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Bürgerversicherung

In der Gesundheitswirtschaft: Bezeichnung für ein Modell der Sozialversicherung, das alle Bürger umfasst. Erstmals in dieser Form von Bündnis 90/Die Grünen Ende der 90er Jahre in ihre Parteiprogrammatik aufgenommen als Vorstellung zur Weiterentwicklung des deutschen Sozialsystems, in dem der Bürger deutlich mehr Wahlmöglichkeiten als in den klassischen Sozialversicherungszweigen erhalten sollte. Aufgegriffen wurde der Begriff der Bürgerversicherung dann im Rahmen der Beratungen der von der Bundesregierung eingesetzten Kommission für die nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung, nach ihrem Vorsitzenden Prof. Dr. Bert Rürup auch Rürup-Kommission genannt. Hier wurde als eines von zwei Modellen das der Bürgerversicherung entwickelt, das insbesondere die Erweiterung der Pflichtmitgliedschaft in der dann in Bürgerversicherung umbenannten gesetzlichen Krankenversicherung für alle Bürger vorsah, also auch diejenigen Gruppen, die bisher von der Versicherungspflicht in der GKV ausgenommen sind (Beamte, Selbstständige, Beschäftigte mit einem Verdienst oberhalb der Versicherungspflichtgrenze). Außerdem sah das Konzept die Beitragspflicht für alle Einkunftsarten, also auch für Kapital-, Zins- und Mieteinkünfte, vor. Konsequent umgesetzt bedeutet eine Bürgerversicherung die Auflösung des bisherigen Dualismus von gesetzlicher und privater Krankenversicherung. In der Kurzfassung des Berichtes der Rürup-Kommission1 wurde die Bürgerversicherung wie folgt beschrieben: • Eine die gesamte Bevölkerung umfassende Bürgerversicherung, welche von allen Bürgerinnen und Bürgern in Orientierung am Leistungsfähigkeitsprinzip über einkommensabhängige Beiträge zu finanzieren ist, wobei die personelle Einkommensumverteilung integraler Bestandteil des Systems bleibt. Das zweite von der Rürup-Kommission entwickelte Modell der Gesundheitsprämie wurde wie folgt beschrieben: • Das Konzept pauschaler Gesundheitsprämien, das sich am Prinzip der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung orientiert, bei dem die personelle Einkommensumverteilung aus dem Gesundheitsbereich ausgegliedert und dem Steuer-Transfer-System zugewiesen wird. Sowohl SPD als auch Bündnis 90/Die Grünen entwickelten das Konzept der Bürgerversicherung anschließend weiter. Vor allem im Wahlkampf vor der vorgezogenen Bundestagswahl vom 18. September 2005 spielte die Bürgerversicherung als Reformmodell für die Finanzierungsseite der GKV gegenüber dem von CDU und CSU vertretenen Modell der Gesundheitsprämie eine wichtige Rolle. Im Wahlmanifest der SPD im Hinblick auf die Bundestagswahl im Herbst 2005 wurde die angestrebte Bürgerversicherung wie folgt beschrieben: Wir werden die Krankenversicherung zu einer Bürgerversicherung weiterentwickeln, in der gesetzliche und private Krankenversicherung nebeneinander Bestand haben. Dabei gilt: Jeder muss versichert sein. Auch Gutverdienende, Beamte, Selbstständige und Politiker werden in die solidarische Krankenversicherung einbezogen. Jede Kasse muss jeden und jede ohne Ansehen des Risikos versichern. (…) Jeder zahlt entsprechend seiner Leistungsfähigkeit. Die Beiträge zur Bürgerversicherung richten sich wie bisher nach dem Einkommen – bei Löhnen, Gehältern und Renten. Die Beitragsbemessungsgrenze bleibt bestehen. Zukünftig werden auch Kapitalerträge zur Finanzierung herangezogen. Freibeträge schonen Durchschnittsersparnisse. Mieten und Pachten bleiben beitragsfrei. Im Wahlprogramm 2005 von Bündnis 90/Die Grünen hieß es zur Bürgerversicherung: Wir wollen eine Bürgerversicherung, in die alle gemäß ihrer Leistungsfähigkeit einbezahlen und allen unabhängig von ihrem Geldbeutel die bestmögliche medizinische Versorgung garantiert. Es ist nicht einzusehen, warum sich Beamte, Freiberufler und Politiker durch den Wechsel in die private Krankenversicherung ihrer Solidarität mit den gesetzlich Versicherten entziehen können und nur Lohneinkommen bei der Berechnung der Beiträge einbezogen wird. An der Beitragsparität wollen wir festhalten. In der Gesundheitswirtschaft: citizens insurance bezeichnet ein Reformmodell der Ende 2002 von der Bundesregierung ins Leben gerufenen Rürup-Kommission für die nachhaltige Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Dahinter steht die Idee, künftig alle Bürger – also auch Beamte, Selbstständige und Gutverdiener – in die Solidargemeinschaft der GKV als Pflichtversicherung mit individuellen Beiträgen einzubeziehen, wobei die Finanzbasis auf alle Einkunftsarten, also auch Zinsen, Mieteinnahmen und Aktiengewinne, erweitert werden soll. Als Gegenmodell zur Bürgerversicherung wurde das so genannte Kopfprämien-Modell entwickelt, das ebenfalls von der Rürup-Kommission vorgeschlagen wurde und in ähnlicher Weise auch von der Herzog-Kommission als Modell zur Reform der GKV favorisiert wird. Ansätze aller Reformmodelle fanden Eingang in das von der großen Koalition durchgesetzte GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz.



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