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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Mindestlöhne

Die unterste Grenze für den Stunden-, Wochen- oder Monatslohn, der bei einer bezahlten Tätigkeit einem Arbeitnehmer vergütet werden muss. Dieser Mindestlohn kann entweder vom Gesetzgeber für die gesamte Wirtschaft festgelegt werden oder er wird von Arbeitgebern und Gewerkschaften für die jeweilige Branche vereinbart. Einzelarbeitsverträge mit einem niedrigeren Entgelt sind dann in diesem Punkt nichtig. Die beschäftigungshemmende Wirkung solcher Mindestlohnbestimmungen kann bei bestimmten Problemgruppen durch staatliche Lohnkostenzuschüsse gemildert werden.

In den meisten Staaten der Europäischen Union gibt es staatlich garantierte oder tarifvertraglich fixierte Mindestlöhne sowie andere Mindestarbeitsbedingungen. Sie gehören zu den Schutzvorschriften, durch die sich der europäische Arbeitsmarkt vor allem von den sozialen Verhältnissen in vielen asiatischen, südamerikanischen oder osteuropäischen Ländern unterscheidet. Nur in Großbritanniens gibt es keine tariflichen oder gesetzlichen Mindestlöhne.

Mindestlöhne per Tarifvertrag: In Deutschland, Dänemark, Italien, Finnland, Österreich, und Schweden werden die Löhne und sonstigen Arbeitsbedingungen zwar allein von den Vertretern der Arbeitgeber und Gewerkschaften ausgehandelt. Sie sind aber in der Regel zugleich die Mindestbedingungen. Zwar gilt dies zunächst nur für Arbeitnehmer, die der vertragschließenden Gewerkschaft angehören und in Betrieben beschäftigt sind, die freiwillige Mitglieder im Arbeitgeberverband sind. Aber die Unternehmen wenden die tarifvertraglichen Bestimmungen auf alle Beschäftigten an. Ausnahmen gelten nur für die Führungskräfte und andere außertarifliche Angestellte).

Zur Erfüllung des Tarifvertrages sind zwar zunächst nur die Unternehmen verpflichtet, die Mitglied in einem Arbeitgeberverband sind oder einen Haustarifvertrag abschließen. Aber der Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter zwingt in der Regel auch die anderen Betriebe, mindestens den Tariflohn zu zahlen. Überdies kann der Staat in Deutschland, Österreich, Finnland, Schweden und Italien durch Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit die Anwendung der Tarifverträge auf alle Betriebe und damit auf alle Arbeitnehmer einer Branche erzwingen.

In der Mehrzahl der EU-Länder werden die Arbeitgeber sogar gesetzlich verpflichtet, ihren Mitarbeitern einen bestimmten Mindestlohn zu zahlen. Dies gilt für Belgien, die Niederlande, Frankreich, Griechenland, Irland, Portugal, Luxemburg und Spanien. Der Mindestlohn wird entweder von der Regierung oder einer dafür eingesetzten Kommission festgelegt. Meist geschieht dies in Absprache mit den Arbeitgeberverbänden und den Gewerkschaften. Die Mindestlöhne werden in vielen Ländern im jährlichen Turnus an die allgemeine Wirtschaftsentwicklung angepaßt. Bei der Festlegung der Steigerungsrate spielen die Höhe der Inflation, die konjunkturelle Entwicklung der Wirtschaft sowie die allgemeine Lohnentwicklung als Kriterien die wichtigste Rolle. In Luxemburg sind die Mindestlöhne automatisch an den Preisindex der Lebenshaltung gekoppelt.

Gesetzliche Mindestlöhne werden meist für erwachsene Arbeitnehmer festgesetzt. Die Zahl derjenigen, die tatsächlich zu Mindestlohn- oder Mindestarbeitsbedingungen beschäftigt werden, ist in den meisten EU-Ländern gering. Für Auszubildende und ungelernte Jugendliche werden in der Regel besondere Bestimmungen erlassen. Für sie gelten in den meisten Ländern reduzierte Sätze.

Mindestlöhne sollen den betroffenen Arbeitnehmern und ihren Familien einen ausreichenden Unterhalt sichern und dafür sorgen, dass sie an der allgemeinen Entwicklung des Lebensstandards teilnehmen. Sie sollen auch verhindern, dass die staatliche Sozialhilfe ergänzend einspringen muss. Ein weiteres Argument ist, dass sich in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit nur durch die Festlegung von Mindestarbeitsbedingungen und Mindestlöhnen verhindern lasse, dass die Not der Arbeitsuchenden ausgenutzt werde. Die Gegner solcher Regelungen führen dagegen an, dass sich auch in diesem Fall der beabsichtigte Schutz bestimmter Personengruppen ins Gegenteil verkehren kann. Die Argumente:

  • Mindestlöhne vermindern den Lohnabstand zwischen qualifizierten und unqualifizierten Arbeitnehmern. Eine lange Ausbildung wird nicht mehr ausreichend finanziell belohnt. Das verringere den Anreiz zur Qualifizierung.
  • Wenn der Mindestlohn aus politischen oder sozialen Gründen zu hoch festgesetzt wird und damit nicht mehr der Leistung entspricht, geraten die entsprechenden Arbeitsplätze unter die Rentabilitäts-Schwelle. Deshalb verzichten die Betriebe dann auf die Einstellung unqualifizierter und entsprechend wenig produktiver Arbeitnehmer. Statt dessen forcieren sie den Einsatz arbeitssparender Technologien. Die Folge ist eine Zunahme der Arbeitslosigkeit und vor allem auch der Langzeitarbeitslosen innerhalb der Gruppe der gering qualifizierten Jugendlichen und Erwachsenen.
  • Insbesondere die Beschäftigung von Jugendlichen ist für die Betriebe oftmals zu teuer, weil deren Produktivität bei Berufseintritt meist noch gering ist.

Zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit wurde deshalb in den meisten EU-Ländern für Jugendliche und Auszubildende die Mindestlohnsätze stark reduziert. Um die Beschäftigung von Behinderten oder Langzeitarbeitslosen für die Betriebe rentabel zu machen, gewähren viele Länder einen Lohnkostenzuschuss oder andere Hilfen für die Zeit der Ausbildung oder Einarbeitung.



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