszweigen abgegrenzt ist. Zur Durchsetzung des Zieles wettbewerblicher Marktstrukturen verfügt das Bundeskartellamt über verschiedene "weiche" und "harte" Sanktionsmaßnahmen, deren Einsatz festgelegten "Auf"- und "Eingreifkriterien" unterliegt.

Neben dem Bundeskartellamt in Bonn nehmen 16 Landeskartellbehörden die Aufgaben der Wettbewerbsaufsicht wahr. Die Landeskartellbehörden gehören den Wirtschaftsministerien der Länder an, ebenso wie das Bundeskartellamt zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie gehört. Die Kartellbehörden sind für Wettbewerbsbeschränkungen zuständig, die sich auf den Wettbewerb innerhalb Deutschlands auswirken. Reicht die wettbewerbsbeschränkende Wirkung nicht über ein Bundesland hinaus, sind die Länderbehörden verantwortlich. Nur Fusionen werden ausschließlich vom Bundeskartellamt geprüft. Wettbewerb wird neben zahllosen weiteren Definitionen auch als "das Rivalisieren um Geschäftsabschlüsse" bezeichnet. Ziel der Wettbewerbspolitik und damit auch des Bundeskartellamtes ist es, dafür zu sorgen, dass diese Rivalität mit fairen Mitteln ausgefochten wird.

Doch das ist nicht immer der Fall: "Geschäftsleute des gleichen Gewerbes kommen selten, selbst zu Festen und zur Zerstreuung, zusammen, ohne dass das Gespräch in einer Verschwörung gegen die Öffentlichkeit endet oder irgendein Plan ausgeheckt wird, wie man die Preise erhöhen kann." Das stellte der schottische Nationalökonom Adam Smith (1723-1790) schon 1776 fest, und der Funken Wahrheit der hinter dieser Weisheit steckt, macht Institutionen wie das Kartellamt nötig.

Doch das Bundeskartellamt steht mit seinen Länderbehörden nicht alleine da. Weitere Träger der Wettbewerbspolitik und Wettbewerbsaufsicht sind sämtliche ordentliche Gerichte, die Monopolkommission der Bundesregierung und - ganz wichtig - die Institutionen der Europäischen Gemeinschaft. Neben dem GWB, dem Kartellgesetz, das zum Beispiel mit der Kontrolle von geplanten Fusionen den Wettbewerb insgesamt schützt, finden die Richtlinien des "Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb" (UWG) Anwendungen beim Individualschutz. Damit ist der Schutz nicht des Marktes als Ganzem gemeint, sondern das Eingreifen bei Verstößen gegen die "guten Sitten", die einen einzelnen oder einige Marktteilnehmer benachteiligen würden. Während das GWB zuerst von den Kartellbehörden, im Widerspruchsfall von Oberlandesgerichten und letztinstanzlich vom Bundesgerichtshof ausgelegt wird, entscheidet der normale Gerichtsinstanzenzug auf Grundlage des UWG. Seit Bestehen der Europäischen Union wird nationales Wettbewerbsrecht allerdings von EG-Recht geschlagen. Deutsche Unternehmen sind gegenüber Entscheidungen der EG-Kommission und des Europäischen Gerichtshofs unmittelbar weisungsgebunden und müssen sich auferlegten Sanktionen fügen.

Die Wettbewerbspolitik der Bundesregierung und das Eingreifen der Kartellämter hängt von der gegebenen Marktsituation ab. Die Marktstruktur einer Branche kann verschiedene wettbewerbliche Voraussetzungen haben. Die Wettbewerbstheorie spricht von folgenden Kategorien:

  • verfestigt vermachteten Märkten (nur ein oder wenige Marktteilnehmer und zusätzlich hohe Marktzutrittsschranken),
  • dominierten Märkten (wenige sehr starke und wenige deutlich schwächere Marktteilnehmer),
  • Vermachtung bedrohte Märkte (Branchen mit hohen Marktzutrittsschranken, zum Beispiel wegen hoher Anfangsinvestitionen oder besonderer Branchenauflagen),
  • natürlichen Monopolen (Branchen in denen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nur ein Anbieter existiert, zum Beispiel wegen der Notwendigkeit umfangreicher Infrastruktur, das Schienennetz der Bahn beispielsweise),
  • wettbewerbliche Marktstruktur.

Aufgaben des Wettbewerbs

Vorhandener Wettbewerb erfüllt verschiedene Aufgaben in einer Volkswirtschaft:

1.    die Begrenzung der staatlichen Macht gegenüber den Privaten,

2.    die Kontrolle und Beschränkung der privaten Macht,

3.    Erreichung einer Angebotszusammensetzung nach Nachfragepräferenzen,

4.    die Lenkung der Produktionsfaktoren in ihre produktivste Verwendung,

5.    die Schaffung eines quantitativen Ausgleichs zwischen Angebot und Nachfrage,

6.    eine marktleistungsgerechte Einkommensverteilung,

7.    Anregung zur Innovation bei Produkten und Verfahren sowie

8.    Anregung zur Imitation von Produktionsverfahren zur Erreichung hoher Produktivität.

Diese Ziele können nicht alle Märkte selbstständig, also durch die so genannte Selbststeuerung oder "Invisible Hand", erreichen. Wettbewerbspolitisches Eingreifen ist deshalb auf unterschiedlichen Märkten in unterschiedlicher Intensität notwendig. Die angewendete Wettbewerbspolitik kann in drei Kategorien unterteilt werden:

1.    in Maßnahmen neutralisierender Wettbewerbspolitik: Diese werden angewendet bei nicht verfestigt vermachteten Marktstrukturen. Die Eingriffe verändern nicht die Marktstrukturen, sondern versuchen nur negative Folgen wettbewerbsgefährdender Bedingungen für die Marktteilnehmer zu dämpfen. Zum Beispiel werden dominierende Unternehmen daran gehindert, ihre Marktmacht dazu zu missbrauchen, kleinere Wettbewerber aus dem Markt zu drängen.

2.    in Maßnahmen ursachenadäquater Wettbewerbspolitik: Diese verbieten wettwewerbsbeschränkendes Verhalten von Unternehmen. Die Ursache für nichtwettbewerbliche Marktstrukturen wird hierbei verhindert.

3.    keine Notwendigkeit für Eingriffe: Dies gilt auf Märkten mit wettbewerblicher Marktstruktur beziehungsweise wenn die Wettbewerber selbst durch Innovation oder Imitation in der Lage sind, Vorsprungsgewinne der Konkurrenz abzubauen und sich auf dem Markt zu halten.

Die Instrumente des Kartellamtes zur Wettbewerbskontrolle

Das Kartellamt hat zur Kontrolle des Wettbewerbs verschiedene Instrumente zur Hand:

1. Die Missbrauchsaufsicht

Sie kontrolliert marktbeherrschende Unternehmen. Die Ausbeutung und die Behinderung anderer Unternehmen und damit die Monopolbildung innerhalb eines Marktes sollen verhindert werden. Aufgreifkriterium des Falles für die Verfolgungsbehörde ist die Feststellung der Marktbeherrschung durch ein Unternehmen nach festgelegten Kriterien: Das Unternehmen ist keinem oder nur unwesentlichen Wettbewerb ausgesetzt oder hat eine was den Marktanteil, die Finanzkraft oder das Beschaffungs- bzw. Absatzgebiet angeht besonders prädestinierte Marktstellung. Eingreifkriterium, das heißt der Punkt an dem neutralisierende oder ursachenadäquate Maßnahmen ergriffen werden, ist nachgewiesener Missbrauch.

2. Die Fusionskontrolle

Sie beobachtet und kontrolliert die Verschmelzung von Unternehmen. Bei Fusionen verliert immer mindestens ein Unternehmen seine wirtschaftliche Unabhängigkeit. Aufgreifkriterien sind ein Anteilserwerb von mindestens 25 Prozent an einem Fremdunternehmen oder Personengleichheit der Hälfte der Aufsichtsräte beider Unternehmen. Kontrolliert wird allerdings erst nach der Überschreitung gewisser Bagatellgrenzen, die sich auf den Umsatz der beteiligten Unternehmen beziehen. Fusionen, die den Wettbewerb beschränken, sind nicht zulässig und können untersagt werden. Per Ministerklausel kann der Bundeswirtschaftsminister allerdings eine Fusion auch nach ausgeschöpftem Gerichtsinstanzenzug nachträglich genehmigen, wenn erhebliches öffentliches oder staatliches Interesse besteht.

3. Das Kartellverbot

Quotenkartelle (Absatzmengen werden vereinbart), Gebietskartelle (Absatzgebiete werden aufgeteilt), Preiskartelle (Preise werden aufeinander abgestimmt) und Submissionskartelle (Absprachen bei Ausschreibungen) sind generell verboten, weil sie den Wettbewerb einschränken und werden daher verfolgt. Kooperationskartelle zwischen kleinen Unternehmen, die sich nur durch Absprachen auf dem Markt halten können, Spezialisierungskartelle, Einfuhrkartelle als Gegenmacht gegen keiner Wettbewerbskontrolle unterworfenen Märkten aus dem Ausland, Ausfuhrkartelle, Notstandskartelle und Strukturkrisenkartelle bei lang anhaltendem Nachfragerückgang dagegen sind erlaubt und werden vom Kartellamt nicht verfolgt.

Darüber hinaus werden aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen in vielen Ausprägungen, Preisbindungen und Preisempfehlungen aus denen Abhängigkeiten entstehen können, kontrolliert und dann untersagt, wenn eine Wettbewerbsbeschränkung entsteht. Stets und insbesondere im Hinblick auf ausländische Konkurrenz und Globaliesierungseffekte muss bei der Arbeit der Kartellämter darauf geachtet werden, dass die Unternehmen in ihrer Freiheit nicht zu sehr eingeschränkt werden. Die Nutzung von Größen- und Verbundvorteilen sowie das Ausschöpfen von Synergieeffekten müssen gewährleistet sein. Die Aufgreifkriterien und die Eingreifkriterien befinden sich daher auch in einem ständigen kritischen Dialog und müssen flexibel und wandelbar gehandhabt werden.

Das Bundeskartellamt ist eine nachgeordnete Behörde des Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie. Seine Hauptaufgabe ist der Schutz des Wettbewerbs in Zusammenarbeit mit Landeskartellbehörden. Gegründet wurde das Amt 1958 in Berlin. Seit 1999 ist sein Sitz in Bonn. Es hat rund 300 Beschäftigte, von denen etwa die Hälfte Juristen oder Ökonomen sind. Der Jahreshaushalt der Wettbewerbsbehörde beträgt 17 Millionen Euro. Das Bkarta ist unter anderem zuständig für Import- und Exportkartelle und ahndet illegale Preisabsprachen. Seine Beschlüsse fällt es in Gremien mit einem Vorsitzendem und zwei Beisitzern. Diese Beschlüsse können allerdings vom Bundeswirtschaftsminister aufgehoben werden (Ministererlaubnis). Rechtliche Grundlage für die Arbeit des Bkarta ist das auch als Kartellgesetz bezeichnete Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).



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