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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Europäischer Zentralbankrat

An der Spitze der Europäischen Zentralbank mit Sitz in Frankfurt/Main steht der Zentralbankrat. Er unterliegt keinen Weisungen und seine wichtigste Aufgabe ist es, die Stabilität des Geldwertes zu sichern und die Wirtschaft in geeigneter Form mit den erforderlichen Zahlungsmittel zu versorgen. Es ist ihm ausdrücklich verboten, einzelnen Regierungen Geld zur Finanzierung von Haushaltsdefiziten zur Verfügung zu stellen.

Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) besteht aus den Notenbankchefs der Mitgliedsländer und dem Direktorium der Zentralbank. Der Rat allein bestimmt die Leitlinien der Politik der EZB. Für die Umsetzung ist das Direktorium verantwortlich. Weder der Rat insgesamt noch das Direktorium sind Weisungen von anderen Stellen unterworfen - also auch nicht von Seiten der Regierungen der teilnehmenden Länder, der Brüssler Kommission oder des EU-Ministerrates. Dies gilt auch für die Notenbankchefs der einzelnen Mitgliedsstaaten, die nach dem Vertrag von Maastricht und nach dem Recht ihrer Herkunftsländer in Fragen der Geldpolitik auf nationaler oder europäischer Ebene keinerlei Weisungen ihrer jeweiligen Regierungen unterliegen.

Alle EU-Länder haben sich im Vertrag von Maastricht ausdrücklich verpflichtet, "nicht zu versuchen, die Mitglieder der Beschlussorgane der EZB oder der nationalen Zentralbanken bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe zu beeinflussen" (Artikel 107). Allerdings haben - entsprechend den Regelungen bei der Deutschen Bundesbank - ein Mitglied der EG-Kommission und der Präsident des Ministerrates der EU das Recht, an Sitzungen des Zentralbankrates teilzunehmen. Sie können dabei Vorschläge machen, dürfen aber nicht an den Abstimmungen teilnehmen. Umgekehrt kann der Präsident des Zentralbankrates an Tagungen des Ministerrates teilnehmen, wenn dort Fragen beraten werden, die Ziele und Aufgaben der EZB berühren.

Mitglieder des Direktoriums der EZB sind: Der Präsident und der Vizepräsident sowie bis zu vier weitere Mitglieder. Sie werden vom Europäischen Rat (auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs) ernannt. Die vorgesehenen Mitglieder müssen Persönlichkeiten sein, die als Bank- und Währungsfachleute anerkannt sind. Vor ihrer Ernennung muss das Europäische Parlament und der Rat der Zentralbank dazu gehört werden. Die Auswahl und Ernennung durch den Ministerrat muss einvernehmlich erfolgen.

Die Mitglieder des Direktoriums werden auf die Dauer von acht Jahren ernannt. Eine Wiederernennung ist nicht zulässig. Dadurch soll verhindert werden, dass sich Mitglieder des Direktoriums gegenüber den Regierungen einzelner Mitgliedsländer gefällig erweisen, um für eine weitere Amtsperiode ernannt zu werden. Da sie die erforderlichen Qualifikationen und Erfahrungen in der Regel erst in einem fortgeschrittenen Alter vorweisen können, wird für die meisten Mitglieder des Direktoriums am Ende der Amtszeit auch keine andere politische Position mehr in Frage kommen. Auch so soll sichergestellt werden, dass sie keinen Anlass haben, einer bestimmten Regierung oder politischen Gruppierung Gefälligkeiten zu erweisen, die ihren Pflichten als Mitglied des Zentralbankrates zuwiderlaufen. Die nationalen Notenbankpräsidenten werden für fünf Jahre ernannt und können wiedergewählt werden.

Wichtigste Aufgabe des Zentralbankrates ist es nach dem Vertrag von Maastricht, die Stabilität des Euro nach innen und außen zu gewährleisten. Der Rat legt die zur Erreichung dieses Ziels erforderlichen Leitlinien der Geldpolitik fest. Er bestimmt, welche geldpolitischen Mittel eingesetzt werden. Er hat das alleinige Recht, die Ausgabe von Banknoten zu genehmigen. Für die Umsetzung der Leitlinien ist das Direktorium der EZB verantwortlich.

Der Rat der EZB und das Direktorium entscheiden in der Regel mit einfacher Mehrheit. Jedes Mitglied hat dabei gleiches Stimmrecht. Bei Stimmengleichheit gibt die Stimme des Präsidenten den Ausschlag. Eine Ausnahme von dieser Regel gibt es bei Abstimmungen über die Verwendung des Gewinns der Zentralbank. Hierbei haben die Mitglieder des Direktoriums kein Stimmrecht. Die im Zentralbankrat vertretenen Notenbankpräsidenten entscheiden mit Zweidrittelmehrheit. In diesem Fall werden die Stimmen zudem anders gewichtet als bei geldpolitischen Entscheidungen. Denn es gilt nicht das Prinzip, dass jedes Mitglied eine Stimme hat. Das Stimmgewicht des jeweiligen Notenbankchefs richtet sich vielmehr danach, welche Anteile die verschiedenen nationalen Zentralbanken am Kapital der EZB haben. Diese Anteile richten sich nach dem Gewicht, das ein Land aufgrund seiner Bevölkerungszahl und seines Bruttoinlandsprodukts (BIP) hat.

Entsprechend ihrem Anteil am Kapital der Europäischen Zentralbank werden die Mitglieder am ausgeschütteten Gewinn beteiligt. Der jeweilige nationale Anteil fließt den Regierungen der Mitgliedsländer zu und kann - ebenso wie früher der Bundesbankgewinn - zur Haushaltsfinanzierung oder Schuldentilgung verwendet werden.



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