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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Rentenrechtliche Zeiten

Rentenrechtliche Zeiten sind nicht nur einfach eine Bezeichnung für Monate und Jahre in der gesetzlichen Rentenversicherung. Sie entscheiden vor allem über die Höhe der persönlichen Rente. Je mehr rentenrechtliche Zeiten anerkannt werden, desto höher die Rente. Dabei zählen nicht nur Beiträge, sondern etwa auch Kindererziehung, Ausbildung oder Inhaftierung im Dritten Reich oder in der DDR.

Die Höhe der gesetzlichen Rente, die ein Arbeitnehmer in seinem Ruhestand erhält, hängt maßgeblich von den rentenrechtlichen Zeiten ab. Das sind die Zeiten, in denen der einzelne Versicherte seine Rentenansprüche aufbaut, das heißt Entgeltpunkte sammelt, sei es durch Beiträge, egal ob durch Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge, durch Kindererziehung oder durch andere Umstände, die auf die Rentenhöhe angerechnet werden. Dies gilt für Bürger der alten wie für die der neuen Bundesländer im Inland, genauso wie für Vertriebene und Spätaussiedler nach dem Fremdrentengesetz. Gesondert geregelt in zwischenstaatlichen Abkommen sind die Ansprüche von Deutschen im Ausland. Sind in einem Zeitraum keine rentenrechtlichen Zeiten angefallen, kennzeichnet der Rentenversicherungsträger diesen mit "keine Anrechnung". Die rentenrechtlichen Zeiten unterteilen sich in einem ersten Schritt in drei Gruppen, die sich wiederum noch einmal unterteilen mit jeweils unterschiedlichen Auswirkungen auf die Höhe der persönlichen Rente:

  • Beitragszeiten
  • Beitragsfreie Zeiten
  • Berücksichtigungszeiten

Wartezeit

Der Anspruch auf Rente ist immer gekoppelt mit einer Mindestbeitragszeit, der so genannten Wartezeit. Die allgemeine Wartezeit beträgt fünf Jahre, etwa für eine Regelalters- oder eine Erwerbsminderungsrente. Vorher bestehen keine Ansprüche auf Rentenzahlungen. Für vorgezogene Altersrenten gelten deutlich längere Wartezeiten: Für die spezielle Altersrente für Frauen gilt zum Beispiel eine Wartezeit von 15 Jahren. Ebenso für Altersrenten wegen Arbeitslosigkeit oder nach Altersteilzeit. Als Wartezeit gelten nur Beitrags- und Ersatzzeiten. 20 Jahre beträgt die Wartezeit für volle Erwerbsminderungsrenten an Behinderte, die vor der allgemeinen Wartezeit bereits erwerbsunfähig waren. Eine Wartezeit von 25 Jahren gilt für besondere Renten an Bergleute. Wer die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt hat, kann als langjährig Versicherter Altersrenten vor Vollendung des 65. Lebensjahres in Anspruch nehmen.

Beitragszeiten

Beitragszeiten sind die wichtigsten rentenrechtlichen Zeiten. In dieser Zeit werden vom Arbeitnehmer Pflichtbeiträge geleistet, auch die Phasen, in denen freiwillige Beiträge etwa von Selbständigen gezahlt werden, gelten als Beitragszeit.

Dabei ist das Arbeitsentgelt die Grundlage der Beitragsberechnung für Arbeitnehmer. Dazu gehören grundsätzlich alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus einem Beschäftigungsverhältnis zufließen. Das sind neben dem Gehalt oder Lohn also auch Familienzuschläge, Gewinnanteile, Überstundenvergütungen und der Wert der Sachbezüge. Zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt gehören auch etwa Provisionen, Mehrarbeitsvergütungen und Mehrarbeitszuschläge, Gefahrenzuschläge, Schmutzzulagen. Einmalig gezahltes Arbeitsentgelt, wie etwa Urlaubs- und Weihnachtsgeld, zusätzliche Monatsentgelte, Tantiemen, Gratifikationen, gehören ebenfalls zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt. Steuerfreie Zuwendungen an Pensionskassen und Pensionsfonds, soweit sie aus einer Entgeltumwandlung stammen, bleiben bis zum 31. Dezember 2008 bei der Ermittlung des beitragspflichtigen Arbeitsentgelts unberücksichtigt.

Für Selbständige, die Pflichtbeiträge leisten, wie etwa Handwerker, ist das Arbeitseinkommen die Grundlage der Beitragsberechnung. Es ist der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommenssteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbständigen Tätigkeit. Bei der Ermittlung des Gewinns sind steuerliche Vergünstigungen unberücksichtigt zu lassen und Veräußerungsgewinne abzuziehen.

Es spielt keine Rolle, ob die Beiträge an einen Rententräger in der Bundesrepublik geleistet wurden oder an die Sozialversicherung in der DDR oder an die reichsdeutsche Rentenversicherung. Es werden aber auch Zeiträume als Beitragszeiten anerkannt, in denen keine Beiträge gezahlt werden, etwa die Kindererziehungszeiten.

Kindererziehungszeiten

Wer in Deutschland ein Kind erzieht, erwirbt Rentenansprüche. Kindererziehungszeiten gelten als Beitragszeiten. Unter Umständen kann auch die Erziehung von Kindern im Ausland angerechnet werden. Dabei ist es unerheblich, ob die Eltern leiblich sind oder das Kind zur Pflege haben, adoptiert haben oder die Stiefeltern sind. Die Kindererziehungszeiten werden allerdings nur einem Elternteil zugeordnet, in der Regel der Mutter. Der Vater kann Kindererziehungszeiten nur angerechnet bekommen, wenn beide Eltern diese Zuordnung schriftlich erklären. Der Wert der Kindererziehungszeiten richtet sich nach dem Alter des Kindes und nach seinem Geburtsjahr. Für ein Kind, das nach dem 31. Dezember 1991 geboren wurde, erhält die erziehende Person Beiträge in Höhe des jährlichen Durchschnittsbeitrags von drei Jahren gutgeschrieben. Für Kinder, die vorher geboren wurden, ist es nur ein Jahr.

Andere Beitragszeiten

Wehr- und Zivildienst gelten als Beitragszeit, in denen der Staat Beiträge abführt. Auch die Zeiten, in denen der Versicherte ein Vorruhestandsgeld bezieht gelten als Beitragszeit. Wer Arbeitslosenunterstützung bezieht oder Krankengeld für den zahlt das Arbeitsamt beziehungsweise die Krankenkasse Rentenbeiträge, so dass auch diese Phasen als Beitragszeiten gelten. Dasselbe gilt für Bürger, die ehrenamtlich Familienangehörige pflegen. Für die zahlt die Pflegekasse Rentenbeiträge, so dass auch hier Beitragszeiten vorliegen. Geringfügig Beschäftigte bekommen, wenn sie ihren Rentenversicherungsbeitrag aufstocken ebenfalls Beitragszeiten anerkannt.

Beitragsfreie Zeiten

Beitragsfreie Zeiten sind die Monate, die mit Anrechnungszeiten, Zurechnungszeiten oder Ersatzzeiten belegt sind.

Beitragsgeminderte Zeiten

Von beitragsgeminderten Zeiten spricht man, wenn Beitragszeiten im selben Zeitraum auf beitragsfreie Anrechnungszeiten treffen. Dann ist vom Rentenversicherungsträger zu prüfen, ob der Beitragsanteil den Anrechnungsanteil an Entgeltpunkten übersteigt. Ist dies der Fall wird die Differenz gut geschrieben.

Anrechnungszeiten

Wenn ein Versicherter keine Beiträge zahlen, bekommt er gegebenenfalls Anrechnungszeiten gutgeschrieben, früher Ausfallzeiten genannt. Voraussetzung ist, dass entsprechend begründet wird. Diese Gründe sind:

Eine Anrechnungszeit von maximal drei Jahren wird gewährt für:

  • Schulausbildung, Fach-, Fachhochschul- oder Hochschulausbildung oder Berufsvorbereitungs-Maßnahmen nach dem 18. Geburtstag

Die Ausbildungszeit wurde bei einem Renteneintritt vor 2001 unter Umständen länger angerechnet. Seit 2002 können Zeiten der Krankheit, Schwangerschaft und Arbeitslosigkeit, die zwischen dem 17. und 25. Lebensjahr liegen, auch angerechnet werden, ohne dass, wie sonst erforderlich, eine versicherungspflichtige Beschäftigung unterbrochen wurde. Ebenfalls seit 2002 werden Zeiten der schulischen Ausbildung wieder länger, und zwar bis zu acht Jahren angerechnet, drei davon rentensteigernd. Die Rentenreform 2004 wird hier jedoch einschneiden. Die rentenerhöhende Bewertung von Schul- und Hochschulzeiten wird bis 2008 gestrichen. Das heißt, wer 2008 in Rente geht bekommt die drei rentensteigernden Jahre nicht mehr angerechnet. Das führt im schlimmsten Fall zu einer Kürzung der Rente von 58 Euro pro Monat. Von den Kürzungen nicht betroffen sind Versicherte, die nach dem 17. Lebensjahr eine Fachschule, eine Berufsvorbereitung oder eine Berufsausbildung absolviert haben. Dies sind insbesondere Logopäden, Erzieher, Hebammen oder medizinisch-technische Assistenten.

Zeiten des Rentenbezugs werden gegebenenfalls ebenfalls als Anrechnungszeiten berücksichtigt. Dies ist bei einem Rentenbezug vor 1991 grundsätzlich die Zeit vor dem vollendeten 55. Lebensjahr. Ist die Rente nach dem seit 1992 geltenden Recht bewilligt (oder neu festgestellt) worden, gilt dies auch für ein Drittel der Zeit zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr (bei Neufeststellungen sogar Zeiten vor 1992). Im Einzelnen handelt es sich um: Rentenbezug wegen Erwerbsminderung, Rentenbezug wegen Berufsunfähigkeit, Rentenbezug wegen Erwerbsunfähigkeit, Erziehungsrentenbezug oder Invalidenrente, Ruhegeld oder Knappschaftsvollrente.

Zurechnungszeiten

Zurechnungszeiten machen maßgeblich die Höhe von Erwerbsminderungs- und Hinterbliebenen-Renten aus. Tritt die Erwerbsminderung ein oder stirbt der Versicherte, wird die Erwerbsminderungs-, die Witwen- und die Waisenrente berechnet, als hätte der Versicherte seine bisherigen Beiträge weiter bis zum 60. Lebensjahr geleistet und zwar in Höhe des Durchschnitts seiner Beiträge insgesamt.

Ersatzzeiten

Ersatzzeiten spielen nur für die Zeit vor 1992 eine Rolle. Sie werden angerechnet, wenn der Versicherte Kriegsdienst geleistet hat, beim Reichsarbeitsdienst oder in Kriegsgefangenschaft war und dabei mindestens 14 Jahre alt war. Dasselbe gilt für Versicherte, die unter der Herrschaft der NSDAP oder der SED interniert oder verschleppt waren. Auch Zeiten der Flucht, Vertreibung oder Aussiedlung und daran anschließende Arbeitsunfähigkeit oder unverschuldete Arbeitslosigkeit werden mit den Ersatzzeiten rentenrechtlich anerkannt.

Berücksichtigungszeiten

Berücksichtigungszeiten sollen neben den Kindererziehungszeiten, die als Beitragszeiten geführt werden, Lücken in der Beitragsbiografie schließen helfen. Berücksichtigungszeiten werden Eltern zuerkannt, die Kinder bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes erziehen. Die Regelungen greifen für Kinder, die 1983 oder später geboren wurden. Wer in der Zeit vom vierten bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes, das er erzieht, Vollzeit arbeitet, aber weniger das Durchschnittsgehalt verdient, bekommt seine Rentenansprüche erhöht, als hätte er Beiträge vom Durchschnittseinkommen gezahlt. Die Beiträge werden allerdings nur um höchstens die Hälfte aufgewertet. Außerdem müssen mindestens 25 Jahre rentenrechtliche Zeiten vorliegen. Wer gleichzeitig zwei oder mehrere Kinder unter zehn Jahren erzieht und nicht arbeitet, bekommt ebenfalls rentenrechtliche Zeiten angerechnet, in Höhe der höchstmöglichen Aufwertung, die Erwerbstätige erhalten. Wer ein pflegebedürftiges Kind betreut und nicht erwerbstätig ist, bekommt seine von der Pflegekasse geleisteten Rentenbeiträge für die Zeit vom vierten bis achtzehnten Lebensjahr des Kindes um die Hälfte aufgewertet, höchstens allerdings auf die Höhe der Beiträge aus dem Durchschnittseinkommen. Die Regelung greift erst ab der Einführung der Pflegeversicherung am 1. April 1995.

Hier finden Sie noch weitere Begriffe aus dem Rentenrecht.



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