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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Produktlebenszyklus

Im Marketing entwickelte Theorie nach der jedes Produkt von seiner Einführung am Markt bis zur Einstellung der Produktion einen bestimmten Zyklus durchläuft. Er lässt sich in vier Phasen unterteilen: Die Einführungsphase, die Wachstumsphase, die Reife- und die Rückgangsphase. Jede Phase des Produktlebenszyklus hat für den Hersteller bestimmte Auswirkungen auf Umsatz, Kosten und Erträge. Sie verlangt dementsprechend unterschiedliche Maßnahmen hinsichtlich Werbung, Marketing, Finanzierung und Distribution.

Jedes Produkt oder jede Produktkategorie durchläuft, beginnend mit der Entwicklung, verschiedene Stadien am Markt, die mit unterschiedlichen Umsatz-, Kosten- und Ertragsentwicklungen verbunden sind.

Im allgemeinen geht man davon aus, dass sich die Entwicklung eines Produkts in vier große Abschnitte unterteilen lässt:

Die vier Entwicklungsphasen werden zusammen als Produktlebenszyklus bezeichnet. Die Theorie des Produktlebenszyklus wurde aus Beobachtungen in der wirtschaftlichen Wirklichkeit abgeleitet. In rückblickenden Studien hat sich gezeigt, dass viele Produkte diese vier Phasen durchlaufen haben. So hat beispielsweise die Schreibmaschine schon alle vier Phasen durchlaufen und ist heute größtenteils vom Markt verschwunden. Andere Produkte wie beispielsweise Navigationssysteme für Pkw befinden sich erst in der Entwicklungsphase. Mobiltelefone dagegen sind inzwischen in die Wachstumsphase gekommen.

Das Phänomen des Produktlebenszyklus lässt sich anhand des Verhaltens von Unternehmen und Konsumenten erklären:

1. Die Einführungsphase

In der Einführungsphase neuer Produkte (wie beispielsweise der satellitengesteuerten Navigationssysteme für Pkw) müssen die herstellenden Unternehmen zunächst einmal dieses neue Angebot am Markt bekannt machen, das Interesse der Käufer wecken und erste Anwender zum Ausprobieren und Kaufen animieren. Je komplizierter und teurer das neue Produkt ist, desto schwieriger ist es, erste Kunden dafür zu finden. Am Markt gibt es aber immer einige Konsumenten, die besonders aufgeschlossen für neue Produkte sind und sich deshalb leichter zum Kauf animieren lassen, als die breite Masse der Verbraucher. Diese innovationsfreudigen Erstkunden bezeichnet man im Marketing deshalb auch als Innovatoren. Oft konzentriert sich die Werbung in der Einführungsphase besonders auf diese Zielgruppe, während der Massenmarkt kaum angesprochen wird.

Für das Unternehmen zeichnet sich die Einführungsphase meist durch hohe Werbe- und Vertriebsaufwendungen bei gleichzeitig niedrigen Umsätzen aus. In dieser Zeit ist das Produkt meist noch nicht überall zu haben. Die Distribution und Plazierung im Handel befindet sich noch im Aufbau. Viele Händler müssen erst noch davon überzeugt werden, das neue Produkt in ihr Sortiment aufzunehmen. In dieser Phase werden oft noch Verluste erwirtschaftet. In der Einführungsphase bieten daher meist nur wenige Unternehmen das neue Produkt am Markt an.

2. Die Wachstumsphase

Sind die Innovatoren mit dem Produkt zufrieden, kann es dem Unternehmen in der Folge gelingen, weitere Kunden zu gewinnen, die sich von den Erstkäufern zum Kauf motivieren lassen. Diese Gruppe von Kunden, die zwar nicht sofort alle neuen Produkte erwerben, sich aber trotzdem relativ schnell zum Kauf motivieren lassen, wird als Frühadaptoren bezeichnet. Das Produkt kommt mit diesem Kundenkreis in die Wachstumsphase. Die Werbung für das neue Produkt beginnt nun auch den Massenmarkt anzusprechen.

Die Wachstumsphase zeichnet sich im allgemeinen dadurch aus, dass das Produkt nun fast überall zu erwerben ist. Weitere Unternehmen, die durch die möglichen Gewinne angelockt werden, treten in den Markt ein. Dadurch steigt der Bekanntheitsgrad rasch, weil nun mehrere Unternehmen gleichzeitig für das neue Produkt werben. Parallel sinken durch die zunehmende Konkurrenz oftmals auch die Preise, so dass sich immer mehr Kunden zum Kauf entschließen. Je mehr Kunden das Produkt als gut und nützlich akzeptieren, desto mehr neue Käufer lassen sich zum Erwerb motivieren. Das Produkt wird zu einem Massenartikel.

Die Wachstumsphase zeichnet sich durch hohe Umsatzsteigerungen bei relativ abnehmenden Kosten für Produktion und Vertrieb aus. Der Kostenrückgang lässt sich unter anderem durch den so genannten Erfahrungskurveneffekt und durch sinkende Werbekosten erklären. In der Wachstumsphase kommen meist neue Produktvarianten auf den Markt, um so neue Käuferschichten zu erschließen. Nun werden von den Unternehmen in zunehmendem Maße Gewinne erzielt.

3. Die Reifephase

Zu einem späteren Zeitpunkt kommt es zu einer gewissen Marktsättigung, die zu einem Rückgang des Umsatz- und Gewinnwachstums führt. In dieser Phase des Zyklus haben langsam alle Erstkäufer das neue Produkt erworben, so dass der Umsatz nahezu ausschließlich durch Ersatzkäufe getragen wird.

Die Reifephase zeichnet sich oft durch Überkapazitäten bei den Unternehmen aus, die in der Zeit des Wachstums aufgebaut wurden. Die vorhandenen Überkapazitäten zwingen die Unternehmen oftmals zu Preissenkungen, um so den Absatz zu forcieren. Um noch genügend hohe Gewinne erzielen zu können, müssen dabei gleichzeitig die Kosten gesenkt werden. Dadurch kann es zu heftigem Wettbewerb zwischen den Anbietern kommen, der schwächere Unternehmen, die zu ungünstigen Kosten produzieren, vom Markt verdrängt. Ein Beispiel für Verdrängungswettbewerb auf Märkten in der Reifephase ist der Markt für Fernsehgeräte. Hier hat der harte Konkurrenzkampf nahezu alle deutschen Hersteller zur Aufgabe gezwungen, da ihnen die notwendigen Kostensenkungen nicht gelungen sind. Aber auch in den USA, dem größten Markt für TV-Geräte existiert kein nationaler Hersteller mehr.

Neben dem Wettbewerb über den Produktpreis versuchen Unternehmen durch Produktverbesserungen und zusätzliche Serviceleistungen ihre Kunden an sich zu binden oder von Konkurrenten neue Käufer hinzuzugewinnen. Zusätzlich versuchen viele Unternehmen neue Kundenkreise (z.B. im Ausland) zu erschließen, die das Produkt bis dahin noch nicht verwenden.

4. Die Rückgangsphase

Zu einem scharfen Rückgang des Absatzes kommt es dann, wenn Produktinnovationen das alte Angebot verdrängen. Ein typisches Beispiel dafür ist die Schreibmaschine. Als Instrument zur Textverarbeitung wurde sie vom Computer abgelöst und weitgehend aus dem Markt gedrängt. Gelingt es den Herstellern der Altprodukte nicht, die Käufer durch Verbesserung des bisherigen Produkts zu halten oder zurückzugewinnen, verschwindet das Produkt in der Regel nach einiger Zeit völlig vom Markt. Zwar haben beispielsweise die Hersteller von Schreibmaschinen versucht, ihre Geräte durch Textspeicher und Korrekturprogramme konkurrenzfähig zum Computer zu machen. Doch das ist nicht gelungen, so dass Schreibmaschinen fast gänzlich vom deutschen Markt verschwunden sind. Ähnlich war es bei Fernschreibmaschinen, die durch die technisch überlegenen und billigeren Faxgeräte abgelöst wurden.

Die Rückgangsphase kann - wie bei der Schreibmaschine - sehr schnell ablaufen. Sie kann sich aber auch über viele Jahre hinweg vollziehen, wie beispielsweise bei Kernseife, einem Produkt was mit jedem Jahr an Bedeutung verliert, trotzdem aber noch eine Nischenposition am Markt hält. Ist der Umsatzrückgang nicht aufzuhalten, muss sich das Unternehmen von diesem Produkt trennen, um nicht durch die dadurch entstehenden Verluste in eine existenzbedrohende Lage zu kommen. Gelingt eine solche Trennung nicht oder nicht schnell genug, kann der Untergang des Produkts auch gleichzeitig den Untergang des Unternehmens bedeuten. Dies war bei vielen Herstellern von Schreibmaschinen der Fall.

Für ein Unternehmen ist es daher wichtig, rechtzeitig zu erkennen, in welcher Phase des Produktlebenszyklus sich sein Angebot befindet. Nur so kann es seine Werbe-, Marketing-, Vertriebs-, Forschungs- und Entwicklungsmaßnahmen richtig steuern. Zu jeder Produktentwicklungsphase gehören bestimmte Maßnahmen. Unternehmen, die die Marktphase ihrer Produkte falsch einschätzen, droht der Untergang, wie sich anhand des Beispiels der Schreibmaschinenhersteller erkennen lässt. Hätten Schreibmaschinenhersteller frühzeitig erkannt, dass sich ihre Produkte in der Reife- bzw. Rückgangsphase befanden, hätten sie versuchen können, rechtzeitig an der Entwicklungsphase von Personalcomputern teilzunehmen.

Wie Untersuchungen zeigen, werden die meisten Produktlebenszyklen immer kürzer. Hatten früher viele Produkte einen Lebenszyklus von mehreren Jahrzehnten, so überdauern manche Produkte heute nur noch wenige Jahre. Ein Grund dafür sind die durch den Einsatz von Computern immer kürzeren Entwicklungszeiten für neue Produkte. Ein weiterer ist die voranschreitende Globalisierung, die die Unternehmen zwingt, ständig neue Produkte auf den Markt zu bringen, um sich weltweit zu behaupten. Auch die Verbraucher werden in ihren Konsumgewohnheiten immer schnellebiger und anspruchsvoller. Das zwingt die Unternehmen, immer wieder neue Produkte auf den Markt zu bringen, um den entstehenden Bedürfnissen gerecht zu werden.



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