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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Sozialversicherung

Die Sozialversicherung ist das zentrale Instrument staatlicher Sozialpolitik. Sie umfasst Renten-, Kranken-, Pflege-, Unfall- und Arbeitslosenversicherung. Leistungen und Beiträge werden vom Gesetzgeber festgelegt. Gesetzlich geregelt ist auch, wer Mitglied der einzelnen Versicherungen werden muss, denn die Sozialversicherung ist eine staatliche Zwangsversicherung. Das heißt, sie wird nicht vom Versicherungsnehmer individuell abgeschlossen, sondern er wird pflichtversichert.

Pflichtversichert sind grundsätzlich alle Arbeitnehmer, nicht aber Beamte und Selbstständige. Ausnahmen sind die Pflichtversicherung der Beamten in der Pflegeversicherung, die freiwillige Krankenversicherung von Angestellten über der Beitragsbemessungsgrenze und die Versicherungspflicht für einige Gruppen von Selbstständigen insbesondere in der Rentenversicherung. Selbstständige können innerhalb der ersten fünf Jahre ihrer Selbstständigkeit eine Aufnahme in die Pflichtversicherung der Rentenversicherung beantragen. Nach dem Ausscheiden aus der Pflichtversicherung, kann man sich freiwillig weiterversichern, wenn bestimmte Mindestversicherungszeiten erfüllt sind.

Gemeinsam ist den einzelnen Sozialversicherungen der Grundsatz, dass die Versicherungsbeiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze als prozentualer Anteil des Einkommens berechnet werden, und Arbeitgeber und Arbeitnehmer diese Beiträge jeweils zur Hälfte zahlen. Ausgenommen hiervon ist die gesetzliche Unfallversicherung, deren Beiträge der Arbeitgeber alleine trägt. Der Arbeitgeber führt die gesamten Beiträge zu den Sozialversicherungen an die Krankenkassen ab und zieht dem Arbeitnehmer seinen Anteil vom Lohn ab.

Die Leistungen und Beiträge sowie deren Berechnungsgrundlagen (etwa die Beitragsbemessungsgrenze) werden vom Gesetzgeber festgesetzt. Darüber hinaus werden Renten- und Arbeitslosenversicherung durch Zuschüsse des Bundes mitfinanziert. Durch diese zentrale Rolle der Politik ist die Sozialversicherung zum sozialen Ausgleich verpflichtet und nicht nur dem Versicherungsprinzip. Die Leistungen der Sozialversicherungen werden jedoch - anders als die Sozialhilfe - ohne Bedürftigkeitsprüfung gewährt.

Die Beiträge sind - anders als private Versicherungen - stark an der Leistungsfähigkeit der Versicherten orientiert und kaum an den Leistungen der Versicherungen. In der gesetzlichen Krankenversicherung sind die Leistungen gesetzlich festgelegt und für alle Versicherten gleich. In Renten- und Arbeitslosenversicherung hingegen wird das Einkommen des Versicherten berücksichtigt und damit bestimmt sich die Höhe seiner Beiträge.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben und nicht erst eine Reform der Sozialversicherung abzuwarten, sind in den 90er Jahren zahlreiche Firmen dazu übergegangen, bisherige Angestellte als zumindest formal selbstständige Unternehmer zu beschäftigen. Die Beiträge zur Sozialversicherung sollen so eingespart werden, da Selbstständige in der Regel nicht pflichtversichert sind. Die Selbstständigen stehen dann allerdings ohne den entsprechenden Versicherungsschutz da oder müssen ihn ohne Beteiligung des Auftraggebers vollständig aus eigener Tasche zahlen. Ob diese ehemaligen Arbeitnehmer aber tatsächlich selbstständig sind, ist fraglich. Sie werden häufig als Scheinselbstständige bezeichnet.

Träger der Sozialversicherungen sind keine privatwirtschaftlichen Versicherungsunternehmen sondern öffentlich-rechtliche Körperschaften unter staatlicher Aufsicht, die Versicherungsträger. Für juristische Streitigkeiten zu Fragen der Sozialversicherung sind die Sozialgerichte zuständig. Gesetzliche Grundlage ist das Sozialgesetzbuch (SGB).

öffentlich-rechtliche Versorgungssysteme gegen die Risiken Alter, Berufsunfähigkeit, Unfall, Krankheit und Arbeitslosigkeit. Die Sozialversicherung dient in erster Linie der Sicherung öffentlicher oder sozialer Interessen mit dem Ziel der Existenzsicherung der Bürger. Die Mittelaufbringung und der Leistungsumfang werden durch Sozialgesetze (Sozialgesetzbuch, Reichsversicherungsordnung, Arbeitsförderungsgesetz) festgelegt. Im Gegensatz zu der Individualversicherung unterliegt die Sozialversicherung nicht der staatlichen Aufsicht durch das Versicherungsaufsichtsgesetz. Die Sozialversicherung hat ihre Wurzeln im vorigen Jahrhundert. Der älteste Zweig ist die 1883 gegründete Gesetzliche Krankenversicherung (GKV), der 1884 die Gesetzliche Unfallversicherung (GUV), 1889 die Gesetzliche Rentenversicherung (GRV) und 1927 die Gesetzliche Arbeitslosenversicherung folgten. Die deutsche Sozialversicherung ist primär eine Arbeitnehmerversicherung, wobei die Mittel nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip solidarisch von Arbeitnehmern und Arbeitgebern gemeinsam aufgebracht werden (nur die GUV wird allein von den Arbeitgebern finanziert). In der GRV, GKV und GUV besteht Versicherungspflicht, in der GKV bis zur Pflichtversicherungsgrenze (1992 in Westdeutschland: 5 100 DM; in Ostdeutschland: 3 600 DM). Aufgrund ihres Zwangscharakters kann es sich die Sozialversicherung leisten, auf das Äquivalenzprinzip und damit auf einen versicherungstechnischen Risikoausgleich zu verzichten. Der soziale Ausgleich steht im Vordergrund. In der Sozialversicherung kommt v.a. das Fürsorgeprinzip zum Tragen, weniger das Versicherungsprinzip. Sozialversicherung Die Beiträge in der GRV und GAV werden als Prozentsätze vom Einkommen durch den Gesetzgeber festgelegt (1992: 17,7 bzw. 6,8%). In der GKV legt jede Krankenkasse den Beitragssatz autonom fest (Durchschnitt 12,3%). Ebenso erfolgt in der GUV die Beitragsfestsetzung autonom durch die hierfür verantwortlichen Berufsgenossenschaften. Die Geschäftsführung der einzelnen Sozialversicherer wird durch Selbstverwaltungsorgane der Arbeitnehmer und Arbeitgeber wahrgenommen. Die Leistungen sollen ausreichend und zweckmäßig sein, ohne dass die Eigenversorgungsverpflichtungen der einzelnen Familien völlig aufgehoben werden (Subsidiaritätsprinzip). Als Finanzierungsverfahren wird in der GRV und in der GKV das Umlageverfahren verwendet, d.h., die laufenden Beiträge werden so festgelegt, dass sie die laufenden Ausgaben decken. Die Ausgaben beider Versicherungszweige sind altersabhängig, so dass die Beiträge stark auf die demographische Altersverschiebung (Anstieg der Rentnerquote; Rentenberg) reagieren werden. Es wird deshalb gefordert, stärker von dem in der GUV gebräuchlichen Kapitaldeckungsverfahren oder dem in der Lebens- und Privaten Krankenversicherung verwendeten Anwartschaftsdeckungsverfahren, bei dem für jeden Versichertenjahrgang ein Dekkungskapitalstock angelegt wird, Gebrauch zu machen. Obwohl die Sozialversicherung einen Ausnahmebereich der Europäischen Gemeinschaften darstellt, wird der Europäische Binnenmarkt eine Konvergenz der nationalen Sozialsysteme mit sich bringen. Literatur: Gahlen, B. u.a. (1990). Molitor, B. (1988). Rolf, G. u.a. (1988). Molitor, B. (1987)



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