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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Risikomanagement, umweltorientiertes

1. Die wachsende Relevanz des umweltorientierten Risikomanagements Unternehmen stehen in ihrer Auseinandersetzung mit den ökologischen Folgen ihres Handelns seit Beginn der achtziger Jahre vor einem neuen Phänomen: Im stetig gestiegenen öffentlichen Umweltbewußtsein in den meisten Industrienationen dominieren ökologische Bedrohungspotentiale, welche durch unternehmerisches Handeln verursacht werden. Diese Bedrohungspotentiale - im folgenden als ökologische Unternehmensrisiken bezeichnet - stellen eine zentrale unternehmerische Herausforderung dar. Ökologische Unternehmensrisiken haben ihre Ursache u. a. in einem signifikanten Wandel der Erscheinungsformen von Umweltschäden und in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit diesen Folgen unternehmerischen Handelns auf die ökologische Umwelt. Dies wird deutlich, wenn man sich den Beginn der gesellschaftlichen Umweltdiskussion - etwa ab Ende der sechziger Jahre - vor Augen führt, welche sich vornehmlich auf physisch wahrnehmbare, faktisch vorhandene Schäden bezog: Lärm, Abwasser, Abgase, Altlasten und Ressourcenverschwendung als ökologisch relevante Folgen unternehmerischen Handelns sind zähl-, maß- und wiegbar und damit objektiv wahrnehmbar und handhabbar. Ganz im Gegensatz dazu stehen die Bedrohungen der ökologischen Umwelt, wie z. B. die potentielle Erderwärmung, potentielle Folgen der Gentechnologie, potentielle Folgen der Verwendung, des Transports und der Lagerung radioaktiven Materials, potentielle Folgen der Rinderseuche BSE, das Katastrophenpotential der Großchemie usw., welche etwa seit Mitte der achtziger Jahre die Auseinandersetzung mit den ökologischen Folgen unternehmerischen Handelns bestimmen. Diese Schäden sind der unmittelbaren, objektivierbaren Wahrnehmung verschlossen und existieren als subjektiv wahrgenommene Bedrohungen in der Hauptsache im Bewußtsein der Bevölkerung. Je stärker allerdings diese Bedrohungspotentiale in das Bewußtsein der Bevölkerung rücken und damit auch handlungsrelevant werden, desto stärker wird der Druck auf Unternehmen, sich mit diesen Risiken auseinander zu setzen. Der Unsicherheitsaspekt ökologischer Probleme tritt jedoch nicht nur bei der Betrachtung der Schäden in der ökologischen Umwelt in den Mittelpunkt. Nicht nur die Beschädigung der Ökosphäre, sondern auch die ökonomisch relevante Konsequenz fir das Unternehmen aus dem potentiellen und faktischen Schaden stellt ein Risiko dar. Dies wird deutlich, wenn man einen Blick auf die Akteure der Umweltpolitik wirft. Zu Beginn der Auseinandersetzung mit Umweltschutz erfolgte die Internalisierung der durch unternehmerisches Handeln verursachten Umweltbelastungen grundsätzlich durch Regierungsinstitutionen im Wege ordnungsrechtlicher Instrumente wie Geoder Verbote, Gebühren, Abgaben, technische Anleitungen etc. Die Vorgaben waren ihrem Charakter und ihrer Höhe nach bekannt, ihre Wirkungen daher vorhersehbar, und sie konnten damit - oftmals freilich mit der Folge steigender Kostenbelastungen - in unternehmerische Planungen einfließen. Wie bereits oben skizziert, gelingt den Regierungsinstanzen diese zielgenaue Regelung von Umweltschäden angesichts der industriellen Bedrohungspotentiale nicht mehr. Die Ursachen sind vielfältig: Zum Teil sind die zu regulierenden Folgen noch nicht einmal konkret bekannt, was bei der Gentechnologie lehrbuchhaft deutlich wird; zum Teil fehlt auch die Kenntnis betrieblicher Risiken, da diese zumeist erst durch Katastrophen evident werden; zum Teil bestehen auch wissenschaftliche Kenntnisdefizite über die wirklichen Ursachen bestimmter Schäden, was z. B. in der Diskussion um den anthropogenen Treibhauseffekt immer wieder deutlich wird; vielfach fehlt auch der politische Wille zur Handhabung der Umweltbedrohungen, weil dadurch grundlegende Eingriffe in den gesellschaftlichen Lebensstil und in industrielle Strukturen notwendig wären. Dies wird z. B. in der Kernenergiedebatte, in der Abfallgesetzgebung sowie in der Diskussion um eine ökologische Steuerreform deutlich. Der Mangel an Wille und Fähigkeit zu politischer Gestaltung führt dazu, daß zunehmend andere gesellschaftliche Akteure die Handhabung ökologischer Bedrohungen übernehmen. Ein klassisches Beispiel dafür, wie diese Bedrohungen von Nicht-Regierungsorganisationen bis hin zu weiten Teilen der sensibilisierten Bevölkerung aufgegriffen und einer Handhabung zugeführt werden, ist nach wie vor die ursprünglich beabsichtigte Versenkung der Ölplattform Brent Spar. Gesellschaftliche Reaktionen auf unternehmerische Bedrohungspotentiale sind jedoch aufgrund der Neuartigkeit der Akteursstrukturen, der Vielschichtigkeit der Reaktionsarten sowie der Neuartigkeit von Koalitionsbildungen - von Bürgerinitiativen über Interessengruppen bis hin zur spontanen, informellen Solidarisierung von Konsumenten - in ihrem Charakter selbst ungewiß. Im Ergebnis stellen damit nicht nur die Schäden unternehmerischen Handelns in der ökologischen Umwelt Risiken dar, sondern auch die gesellschaftlich artikulierten, ökonomisch relevanten Reaktionen darauf müssen aus Unternehmenssicht als Risiken betrachtet werden. Beide Aspekte stellen grundlegende Objektbereiche des anthropogenen dar. 2. Das Phänomen des ökologischen Unternehmensrisikos Der zentrale Objektbereich des umweltorientierten Risikomanagements stellt das ökologische Unternehmensrisiko dar. Dieses Phänomen ist zunächst aus betriebswirtschaftlicher Sicht genauer zu umreißen. Das in der Literatur dominierende Risikoverständnis, welches sich in überwiegender Zahl in den Kategorien von Eintrittswahrscheinlichkeiten und Schadenshöhen sowie deren multiplikativer Verknüpfung bewegt, erscheint bei ökologischen Risiken wenig operational. Zum einen erweist sich die Festlegung von Eintrittswahrscheinlichkeiten bei bestimmten ökologischen Risiken als kaum - und dann in vielen Fällen auch nur mit einiger Willkür - möglich. Ähnliches gilt für die Festlegung von Schadenshöhen in diesem Bereich, die ohnehin nur mittels von enormer Subjektivität gekennzeichneter Schätzungen aufzustellen sind. Ferner ist die Struktur ökologischer Risiken in vielen Fällen - beispielhaft sei das Risiko eines „größten anzunehmenden Unfalls“ (GAU) in einem Kernkraftwerk angeführt - dergestalt, daß die Eintrittswahrscheinlichkeit gegen Null und die Schadenshöhe gegen Unendlich läuft, so daß die Bildung des Produkts sowohl mathematisch unmöglich, als auch ökonomisch nicht aussagefähig ist. Zum anderen erscheint es aber auch in der vorliegenden Fragestellung unnötig, einen auf die Quantifizierung von Risiken abstellenden Begriff einzuführen. Denn im Rahmen des umweltorientierten Risikomanagements steht weniger die exakte Quantifizierung als vielmehr die Lokalisierung und Allokation von Risiken im Mittelpunkt der Überlegungen. Daher kann im folgenden unter dem Begriff des „Risikos“ die negative Abweichung der geplanten Zielgröße von der realisierbar erscheinenden Zielgröße verstanden werden. Übertragen auf den Kontext ökologischer Risiken läßt sich ein bestimmter tolerierter Standard an Umweltbelastung als geplante Größe interpretieren. Entsprechend liegt ökologisches Risiko dann vor, wenn sich die Möglichkeit einer Verletzung dieses Standards als wahrscheinlich erweist - sprich: eine negative Abweichung der realisierbar erscheinenden von der geplanten Zielgröße auftritt. Aus unternehmerischer Sicht sind jedoch in anderer Hinsicht weitere Differenzierungen notwendig, die sich aus der Struktur und der Wirkungsweise ökologischer Risiken ergeben. Denn ökonomisch sind solche Risiken nur relevant, wenn der durch unternehmerische Aktivität entstandene Umweltschaden zu ökonomischen Konsequenzen für das Unternehmen führt. Folglich setzt sich ökologisches Unternehmensrisiko aus zwei Komponenten zusammen. Zunächst besteht es aus dem ökologischen Risiko im engeren Sinne, welches darin besteht, daß durch unternehmerisches Handeln ein Schaden in der ökologischen Umwelt des Unternehmens entsteht. Bedeutsam wird dieser Vorgang jedoch für das Unternehmen nur dann, wenn dieser Umweltschaden auch ökonomische Konsequenzen nach sich ziehen kann und damit ein ökonomisches Risiko für das Unternehmen begründet. Dies ist beileibe nicht für alle Umweltschäden selbstverständlich. Man denke an die vielen Umweltschäden, die nicht identifiziert bzw. mangels Beweisen den Unternehmen nicht angelastet werden. Denkbar ist auch die Situation - etwa sichtbar geworden an der Altlastenproblematik - daß der Umweltschaden erst zu einem Zeitpunkt entdeckt wird, wenn die Unternehmung nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden kann. 3. Ausgangssituationen des umweltorientierten Risikomanagements Damit sind grundsätzlich nur zwei Situationen denkbar, in denen ökologisches Unternehmensrisiko definitionsgemäß vorliegt. Einerseits entsteht ökologisches Unternehmensrisiko, wenn sowohl der Eintritt eines Umweltschadens als auch entsprechende ökonomische Konsequenzen ungewiß sind. In diesem Fall liege dann ein ökologisches Risiko i. e. S. sowie daran anschließend ein ökonomisches Risiko vor. Andererseits entsteht ökologisches Unternehmensrisiko dann, wenn ein Umweltschaden bereits eingetreten ist, aber die ökonomischen Konsequenzen noch ungewiß sind. In diesem Fall liege allein ein ökonomisches Risiko vor. Diese Unterscheidung erscheint in vorliegendem Kontext deshalb zwingend, weil in beiden Fällen völlig unterschiedliche Strategien und Instrumente des umweltorientierten Risikomanagements angewendet werden müssen. Unter dem Aspekt des Managements ist allerdings noch eine weitere Differenzierung unbedingt erforderlich: Schaut man sich den Begriff des Umweltschadens als Basis ökonomischer Sanktionen gegen das Unternehmen genauer an, so wird deutlich, daß auch hier zwei Fälle unterschieden werden müssen. Es ist zunächst einleuchtend, daß unter diesem Begriff in jedem Fall Vorgänge wie etwa ein Überschreiten der zulässigen Emissionsgrenzwerte im Abwasser einer chemischen Produktionsanlage oder ein Störfall in einem Kernkraftwerk subsumiert werden müssen. Jedes meßbare und damit objektivierbare Überschreiten von Grenzwerten führt zu einem Umweltschaden, der ökonomische Sanktionen für das Unternehmen auslösen kann. Aber auch der Fall, daß eine bestimmte, bislang als bedenkenlos eingestufte Substanz in den Einsatzgütern der Produktion oder in den Produkten selbst über Nacht zum „Schadstoff der Woche“ gekürt wird, muß hierunter gezählt werden. Man denke auch an Fälle, in denen lange akzeptiertes unternehmerisches Verhalten nicht länger toleriert wird. Generell steckt hinter solchen Ereignissen das Problem, daß viele „Umweltschäden“ in modernen Gesellschaften erst durch bestimmte Informationen, neue Forschungsergebnisse oder die Berichterstattung in den Medien als solche definiert werden. Damit existieren Umweltschäden und damit auch ökologisches Risiko i. e. S. zu einem großen Teil in der subjektiven Wahrnehmung der Individuen, unabhängig von bestimmten, objektivierbar definierten Grenzwerten liegen vor allem psychologisch zu erklärende Mechanismus führt dazu, daß nicht allein objektivierbare, sondern ganz entscheidend auch wahrgenommene Umweltschäden Basis für ökonomische Sanktionen gegen das Unternehmen sein können. Dabei ist es aus unternehmerischer Sicht wegen der komplexen Wirkungsketten gerade von Schäden in der ökologischen Umwelt oftmals völlig unerheblich, über die Berechtigung dieser Wahrnehmung zu diskutieren. Mitunter erweist sich auch gerade die Wahrnehmung von Umweltschäden und -risiken als Projektion und damit auch als Ventil eines generell im Lebensgefühl der Betroffenen vorhandenen Erlebens der Bedrohung der natürlichen Lebensgrundlagen durch die technische Zivilisation, so daß die Ablehnung einer konkreten unternehmerischen Aktivität nur eingeschränkt einem rationalen Diskurs zugänglich ist. 3.1. Ökologisches Unternehmensrisiko durch einen potentiellen Umweltschaden Zunächst sei die Situation diskutiert, daß der Eintritt eines Umweltschadens noch ungewiß ist und damit ein ökologisches Unternehmensrisiko, bestehend aus dem ökologischen Risiko i.e.S. sowie dem ökonomischen Risiko, begründet wird. Das obere Feld der Spalte beschreibt einen Umweltschaden, der intersubjektiv wahrnehmbar, meßbar und damit objektivierbar stattfinden kann (objektivierbarer potentieller Umweltschaden). In diesem Fall liegt für das Unternehmen erstens das Risiko vor, daß dieser Umweltschaden eintritt, und zweitens das Risiko, daß dieser Umweltschaden zu ökonomischen Konsequenzen für das Unternehmen führt. Das untere linke Feld beschreibt die Situation, daß ein bestimmter Umweltschaden vor allem in der Wahrnehmung der Betroffenen aus der Unternehmensumwelt als möglich angesehen wird. Dabei bezieht sich die Wahrnehmung sowohl auf die Frage, ob ein bestimmtes Ergebnis unternehmerischer Aktivität als Umweltschaden zu interpretieren ist, als auch auf die Frage, wie wahrscheinlich ein bestimmter Umweltschaden überhaupt ist. Während über die Wahrscheinlichkeit von Unfällen bei Gefahrguttransporten oder kleineren Betriebsstörungenin Chemieanlagen empirische Daten vorliegen, die objektivierbare Aussagen zulassen, ist man bei einer Vielzahl von möglichen Umweltschäden auf subjektive oder theoretisch-modellhaft ermittelte Wahrscheinlichkeitsaussagen angewiesen. Dies führt im Ergebnis dazu, daß je nach Standpunkt die potentiellen Umweltschäden einer Technologie wie der Kernenergie für die einen als unwahrscheinlich und damit vernachlässig-bar gelten, während für die anderen allein die prinzipielle Möglichkeit (d. h. eine Wahrscheinlichkeit ungleich Null) des „Super-GAU“ diesen zu einem wahrgenommenen potentiellen Umweltschaden werden lassen. 3.2. Ökologisches Unternehmensrisiko durch einen faktischen Umweltschaden Vergleichsweise einfach ist der Fall, in dem ein Umweltschaden bereits eingetreten ist. Handelt es sich um einen objektivierbar faktischen Umweltschaden, besteht das ökologische Unternehmensrisiko allein noch in der unsicheren ökonomischen Reaktion der Betroffenen. Dies bezieht sich dann weniger auf Fälle, in denen an bestimmte Umweltschäden gesetzlich festgelegte Konsequenzen wie Strafgebühren oder Abgaben bis hin zu Betriebsstillegungen geknüpft sind, weil diese in der Regel nach Art und Höhe festgelegt und damit nicht länger unsicher sind. Gedacht ist vielmehr vor allem an solche Fälle, in denen mit nicht vorhersehbaren Umstellungen des Konsumentenverhaltens, Änderungen der Gesetzgebung oder öffentlichen Boykottmaßnahmen gerechnet werden muß. Alsdann ist die Situation zu betrachten, daß ein bestimmter Umweltschaden nicht objektivierbar, sondern vor allem in der Wahrnehmung der betroffenen Öffentlichkeit existiert (wahrgenommener faktischer Umweltschaden). Hier bezieht sich die Wahrnehmung naturgemäß nicht auf die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Umweltschadens, denn dieser hat ja in der Wahrnehmung der Betroffenen bereits stattgefunden. Vielmehr liegt hier das Problem vor, daß bestimmte Ergebnisse unternehmerischer Aktivität als schädlich - oder schädlicher als nach objektivierbaren Kriterien ermittelt - wahrgenommen werden. Hier sind Beispiele von Unternehmen der Lebensmittelindustrie zu nennen, in deren Produkten ein bestimmter Schadstoff gefunden wurde und die sich deshalb von seiten der Konsumenters einer generellen Ablehnung ausgesetzt sahen, obwohl der Schadstoff nur in einem sehr kleinen Teil der Produktion vorlag. 4. Aufgabenfelder des umweltorientierten Risikomanagements Analog zur Definition ökologischer Unternehmensrisiken untergliedert sich umweltorientiertes Risikomanagement in zwei grundlegende Teile (Abb. 3). Der eine Teil hat das Management des ökologischen Unternehmensrisikos i. e. S. zum Gegenstand und sei hier als emissionsorientiertes Risikomanagement bezeichnet. Dieser Teil des Management ökologischer Unternehmensrisiken hat zum Ziel, daß durch unternehmerisches Handeln keine Schäden in der ökologischen Umwelt entstehen, oder in der Sprache des Modells, daß aus potentiellen Umweltschäden keine faktischen Umweltschäden werden. Analog zu der Definition ökologischer Unternehmensrisiken kann auch hier wieder unterschieden werden zwischen dem Management des objektivierbaren potentiellen Umweltschadens und dem des wahrgenommenen potentiellen Umweltschadens. Ersterer Bereich befaßt sich mit dem tatsächlich meßbar von Unternehmen verursachten potentiellen Umweltschaden und greift funktionell auf das unternehmerische Umweltmanagement zurück. Letzterer Bereich hat als Objektbereich jene Umweltschäden, die aufgrund unternehmerischen Handelns in der Wahrnehmung der Stakeholder des Unternehmens existieren. Hier liegt schwerpunktmäßig eine Aufgabe für die unternehmerische Risikokommunikation vor. Demgegenüber steht der andere Teil des umweltorientierten Risikomanagements, welcher hier als reaktionsorientiertes Management ökologischer Unternehmensrisiken bezeichnet werden soll. Dieser Teil befaßt sich auf Basis des faktischen Umweltschadens mit der potentiellen Reaktion der Stakeholder, m. a. W. mit dem ökonomischen Risiko. Auch hier soll wiederum analog zur Definition des ökologischen Unternehmensrisikos in das Management des objektivierbaren und des wahrgenommenen faktischen Umweltschadens differenziert werden. Dies erscheint sowohl aus Gründen der definitorischen Konsistenz als auch aus praktischen Erwägungen sinnvoll, da speziell der Bereich objektivierbarer faktischer Umweltschäden oftmals Reaktionen auf vornehmlich juristischer Ebene hervorruft und deshalb auf eine besondere Klasse institutioneller Designs zurückgreift. Generell kann allerdings für den weitaus größten Teil der faktischen Umweltschäden gesagt werden, daß sie für Unternehmen vor allem auf Basis der Wahrnehmung der Stakeholder relevant werden, so daß eine genaue Differenzierung beider Kategorien oftmals schwierig ist. Die Hauptfunktion des Management ökologischer Unternehmensrisiken besteht hier in der Gestaltung institutioneller Arrangements, welche die potentielle ökonomische Reaktion der Stakeholder im Rahmen einer Transaktion in eine sichere Größe verwandeln sollen. 5. Emissionsorientiertes Management ökologischer Unternehmensrisiken Als ein Teil des allgemeinen Risikomanagement des Unternehmens kann für emissionsorientiertes Management ökologischer Unternehmensrisiken eine doppelte Zielsetzung unterstellt werden. Zum einen können ungeplante -Emissionen und damit Umweltschäden auf ökonomisch ineffizientes Verhalten zurückgeführt werden, da bzw. sofern man unterstellen kann, daß die Pläne des Unternehmens auf ein bestimmtes, akzeptiertes Maß an Umweltbelastung zugeschnitten sind. Geht man weiter davon aus, daß die Pläne auf eine ökonomisch optimale Allokation der Ressourcen im Unternehmen abstellen, muß jede Planabweichung dann logisch als eine Verschwendung von Ressourcen und damit als Ursache zusätzlicher Kosten interpretiert werden. Zum anderen können diese Umweltschäden die Basis möglicher ökonomisch relevanter Sanktionen gegen das Unternehmen sein und damit indirekt auch Ursache zusätzlicher Kosten bzw. ausbleibender Erlöse. Aufbauend auf der Systematisierung ökologischer Unternehmensrisiken sind zwei Sphären zu unterscheiden: Einerseits sind die Aktivitäten rein auf das Unternehmen selbst fokussiert. Das umfaßt alle jene Bereiche des Unternehmens, in denen z. B. risikobehaftete Produktionsverfahren zur Anwendung kommen, gefährliche Stoffe gelagert werden oder sensible Forschungsvorhaben ausgeführt werden, d. h. überall dort, wo sich die Quellen eines potentiellen Umweltschadens befinden. Management ökologischer Unternehmensrisiken ist hier mit dem allgemeinen Umweltmanagement gleichzusetzen und knüpft an der Gestaltung der tatsächlichen Stoffströme an. Dies beinhaltet zuvorderst eine Orientierung am gesamten Produktlebenszyklus. Hier richtet sich das Management ökologischer Unternehmensrisiken darauf aus, welche potentiellen Umweltschäden in der jeweiligen Produktlebensphase auftreten und wie diese gemanagt werden können, so daß sie nicht zu faktischen Umweltschäden werden. Zudem richtet sich das Management ökologischer Unternehmensrisiken auf jene ökologischen Risiken i .e. S. aus, die sich aus der Gesamtheit des Lebensweges eines Produktes ergeben. Sie stellen eine Längsschnittbetrachtung entlang des Stofflusses über dessen einzelne Phasen hinweg dar. Andererseits sind die Aktivitäten auf jenes Umfeld des Unternehmens fokussiert, in dem die Umweltschäden wahrgenommen werden. Im trivialen Fall werden Risiken unterschätzt, was im vorliegenden Zusammenhang keiner weiteren Erörterung bedarf Der hier relevante Fall, daß die Risiken größer als tatsächlich eingeschätzt werden, muß vor allem auf die asymmetrische Informationsverteilung zwischen dem Unternehmen und der betroffenen Öffentlichkeit zurückgeführt werden. Ausgangspunkt der Überlegungen ist dabei ein einfaches Modell, welches in Abb. 4 (modifiziert entnommen aus Zerfaß) dargestellt ist. Im oberen Teil dieser Abbildung findet sich der Risikokommunikationsprozeß als solcher, welcher in drei wesentliche Abschnitte zerfällt. Zunächst findet durch den Kommunikator (im vorliegenden Kontext das Unternehmen) eine Mitteilungshandlung statt. Beispielsweise kann dies in der Mitteilung eines Unternehmens bestehen, gentechnisch behandeltes Gemüse für seine Produkte zu verwenden. Diese Mitteilungshandlung kann zudem gekoppelt sein mit einer weiteren, z. B. auf die „wissenschaftliche Unbedenklichkeit“ solcher Produkte fokussierenden Zusatzinformationen. Alsdann schließt sich bei dem Rezipient der Information eine Verstehenshandlung an. Diese kann z. B. darin bestehen, daß der Kunde mit dem Konsum der Produkte Ungefährlichkeit assoziiert. Er konstruiert also nun seine subjektive Vorstellung von dem Risiko, das mit dem Konsum der Produkte des Unternehmens verbunden ist. Die Mitteilungshandlung des Unternehmens bildet dazu allenfalls einen wichtigen Ausgangspunkt. Diese Verstehenshandlung kann aber auch z. B. zu dem Ergebnis führen, daß der Kunde aufgrund weitergehender Informationen aus den Medien, aufgrund von Misstrauen oder anderer situativer Faktoren generell den Konsum von gentechnisch behandelten Produkten ablehnt. Diese Verstehenshandlung, die in der subjektiven Konstruktion einer sozialen Realität besteht, bildet nun den Ausgangspunkt für eine Anschlußhandlung des Stakeholders. Sie wird - je nach Resultat der Verstehenshandlung - im Konsum oder im Konsumverzicht bestehen. Ruft man die Definition des ökologischen Risikos ins Gedächtnis, so bezieht sich die Verstehenshandlung zunächst auf die Kommunikation des potentiellen Umweltschadens, m. a. W. darauf, mit welchen Daten über das ökologische Risiko i. e. S. das Unternehmen seine Stakeholder versorgt. Daran schließt sich nunmehr ein Wahrnehmungsprozeß an. Der hier mit Anschlußhandlung bezeichnete Vorgang stellt die potentielle ökonomische Konsequenz des potentiellen Umweltschadens, mithin also das ökonomische Risiko des Kommunikators Unternehmen, dar. 6. Reaktionsorientiertes Management ökologischer Unternehmensrisiken Der Gegenstand des reaktionsorientierten Managements ökologischer Untemehmensrisiken besteht darin, unsichere Reaktionen der Stakeholder auf Schäden in der ökologischen Umwelt durch unternehmerisches Handeln in sichere Reaktionen zu verwandeln. Dabei steht die Überlegung im Mittelpunkt, die Beziehung des Unternehmens zu seinen Stakeholdern als Transaktionsrelation zu beschreiben, da zwischen dem Unternehmen und den Stakeholdern eine Art ökonomischer Tausch stattfindet: Das Unternehmen setzt einen für den Stakeholder relevanten Teil der ökologischen Umwelt einer Belastung oder Bedrohung aus. Im Gegenzug artikuliert der Stakeholder eine für das Unternehmen ökonomisch relevante Reaktion. Der Austausch erfolgt im Rahmen eines bestimmten, situativ zu wählenden institutionellen Arrangements. So regelt z. B. ein Arbeitsvertrag den Austausch zwischen einem potentiellen oder faktischen Umweltschaden (z. B. bei Arbeiten mit erhöhter gesundheitlicher Belastung) und der dazugehörigen ökonomischen Kompensation (z. B. in Form einer Staub- oder Gefahrenzulage). Die Funktion der Institution (hier der Arbeitsvertrag) besteht darin, die ökonomisch relevante Reaktion des Stakeholders aus einer unsicheren in eine sichere Größe zu transferieren. 6.1. Arten von Stakeholder für das umweltorientierte Risikomanagement Allerdings sind solche vergleichsweise einfachen Transaktionsdesigns nur in der Beziehung des Unternehmens zu wenigen Stakeholdem anzutreffen. Überall dort, wo das Unternehmen institutionalisierte Beziehungen zu den Stakeholdern unterhält, können diese Strukturen in der Regel auch zum Management der ungewissen Reaktionen auf Schäden in der ökologischen Umwelt gut genutzt werden. Dagegen ist das eigentliche Handlungs- und Gestaltungsfeld des umweltorientierten Risikomanagements die Beziehung zu jenen Stakeholdem, zu denen das Unternehmen zunächst keine institutionalisierte Beziehung unterhält: Eine Verbraucherschutzorganisation oder eine Bürgerinitiative artikuliert grundsätzlich nur eine ökonomische Konsequenz seitens der Stakeholder auf unternehmerisch verursachte Umweltschäden. Als Institutionen sind diese Organisationen jedoch zunächst nicht auf einen Austausch in Form einer Transaktion angelegt. Daher ist für das umweltorientierte Risikomanagement eine detaillierte Analyse der Struktur und der Wirkungsmechanismen dieser ökonomischen Konsequenzen notwendig, da diese aus verschiedenen Richtungen auf das Unternehmen zukommen können. Aus Sicht des ökologischen Risikos ergibt sich eine Stakeholder-Struktur, die die Interaktionsumwelt des Unternehmens in vier Sektoren unterteilt. Abb. 5 zeigt im Überblick die vier verschiedenen relevanten Bereiche sowie die jeweils unterschiedlichen Abgrenzungskriterien. Damit knüpft diese Systematisierung an der Definition des ökologischen Unternehmensrisikos an, indem einerseits Umweltschäden (potentielle und faktische) und andererseits ökonomische Konsequenzen das Zentrum des Modells darstellen. Diese ökonomischen Konsequenzen gelangen aus vier verschiedenen Richtungen auf das Unternehmen zu. Diese vier Sektoren unterscheiden sich hinsichtlich zweier Kriterien: Kriterium 1 stellt auf die Nachweisbarkeit des Verursachers von Umweltschäden ab. In der sog. „Kulpabilitätsumwelt“ des Unternehmens kann dieser Nachweis geführt werden: Unfälle mit Grund- oder Oberflächenwasserkontamination in einem Chemiebetrieb sind ein klassisches Beispiel für direkte Nachweisbarkeit des Verursachers. In der sog. „Kulpablitätsumwelt“ gelingt dieser Nachweis indes nur indirekt: So ist das Risiko der Erderwärmung zwar allgemein auf die Verbrennung fossiler Brennstoffe zurückzuführen, es kann jedoch nicht dem Betreiber eines einzelnen Kraftwerks zugeordnet werden. Kriterium 2 stellt auf den institutionellen Charakter der Beziehung zwischen Unternehmen und Stakeholdern ab. Ausgehend vom Ursprung (0/12 Uhr) nehmen die ökologischen Risiken in dieser Darstellung im Uhrzeigersinn zu. Während im Verhältnis zu den Angestellten (inkl. Arbeiter) die Ungewissheit über potentielle ökonomische Konsequenzen wegen der Existenz von vertraglich festgelegten Transaktionsstrukturen institutionell sehr gering ist, tritt sie bei Konsumenten verstärkt dort auf, wo die marktlichen/vertraglichen Institutionen den Konsumenten nicht mehr institutionell direkt mit dem Unternehmen verknüpfen und die potentielle ökonomische Konsequenz sich andere Wege sucht, z. B. über Verbraucherschutzorganisationen. Die Politische Umwelt weist generell das Problem der indirekten Verbindung von betroffenen Bürgern und Unternehmen auf, die nur mittelbar über den Weg für sie handelnder politischer Institutionen hergestellt werden kann. Im Bereich der Globalen Umwelt entfällt die Existenz solcher bilateraler, einen Austausch ermöglichender Institutionen ganz, so daß hier das ökologische Risiko in dieser Transaktionsrelation als am höchsten einzustufen ist. 6.2. Grundformen des reaktionsorientierten Management ökologischer Unternehmensrisiken In der Beziehung von Unternehmen und Stakeholdem ist in den vergangenen Dekaden eine schier unüberblickbare Anzahl unterschiedlichster Interaktionsdesigns sowohl wissenschaftlich diskutiert als auch praktisch erprobt und umgesetzt worden. Dabei stellen sich die zahlreichen Interaktionsdesigns aus Sicht des unternehmerischen Risikomanagements als Instrumente eines umfangreichen „Werkzeugpools“ dar, aus dem in Abhängigkeit situativer Erfordernisse das jeweils passende Design zu wählen ist. Die Aufgabe des Risikomanagements besteht dabei darin, solche Instrumente auszuwählen, bei denen ein möglichst idealer Fit zwischen Charakteristika der Problemsituation einerseits und anzuwendendem institutionellen Interaktionsdesign andererseits vorliegt. Zu diesem Zweck ist es notwendig, die verschiedenen denkbaren institutionellen Arrangements anhand relevanter Kriterien zu charakterisieren. Im folgenden werden fünf verschiedene Kriterien vorgeschlagen. Dabei wird deutlich, daß umweltorientiertes Risikomanagement eine in hohem Maße auf interdisziplinäres Fachwissen rekurrierende Aufgabe darstellt. Aus ökonomischer Sicht ist ein entscheidendes Kriterium die Eignung einer Institution zum ökonomischen Tausch. Das institutionelle Arrangement dient dabei zunächst - wie oben bereits angedeutet - zum Austausch von (Verfügungs-)Rechtspositionen: Das Unternehmen erhält vom Stakeholder das Recht, einen Teil seiner ökologischen Umwelt „zu benutzen“, der Stakeholder erhält im Gegenzug eine ökonomisch relevante Kompensation. Diese Fähigkeit beschreibt das Kriterium der Transaktionseffizienz. Darüber hinaus zeigt die Praxis, daß die Höhe der Kompensation oftmals ganz entscheidend von dem Informationsstand der beteiligten Stakeholder abhängt. Daher ist ein wichtiges Charakteristikum aus ökonomischer Sicht auch die Fähigkeit einer Institution, zwischen den involvierten Partnern einen Informationsaustausch zu ermöglichen. Sie wird im folgenden mit dem Kriterium der Informationseffizienz beschrieben. Die unterschiedlichen institutionellen Arrangements zum Risikomanagement bringen Ergebnisse hervor, deren juristischer Status durchaus sehr unterschiedlich ausfallen kann. Denkbar sind als ein Extrem vertraglich fest vereinbarte Ergebnisse, wie sie z. B. die Betriebsgenehmigung einer staatlichen Behörde darstellt. Als anderes Extrem kann man z. B. das im angelsächsischen Raum diskutierte Instrument des „Informal Dialogue“ ansehen, bei dem sich Unternehmen und Stakeholder zu einem unverbindlichen Informationsaustausch über ein bestimmtes Risikofeld treffen und dessen Ergebnis keinerlei rechtliche Verbindlichkeit aufweisen können. Aus juristischer Sicht ist daher das Kriterium der Grad der Rechtsbindung des institutionellen Arrangements anzuführen. Aus soziologischer Sicht läßt sich bei der Analyse von Risikokonflikten zwischen Unternehmen und ihrem gesellschaftlichen Umfeld ein weiteres relevantes Phänomen identifizieren. Durch die extreme Arbeitsteilung moderner Gesellschaften erfolgt der Austausch zwischen Unternehmen und der Gesellschaft nur sehr anonym: Der Stromverbraucher z. B. verbraucht zwar den Strom des Atomkraftwerkes, steht mit diesem jedoch in keiner weiteren Beziehung. Unter diesen Bedingungen ist nachvollziehbar, daß Konflikte über Umweltrisiken von Technologien oftmals nur sehr isoliert unter dem Aspekt der Bedrohung, nicht jedoch in einer Gesamtschau aller relevanten Faktoren diskutiert werden. Ein anderes Beispiel sind Konflikte um Produktionsstandorte, bei denen es Unternehmen oftmals mangels sozialer Schnittstellen zu ihren Stakeholdern nicht gelingt, deren Präferenzen zu berücksichtigen und sie infolgedessen erst in relativ späten Projektphasen mit deren Widerstand konfrontiert werden, mit der Folge eines hohen ökonomischen Projektrisikos. Innovative institutionelle Arrangements zur Kooperation zwischen Unternehmen und Stakeholdern haben daher auch die Aufgabe, für das Unternehmen die weitgehend anonymen Beziehungen des Unternehmens gerade zu jenen Stakeholdern zu aktivieren, welche besonders Quelle ökonomischer Risiken sein können. Diese Fähigkeit von Institutionen soll im folgenden mit dem Kriterium der sozialen Einbettung beschrieben werden. Risikokonflikte sind grundsätzlich zunächst Gegenstand staatlicher Gesetzgebung, die z. B. in Grenzwerten für Schadstoffeintragungen in die natürliche Umwelt Ausdruck finden. Wie eingangs auch angedeutet, ist bei einer wachsenden Anzahl von Umweltrisiken zu beobachten, daß nicht der Gesetzgeber, sondern bestimmte Stakeholder der jeweils betroffenen Unternehmen ohne staatliche Beteiligung die Normen des Umgangs mit der ökologischen Umwelt in einem konkreten Risikofeld setzen. Einige institutionelle Arrangements der UnternehmenStakeholder-Beziehung sind hierzu sehr gut geeignet, während andere nur sehr eingeschränkt für solche normsetzenden, und damit politischen, Prozesse offen stehen. Dieses Charakteristikum von Institutionen sei mit dem Begriff der politischen Normsetzungsfähigkeit umschrieben. Es zeigt sich, daß die verschiedenen Designs sich in ihren Profilen z. T. erheblich voneinander unterscheiden. Daran wird deutlich, daß je nach Risikokonflikt Besonderheiten vorliegen, welche nach institutionellen Lösungen mit spezifischem situativen Zuschnitt verlangen. Die Aufgabe des reaktionsorientierten Umweltrisikomanagements ist hier, aufbauend auf einer Analyse des speziellen Risikoproblems, aus dem „Baukasten“ verschiedener Arrangements eine individuelle Lösung auszuwählen und zu realisieren. Abschließend soll die kriteriengeleitete Anwendung und Konstruktion von institutionellen Arrangements zum reaktionsorientierten Management ökologischer Unternehmensrisiken anhand des Beispiels der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) erläutert werden: Unabhängig von der rechtlichen Ausformulierung in verschiedenen Regionen der Welt versteht man die UVP als Verfahren zur Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umweltgüter Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, einschließlich der jeweiligen Wechselwirkungen, sowie auf Kultur- und Sachgüter. Gegenstand einer UVP sind alle jene Vorhaben, bei denen aufgrund ihrer Art, ihrer Größe oder ihres Standortes mit erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist. Damit müssen aus unternehmerischer Sicht alle größeren Investitionsprojekte einer UVP unterzogen werden. Formal besteht die UVP aus mehreren Stufen, beginnend mit einer Vorstudie bis hin zur abschließenden Entscheidung über die Umweltverträglichkeit des Projektes, welche in Form der Genehmigung, der Ablehnung oder dem Erteilen von Auflagen bestehen kann. Von besonderem Interesse für das reaktionsorientierte Risikomanagement sind die relevanten Akteursstrukturen sowie die Formen der Einbeziehung von Stakeholderinteressen im Rahmen der UVP. Grundsätzlich sind der Projektträger, der sachverständige Gutachter sowie die Genehmigungsbehörde in das Verfahren involviert. Dieser Personenkreis wird darüber hinaus um die interessierte Öffentlichkeit erweitert. Diese wird grundsätzlich zunächst von dem Beginn des Verfahren in Kenntnis gesetzt; zusätzlich bekommt die Öffentlichkeit nach Abschluß der Gutachtenerstellung die Möglichkeit, z. B. im Rahmen einer Anhörung detailliert Informationen über das Ergebnis der Umweltverträglichkeitsstudie zu erhalten. Zudem sind die an der UVP beteiligten Parteien berechtigt, Einwendungen gegen das Projekt bzw. die vorliegenden Gutachten zu formulieren. Im einzelnen differiert die Ausgestaltung der Beteiligung der Öffentlichkeit sowie der damit verbundenen Rechte je nach nationalem Kontext sehr stark, wobei tendenziell das us-amerikanische sowie auch das niederländische UVP-Recht umfassendere und weitreichendere Einfluß- und Gestaltungsmöglichkeiten zulassen als z. B. das deutsche oder das österreichische Recht. Im Lichte der formulierten Kriterien liegt die Stärke der UVP vor allem in der juristischen und der ökonomischen Sphäre. Durch die genaue gesetzliche Kodifizierung der UVP und den streng formalisierten prozeduralen Ablauf kommt ihr ein sehr hoher Grad der Rechtsbindung zu. Obwohl selbst prinzipiell nur verfahrensrechtlicher Natur, erstreckt sich diese materiell-rechtliche Wirkung der UVP vor allem auf das anschließende Genehmigungsverfahren, dem sie gerade aufgrund ihrer transparenten prozeduralen Struktur eine solide Informationsbasis bietet. Verstärkt wird dies durch die institutionelle Bündelung von Interessenslagen. Speziell das deutsche UVPG sieht trotz der relativ rigiden Zulassungsmodalitäten zur Parteistellung relevanter Teile der Öffentlichkeit eine starke Rechtsstellung der einmal am Verfahren Beteiligten vor (bei allen Nachteilen dieser Regelung unter dem Kriterium der politischen Kraft). Damit haben Stakeholder die Möglichkeit, auf das am Ende rechtlich verbindliche Ergebnis einen ebenfalls rechtlich abgesicherten und weitreichenden Einfluß auszuüben. In ökonomischer Perspektive ist zunächst vor allem die Informationswirkung als eine der Hauptzwecke der UVP hervorzuheben (Informationseffizienz). Es findet ein Informationsaustausch sowohl über die umweltrelevanten Auswirkungen des Projektes, d. h. dessen ökologische Risiken i. e. S., als auch über das ökonomische Risiko in Form der Artikulation von Vorbehalten seitens der betroffenen Öffentlichkeit statt. Der Vorteil gerade dieses Arrangements, bei dem eine Beteiligung der Stakeholder bereits in der Planungsphase stattfindet, ist darin zu sehen, daß das ökologische Unternehmensrisiko des Projektes noch in beiden seiner Komponenten gestaltbar ist, was auf die Wahrnehmungsebene der Risiken einen enormen Einfluß hat. Dazu zählt auch der strenge prozedurale Charakter der UVP, der ebenfalls die Wahrnehmung von Risiken objektivierbarer gestaltet und auf diese Weise zur Reduktion des ökologischen Unternehmensrisikos beitragen kann. Als ähnlich wirkungsvoll muß die UVP unter dem Aspekt der Transaktionseffizienz beurteilt werden. Einerseits werden die ungewissen potentiellen Umweltschäden im Verfahren transparent gemacht und entsprechend den Wünschen der beteiligten Stakeholder gesenkt. Sie stehen damit im direkten Austausch zu den ungewissen potentiellen ökonomischen Konsequenzen durch die Stakeholder. Letztere können im Rahmen der Anhörung artikuliert werden, und sie verwandeln sich damit für das Unternehmen in sichere, bekannte Größen. Darüber hinaus bietet die UVP die Möglichkeit, diese Risiken zu gestalten und durch Senkung der ökologischen Risiken i. e. S. des Projektes auch die ökonomischen Risiken zu mindern. Die UVP schafft als Institution den übergeordneten Rahmen, innerhalb dessen nunmehr eine Transaktion auf informationeller und rechtlicher Ebene stattfinden kann. Differenzierter fällt die Bewertung der Eignung der UVP für das reaktionsorientierte Management ökologischer Unternehmensrisiken unter dem Kriterium der sozialen Einbettung aus. Zunächst muß die einbettende Kraft der Institution UVP im bundesdeutschen UVP-Gesetz als eher gering eingestuft werden, da allein solche Parteien zur Beteiligung am UVP-Verfahren zugelassen werden, die ein rechtlich geschütztes Interesse an dem zu begutachtenden Objekt geltend machen können. Dies betrifft in der Regel die Nachbarn des Standortes des zu begutachtenden Projektes. Damit ist die Beteiligung vieler gesellschaftlicher Akteure, wie z. B. Natur- und Umweltschutzverbände, an der UVP grundsätzlich nicht vorgesehen. Problematisch ist eine solche Regelung vor allem unter dem Aspekt, daß auf diese Weise den beteiligten Stakeholdern das Einbringen spezifischen Sachverstandes nur mittelbar möglich ist. Dies schränkt folglich auch die politische Normsetzungsfähigkeit der Institution ein. Zwar haben die Ergebnisse des Verfahrens, so sie denn einmal vorliegen, einen erheblichen Einfluß auf normsetzende Prozesse im nachlaufenden Genehmigungsverfahren, jedoch ist die Basis einfließender Normvorstellungen in das Verfahren aufgrund der restriktiven Zulassungspraxis eher gering. Diese relative Nähe der UVP zu traditionellen politischen Institutionen läßt die Möglichkeit offen, daß sich bei einem Einsatz der UVP in bestimmten Feldern der globalen Unternehmensumwelt die Gefahr der Entstehung ökonomischer Unternehmensrisiken in von dem Unternehmen nicht zu steuernden politischen Prozessen bilden kann. Aus diesem Grund kann die Eignung der UVP für Stakeholder aus der globalen Umwelt des Unternehmens als eher gering eingeschätzt werden. Bei der Diskussion dieses Beispiels wird deutlich, daß viele Instrumente des reaktionsorientierten Managements ökologischer Unternehmensrisiken nicht ausschließlich zu dessen Zwecken ins Leben gerufen werden müssen. Als Querschnittsfunktion kann es sich bestehende Institutionen und Verfahren zu nutze machen und mit dem Ziel der Handhabung ökologischer Unternehmensrisiken auf die Prozesse inhaltlich und formal gestaltend einwirken. Diese Aussage läßt sich abschließend auch für den gesamten Bereich des Umweltrisikomanagements generalisieren: In der Vielzahl unternehmerischer Problemstellungen besteht die Aufgabe auch des emissionsorientierten Managements ökologischer Unternehmensrisiken in der risikoorientierten Anwendung und Gestaltung bereits bestehender Instrumente des Umweltmanagements und der Risikokommunikation. Weiterführende Literatur: Beck, U.: Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne, Frankfurt 1986; Matten, D.: Management ökologischer Unternehmensrisiken. Zur Umsetzung von Sustainable Development in der reflexiven Moderne, Stuttgart 1998; Renn, O./ Webler, T./ Wiedemann, P. (Hrsg.): Fairness and Competence in Citizen Participation, Dordrecht/Boston/London 1995; Renn, 0./ Zwick, M.: Risiko und Technikakzeptanz. Berlin/Heidelberg/New York 1997; Wagner, G. R.: Betriebswirtschaftliche Umweltökonomie, Stuttgart 1997; Zerfaß, A.: Unternehmensführung und Öffentlichkeitsarbeit, Opladen 1996.



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