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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Weltwirtschaftsordnung

analog zur nationalen Wirtschaftsordnung durch gesetzliche und vertragliche Regelungen sowie Verhaltensnormen bestimmtes Rahmenwerk für die internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Im Zusammenhang mit der Weltwirtschaftskrise waren in den 30er Jahren immer mehr Länder zu restriktiven Praktiken im zwischenstaatlichen Handels- und Zahlungsverkehr übergegangen: Die Vorteile der internationalen Arbeitsteilung wurden weniger hoch eingestuft als die Unabhängigkeit der nationalen wirtschaftlichen Entwicklung. Freilich gab es zahlreiche neomerkantilistische Versuche, durch Exportüberschüsse die binnenwirtschaftliche Konjunktur zu beleben (beggar-my-neighbour policy). Die nach dem 2. Weltkrieg konzipierte Weltwirtschaftsordnung wollte diesen autarkistischen Tendenzen entgegenwirken, indem die internationalen Wirtschaftsbeziehungen soweit wie möglich auf marktwirtschaftlicher Grundlage neu geregelt werden sollten. Die wesentlichen Pfeiler der vornehmlich auf Anregungen der westlichen Führungsmächte (insbes. USA) konzipierten Weltwirtschaftsordnung waren das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen und der Internationale Währungsfonds (internationale Währungsordnung) mit folgenden wichtigen Elementen: Nichtdiskriminierung und Meistbegünstigung v.a. im Handelsverkehr (Ausnahmen insbes. für regionale Zollunionen und Freihandelszonen; Integration) sowie im Bereich des internationalen Zahlungsverkehrs die Herbeiführung der Konvertibilität (auf der Basis im wesentlichen fester - Wechselkurse) zumindest für laufende Zahlungen im Gefolge von Leistungstransaktionen und ein System von Kreditvereinbarungen zur Erleichterung des Zahlungsbilanzausgleichs (Zahlungsbilanzgleichgewicht). Trotz beträchtlicher Erfolge bei der Liberalisierung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen (KENNEDY-Runde, - Integration, - s Europäischer Wirtschaftsrat, Europäische Wirtschaftsgemeinschaft u.a.m.) wies diese Weltwirtschaftsordnung seit Beginn wesentliche Nachteile auf: Die inzwischen meist nicht mehr bestehenden Staatshandelsländer wurden nicht integriert, sie schlossen sich im Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe zusammen; die Entwicklungsländer sollten zwar in die Weltwirtschaftsordnung einbezogen werden, deren Bedingungen waren jedoch auf Staaten zugeschnitten, deren wirtschaftliches (und politisches) Gewicht nicht zu stark voneinander abwich. So verbesserte sich die materielle Lage der Entwicklungsländer kaum. Ihr Realeinkommen pro Kopf beträgt nicht nur einen Bruchteil dessen in Industrieländern, sondern ist seit dem 2. Weltkrieg meist langsamer als in Industrieländern gestiegen, so dass die Einkommensdifferenzen nicht nur absolut, sondern sogar relativ gewachsen sind. Dass die bestehende Weltwirtschaftsordnung diese Entwicklung nicht zu verhindern vermochte, ist u.a. auf folgende Mängel zurückzuführen. Anders als in nationalen Wirtschaftsordnungen fehlten hier seit Anbeginn weitgehend Vorkehrungen gegen Wettbewerbsverzerrungen, die durch tarifäre, insbes. aber nichttarifäre Handelshemmnisse,              marktbeherrschende, häufig - multinationale Unternehmen und sonstige Marktunvollkommenheiten geschaffen wurden, so dass sich die zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen nicht nach den volkswirtschaftlichen, sondern den (zudem in hohem Maße monopolistisch beeinflußten) privatwirtschaftlichen Kosten und Erträgen richteten. Ebenso leidet die Weltwirtschaftsordnung daran, dass kaum Vorsorge gegen (sich im Gefolge internationaler Wirtschaftsbeziehungen oft sogar verstärkende) Verteilungsungerechtigkeiten getroffen wurde, sieht man von der völlig unzureichenden Entwicklungshilfe ab, die weit unter den auf -i Welthandelskonferenzen auch von Industrieländern grundsätzlich anerkannten Forderungen der Entwicklungsländer liegt. Obwohl sich die Weltwirtschaftsordnung für die Industrieländer letztlich günstig auswirkte, macht sich bei diesen spätestens seit Beginn der 70er Jahre ein stärker werdender Hang zur Desintegration bemerkbar, wofür großenteils hohe Inflationsraten und Arbeitslosigkeit verantwortlich gemacht werden können. Man glaubt, ihre Bekämpfung durch national staatliche Maßnahmen unter Vermeidung zu großer Auslandsabhängigkeiten am ehesten erreichen zu können. Seit vielen Jahren fordern v.a. die Entwicklungsländer eine »Neue Weltwirtschaftsordnung«. Auf zahlreichen Konferenzen wurden v.a. folgende Forderungen erhoben. a) Schaffung eines Integrierten Rohstoffprogramms, das u.a. zwecks Stabilisierung der Exporterlöse die Lagerhaltung von Rohstoffen, verbunden mit An- und Verkäufen zur Ausschaltung von Preisschwankungen, vorsieht. Die Entwicklung der Rohstoffpreise soll nicht hinter der Weltinflationsrate zurückbleiben. Die Verwendung zu Rohstoffen substitutiver Synthetiks soll kontrolliert werden. b) Die Industrialisierung der Entwicklungsländer soll u.a. durch Verarbeitung von Rohstoffen im eigenen Land beschleunigt werden. Sie soll durch internationalen Technologietransfer und durch den Abbau tarifärer und nichttarifärer Handelshemmnisse seitens der Industrieländer gefördert werden, während die Entwicklungsländer gemäss dem Argument vorn Erziehungszoll nicht zu analogen Maßnahmen gezwungen sein sollen. c) Die Industrieländer sollen sich zu einer Schuldenregelung bereitfinden, die die Entwicklungsländer nicht vor unüberwindliche Zahlungsbilanzschwierigkeiten stellt, die das angestrebte Wirtschaftswachstum unmöglich machen würden. d) Die Industrieländer sollen die auf Welthandelskonferenzen verschiedentlich in Aussicht gestellte Erhöhung ihrer Entwicklungshilfe auf 0,7% ihres Sozialprodukts beschleunigt realisieren (z.Z. liegt der tatsächlich verwirklichte Prozentsatz selten höher als 0,3%). Die Industrieländer sehen bei grundsätzlicher Bereitschaft zur Reform in manchen dieser Vorschläge groBe Gefahren: Der dort enthaltene Verzicht auf marktwirtschaftliche Ordnung der Weltwirtschaft, insbes. die beabsichtigte Festschreibung von Preisrelationen, wird zu Fehlallokationen und damit nicht zu dem angestrebten Wachstum in Entwicklungsländern, wohl aber zu Wachstumseinbußen bei Industrieländern führen. Die Industrieländer erkennen jedoch, dass sie ihre - AuBenwirtschaftspolitik gegenüber den Entwicklungsländern ändern und den Prinzipien der internationalen Arbeitsteilung bei zugleich verbesserter Regelung des Verteilungsproblems Rechnung tragen müssen. Der Abbau von Handelshemmnissen (Verzicht auf Entwicklungsländer diskriminierende Quotierungen wie beim Welttextil-abkommen, Selbstbeschränkungsabkommen) und die Verringerung der effektiven Protektion (-p Effektivzoll-Theorie) könnten eine die Schwankungen der Exporterlöse vermindernde Diversifizierung der Produktionsstruktur auf seiten der Entwicklungsländer bringen. Entsprechend den Vorstellungen vom Außenhandelsgewinn zieht dies zwar langfristig auch für Industrieländer Vorteile nach sich, kann aber hier mit schmerzhaften (insbes. beschäftigungsgefährdenden) Anpassungsproblemen verbunden sein. Weltweite wirtschaftliche Entwicklung und internationale Arbeitsteilung verlangen, dass der Zugang zu Rohstoffquellen (ggf. durch internationale Abkommen) geregelt wird. Schuldenregulierung und großzügige Entwicklungshilfe sollten Teile einer Entwicklungsstrategie sein, die auch die Entschädigung bei Verstaatlichungen entsprechend dem Prinzip der Meistbegünstigung umfaßt. Der Neukonzeption der Weltwirtschaftsordnung stellen sich weitere Probleme: a) Die - internationale Währungsordnung sollte so gestaltet werden, dass sie Inflation und Arbeitslosigkeit im weltweiten Rahmen entgegenwirkt und die optimale internationale Allokation knapper Ressourcen begünstigt. b) Die multinationalen Unternehmen sind auf ihren Beitrag zur internationalen Arbeitsteilung zu überprüfen, wobei Gewicht darauf zu legen ist, dass sie nicht dem Entwicklungsstand inadäquate Technologien begünstigen und auch sonst nicht die nationalen Zielsetzungen der Wirtschaftspolitik behindern. c) Die zwischenstaatliche Mobilität von Kapital und Arbeit ist zu verbessern. Diese und weitere Überlegungen stehen auch im Mittelpunkt der Uruguay-Runde, um deren Erfolg mehrere Jahre gerungen wurde. Gefahren für die Weltwirtschaftsordnung ergeben sich aus dem wachsenden Interesse an Formen der strategischen Handelspolitik und aus einer Abkehr von multilateralen Regelungen zugunsten eines starker werdenden Interesses am Bilateralismus, was freilich angesichts mangelnder Erfolge multilateraler Regelungen im Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommen nicht unbedingt negativ zu beurteilen ist. Zur Neugestaltung der Weltwirtschaftsordnung gehören auch internationale Regelungen des Umweltproblems. Die letzte Konferenz, nämlich 1992 in Rio de Janeiro, gibt leider kaum Anlass zum Optimismus. Abkommen zum Klimaschutz und zur Artenerhaltung wurden von den USA nicht akzeptiert. Der Schutz tropischer Regenwälder wird zwar weltweit gefordert, die Industrieländer leisten hierzu aber wenig Hilfe. Zwar scheint sich die Einsicht durchzusetzen, dass Entwicklungsländer nicht länger als Mülldeponie der fortgeschrittenen Staaten betrachtet werden dürfen; die Umsetzung dieser Einsicht in praktische Politik läßt jedoch auf sich warten. Der Zerfall der Sowjetunion und die politischen und ökonomischen Probleme in anderen Ländern des ehemaligen Ostblocks haben zusätzliche Anforderungen an die Weltwirtschaft gestellt, die auch in entwickelten Ländern angesichts niedriger Wachtumsraten zu Schwierigkeiten führen, die zudem die Aufmerksamkeit von den Entwicklungsländern und vom Umweltschutz abzulenken drohen. Literatur: Glismann, H.H. u.a. (1992)



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