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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Hysterese

(griechisch = zurückbleiben, verspätet sein) bezeichnet eine Eigenschaft der Gleichgewichtslösungen eines dynamischen Systems, demzufolge der Gleichgewichtswert von Kräften beeinflußt bleibt, die zu wirken bereits aufgehört haben. Der konkrete, historische Zeitpfad des dynamischen Systems bestimmt bei Hysterese die Gleichgewichtslösung, während sie normalerweise (in nicht hysteretischen Systemen) pfadunabhängig ist. Von Hysterese zu unterscheiden ist die Persistenz (= Beharrlichkeit) eines Systems, bei dem es nach einer Störung eine Rückkehr zum - Gleichgewicht gibt, diese aber nur langsam erfolgt. Hysterese bzw. Persistenz wird z.B. im Zusammenhang mit der Entwicklung von Arbeitslosenquoten und Inflationsraten oder von Wechselkursen behauptet. Eine formale Illustration liefert die PHILLIPS-Kurve: Hysterese Danach ist die gegenwärtige Inflationsrate II, abhängig von der langfristigen Inflationsrate II* und der Abweichung der tatsächlichen Arbeitslosenquote U, von der sog. NAIRU U,* (non-accelerating inflation rate of unemployment), d.h. jener Arbeitslosenquote, bei der die Inflationsrate konstant bleibt. Im steady state growth müssen               U, = U,*   und IT = II* sein. Hysterese kann nun auftreten, wenn man U,* wie folgt erklärt: Hysterese wobei Z, die Inflationsrate beeinflussende exogene Faktoren erfaßt und b und c wiederum Konstante sind. Die PHILLIPS-Kurve läßt sich nun schreiben als . Hysterese Im Falle b = 1 tritt Hysterese auf. Geht für t 00 der Wert von Z, 0, dann ist die inflationsstabile Inflationsrate (NAIRU) nicht mehr eindeutig bestimmt, sondern von Z, und U,_1 abhängig. Jede temporäre Änderung von Z, hat c.p. einen bleibenden Einfluss auf II, und U,* . Im Falle 0 < b < 1 erhält man Hysterese Ist b nahe dem Wert 1, dann bewirkt jede temporäre Abweichung von Z , dass das System zur steady-state-Arbeitslosenquote U* nur langsam zurückkehrt (Persistenz). Für b = 0 gilt U* = b  . In beiden zuletzt erwähnten Fällen ist die langfristige Arbeitslosenquote U* exogen bestimmt. Empirisch ist es überaus schwierig, Hysterese gegenüber bloßer Persistenz zu identifizieren (Identifikation). Bei Vorliegen von Hysterese ist die Wirtschaftspolitik gefordert, durch entsprechende transitorische Eingriffe die Arbeitslosenquote dauerhaft zu senken. Denn es bedarf eines entsprechenden Impulses, um den Gleichgewichtswert von U* dauerhaft auf ein niedrigeres Niveau zu bringen. Hysterese bzw. Persistenz von Arbeitslosigkeit läßt sich inhaltlich z.B. mit Hilfe des insider-outsider-Modells begründen. Die Abhängigkeit der Gleichgewichtsinflationsrate von der Inflationsgeschichte kann im Kontext der These der Zeitinkonsistenz diskretionärer Wirtschaftspolitik erklärt werden. Entsprechend der Zeitinkonsistenztheorie gibt es einen tendenziellen Anreiz für die Politikbehörden, von einem Regelversprechen (z.B., in Zukunft Preisniveaustabilität zu sichern) nach der erwünschten Erwartungsanpassung der privaten Wirtschaftssubjekte wieder abzuweichen. Persistenz von Inflation tritt schon dann auf, wenn die aktuelle Inflation von der Inflation der Vergangenheit abhängig ist, wobei die aktuelle Inflation nicht unbedingt mit der Gleichgewichtsinflationsrate übereinstimmt. Persistenz von Inflation ergibt sich in allen traditionellen makroökonomischen Modellen mit autoregressiver Inflationserwartungsbildung. Aber auch in modernen makroökonomischen Modellansätzen mit rationalen Erwartungen kann z.B. bei überlappenden Lohnverträgen mit diskreten Laufzeiten Persistenz von Inflation begründet werden. Auch hier ist der Abbau von Inflation kostspielig — selbst bei vollständiger Glaubwürdigkeit der Regierung. Literatur: Wagner, H. (1992). Franz, W. (1996)



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