Home | Finanzlexikon | Börsenlexikon | Banklexikon | Lexikon der BWL | Überblick
Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
Suche :        
   A   B   C   D   E   F   G   H   I   J   K   L   M   N   O   P   Q   R   S   T   U   V   W   X   Y   Z   

Nairu

Das Kunstwort Nairu umschreibt einen gesamtwirtschaftlichen Zustand, bei dem die durchschnittliche Arbeitslosigkeit gerade so hoch ist, dass sie ein inflationsfreies Wirtschaftswachstum ermöglicht. Dabei wird der Lohnzuwachs so gestaltet, dass er mit dem Ziel der Preisstabilität vereinbar ist. Die Zentralbank muss im Interesse des Geldwertes nicht eingreifen - also keine Politik betreiben, die letztlich zu einer Verlust an Arbeitsplätzen führt.

Der Begriff Nairu (non accelerating inflation rate of unemployment) stammt aus der amerikanischen Wirtschaftswissenschaft. Er beschreibt den Zustand einer Volkswirtschaft, in der die Arbeitslosenquote eine Höhe hat, die "überzogene Lohnforderungen" verhindert. Denn bei Lohnverhandlungen ist die Verhandlungsposition der Arbeitnehmer oder ihrer Gewerkschaften um so besser, je geringer das Risiko ist, durch zu hohe Forderungen steigende Arbeitslosigkeit hervorzurufen. Das ist immer dann der Fall, wenn die Wirtschaft rasch wächst und die Unternehmen einerseits Arbeitskräfte suchen und andererseits fürchten, durch Streiks Umsatzeinbußen und Verluste zu erleiden. Wegen der hohen Nachfrage haben sie die (berechtigte) Hoffnung, dass sie die höheren Lohnkosten auf die Preise und damit die Kunden abwälzen können.

Wenn die Nachfrage nach Arbeit höher ist, als der Gleichgewichtsquote entspricht, steigen die Löhne zu schnell. Da Löhne ebenso wie Energie- oder Rohstoffpreise letztlich Kosten der Unternehmen sind, schlagen zu starke Steigerungen auf die Preise von Produkten und Dienstleistungen durch. Das führt zu einer inflationären Entwicklung. Dies wiederum zwingt die auf die Erhaltung des Geldwertes verpflichte Notenbank zu restriktiven Maßnahmen (Zinserhöhungen, knappere Geldversorgung der Wirtschaft). Die Folge ist eine Abkühlung der Konjunktur, sinkende Nachfrage nach Investitions- und Konsumgütern oder Bauleistungen. Das Wirtschaftswachstum wird schwächer. Damit sinkt auch die Beschäftigung. Die Arbeitslosenquote steigt.

Je höher die Arbeitslosigkeit in einer Volkswirtschaft ist, desto niedriger fallen die durchschnittlichen Lohnzuwächse aus. Drohender Arbeitsplatzverlust führt zu geringeren Forderungen. Im Idealfall wird dabei das Gleichgewicht zwischen akzeptabler Inflationsrate und Arbeitslosenquote erreicht. Durch die wachsende Arbeitslosigkeit wird der gesamtwirtschaftliche Lohnzuwachs wieder auf das Niveau reduziert, das mit dem Ziel der Preisstabilität vereinbar ist. Die Arbeitslosenquote, bei der sich die Löhne stabilitätskonform entwickeln, wird daher von Ökonomen als "gleichgewichtige Arbeitslosenquote". bezeichnet. Die Nairu ist also die Rate der Arbeitslosigkeit, bei der es keine Inflation gibt.

Der Bremseffekt kann aber auch zu einem "Überschiessen" des Ziels führen. In diesem Fall steigt die Unterbeschäftigung stärker, als zur Erreichung des Ziels der Geldwertstabilität erforderlich wäre. Erst allmählich wird der angestrebte Zustand erreicht. Die Beschäftigtenquote kehrt zu ihrem Gleichgewichtswert zurück.

Langfristig gesehen können bei einer dauerhaften Stabilitätspolitik der Zentralbank die Löhne nicht schneller als die Produktivität steigen. Wenn die Gewerkschaften eines Landes aufgrund ihrer starken Stellung höhere Lohnzuwächse erzwingen, muss nach der Theorie der Nairu auch eine erhöhte gleichgewichtige Arbeitslosenquote in Kauf genommen werden. Das ist eine für die meisten europäischen Industrieländer typische Erscheinung. Umgekehrt liegt in den USA bei traditionell schwachen Gewerkschaften und einem weniger stark ausgeprägten Kündigungsschutz (Hire-and-Fire-System) die gleichgewichtige Arbeitslosenquote wesentlich niedriger - beziehungsweise die Zahl der Beschäftigten höher.



<< vorhergehender Fachbegriff
 
nächster Fachbegriff >>
Nahrungsergänzungsmittel
 
Naked Warrant
 
Weitere Begriffe : Verhalten, öffentliches | Statuskristallisation | Festgeldkonto
 
Copyright © 2015 Wirtschaftslexikon.co
Banklexikon | Börsenlexikon | Nutzungsbestimmungen | Datenschutzbestimmungen | Impressum
All rights reserved.