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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Ökoeffizienz

Für heute und morgen wirtschaften... Innerhalb der letzten acht Jahre - seit dem Erdgipfel von Rio 1992 - haben sich Forschungsaktivitäten weltweit verstärkt mit der Definition des Begriffs „sustainability“ sowie mit der Formulierung von Zielen und Visionen für eine nachhaltige Entwicklung beschäftigt. Die zentrale Fragestellung dabei ist: Wie lassen sich die Ziele von Bedürfnisbefriedigung und Wohlstand für die jetzigen und künftigen Generationen erreichen, ohne unsere natürlichen Lebensgrundlagen - und damit künftige Generationen - zu gefährden? Insbesondere wirtschaftliche Aktivitäten - dazu gehört auch der Konsumbereich - werden oftmals einerseits als notwendiges Muß (z. B. Wirtschaftskraft, Arbeitsplätze, Steigerung des volkswirtschaftlichen Gewinns), andererseits als umweltbelastendes Desaster angesehen (z. B. Treibhauseffekt, Altlasten, -Lärm). Das muß nicht sein: Vorsorgender Umweltschutz läßt sich durchaus mit einer gewinnorientierten und wettbewerbsfähigen Unternehmensstrategie verbinden. Daß Unternehmen beides in einer win-win-Strategie berücksichtigen können, wurde bereits vielfach bewiesen. In diesem Sinne können beide gewinnen: das Unternehmen und die Umwelt. Und trotzdem - die Breitenwirksamkeit dieses Ansatzes läßt auf sich warten. Die gesamtwirtschaftlichen Beteiligungsraten z. B. an der Öko-Audit-Verordnung und ISO 14.000 sind im Bezug auf die gesamtwirtschaftlich registrierte Anzahl an Unternehmen eher gering. Diese Systeme scheinen noch nicht dazu geeignet zu sein, aus dem Schatten einer zusätzlichen Arbeits- und Kostenbelastung herauszutreten, und ein erfolgreiches, im Unternehmen gelebtes, integriertes Managementsystem aufzubauen (Pfriem 1999; Rohn et. al. 1998), daß Einfluß nimmt auf die tagtäglichen unternehmensstrategieschen Entscheidungen. Exkurs: Politik und Umwelt Die Umweltpolitik konzentrierte sich bis Ende der achtziger Jahre vorzugsweise auf „en-of-the-pipe“-Lösungen. Ein Kreislaufwirtschaftssystem wurde bereits vorangetrieben, man kümmerte sich aber eher um die Wieder- und Weiterverwertung von Abfällen als um einen systemweit effizienten Einsatz von Ressourcen. Das Wachstum einer Volkswirtschaft hing für viele immer noch vom Verbrauch immer weiter wachsender Mengen an Ressourcen. Tatsächlich trägt diese Form der Umweltpolitik auch heute noch dazu bei, daß der Ressourcenumsatz der Industrieländer zu hoch ist, so z. B. durch die Herstellung und Entsorgung von Filtern oder anderer „Reinigungstechnologien“. Sie verursacht damit wachsende additive Umweltschutzkosten, sowohl auf der technischen wie auf der administrativen Seite. Es hat sich aber gezeigt, daß sich durch einen vorsorge- oderauch inputorientierten Umweltschutz viele Umweltschutzinvestitionen vermeiden lassen. Hier können schon frühzeitig in der Prozeß- und Produktplanung Entscheidungen getroffen werden, die das Risiko mindern, nachsorgend investieren zu müssen. Seit Anfang der neunziger forciert daher die europäische wie nationale Umweltpolitik immer mehr den vorsorgenden Umweltschutz — sei es das „Cleaner Produktion“ Programm der Vereinten Nationen (UNEP), die „Ökoeffizienz-Initiative“ des World Business Council for Sustainable Development (WBCSD) oder die einzelnen Umweltpläne verschiedener Wirtschaftsnationen (UNEP Internet, Österreichische Bundesregierung 1996, BMU 1998, WBCSD 1999/2000). Dabei geht es immer mehr darum, win-win-Situationen herbeizuführen, d. h. die Natur zu schonen, weniger Ressourcen zu verbrachen und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken (= Ökoeffizienz-Strategien umzusetzen). Denn nur was meßbar, erfahrbar und verständlich ist, kann jedem relevanten Akteur im Unternehmen helfen, richtungssichere Entscheidungen zu treffen. Die Informationen darüber, welche Faktoren wichtig für eine Entscheidungsfindung und wie sie zu bewerten sind, vereinfachen eine mögliche Umsetzung und Transparenz von win-winSituationen entscheidend. Ökologische und ökonomische Leistung muß meßbar sein. Dann wird sie auch handhabbar. Was ist Ökoeffizienz? Kurz gesagt bedeutet „Ökoeffizienz“: Mehr Werte schaffen und dabei weniger Ressourcen verbrauchen und die Umwelt belasten. Also: Mit weniger mehr erreichen! Ökoeffizienzstrategien und -konzepte sorgen dafür, daß der wirtschaftliche Wert eines Produktes oder eines Unternehmens bei gleichzeitiger Minimierung des Ressourcenverbrauchs und negativer Umwelteinflüsse maximiert wird. Je weniger Ressourcen für die gleiche Leistung, den gleichen Kundennutzen eingesetzt werden, desto weniger muß bezahlt werden: für den Einkauf dieser Ressourcen; für die Prozeßführung; für die Entsorgung. Die Produktlinien und die zugehörigen Produktionsprozesse werden dabei lebenszyklusweit, d. h. von der Wiege bis zur Bahre, optimiert. Der von Stephan Schmidheiny 1990 gegründete Buisness Council for Sustanainable Development (heute bekannt als World Business Council for Sustainable Development-WBCSD) befaßt sich insbesondere mit der Frage, was nachhaltige Entwicklung für ein einzelnes Unternehmen bedeutet und wie diese auf der Mikro-Ebene (also der Ebene der Unternehmen) umgesetzt werden kann. Der WBCSD definiert Ökoeffizienz als die: „zunehmende Produktion von nützlichen Gütern und Dienstleistungen bei laufend abnehmendem Verbrauch von natürlichen Ressourcen, also Rohmaterialien und Energie“ (vgl. Bosshardt 1999). Bei den meisten Ökoeffizienz-Konzepten (Schmidt-Bleek 1993, Fussier 1996, Liedtke 1997, Lehni 1998, BASF 1999, Factor 10, Innovation network 1999, Wirth 1999) werden die folgenden Ziele mit meßbaren Indikatoren versehen und ins Management miteinbezogen: Erhöhung der Haltbarkeit von Produkten; Maximierung des Gebrauchs erneuerbarer Ressourcen; Minimierung der Energieintensität von Produkten und Dienstleistungen; Minimierung der Materialintensität von Produkten und Dienstleistungen; Minimierung von toxischen Einwirkungen; Steigerung der Recyclingfähigkeit von Produkten; Steigerung des Gebrauchswertes von Produkten und Dienstleistungen, (vgl. OECD 1998). Der Öko-Kompaß (Fussler 1996): Der Öko-Kompaß wurde erstmals von Claude Fussier, damals Vize-Präsident von Dow Europe, vorgestellt. Der Öko-Kompaß ist eine Alternative zur Produktbewertung über eine Ökobilanz. Hier werden ein oder mehrere Alternativprodukte mit einem Referenzprodukt in sechs verschiedenen Kategorien verglichen: Dienstleistungsorientierung; Energie-Intensität; Material-Intensität; ökotoxisches Risiko; Recyclingfähigkeit; Ressourcenschonung. Dem Referenzprodukt wird dabei in jeder Kategorie eine 2 zugewiesen, die Alternativprodukte werden in den entsprechenden Kategorien zwischen 0 und 5 bewertet. Das Alternativprodukt in der Abbildung erfüllt beispielsweise die gleiche Dienstleistung wie das Referenzprodukt, allerdings nur noch mit einem Viertel des ursprünglichen Materialeinsatzes (75% geringere Material-Intensität), der Hälfte des Energieeinsatzes und einem um 75% verminderten Abfallaufkommen (verbesserte Recyclingfähigkeit). Schmidt-Bleek, Factor 10 Institut und ehemaliger Vizepräsident des Wuppertaler Institutes, definierte bereits 1992 Indikatoren, die es ermöglichen, Ressourcenproduktivität von Wirtschaftsräumen, Produktlinien, Prozessen, Produkten, Dienstleistungen und Unternehmen zu messen. Dabei werden die ökonomischen und ökologischen Kennwerte innerhalb eines betrieblichen Informationssystems aufgearbeitet, bewertet und für Entscheidungen zur Verfügung gestellt (Orbach et al. 1998/I0W 1999/Klagenfurt Innovationen 1999/Wirth 1999). Kostenreduktionen können durch verschiedene Maßnahmen erreicht werden, sei es durch die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs, die Verbesserung der Ressourceneffizienz, die Reduzierung von Emissionen und Abfällen und/oder deren notwendige Behandlung oder auch durch die Konzeption innovativer Produkt- und Dienstleistungskonzepte, die neue Marktsegmente besetzen. Auch bezüglich der Umsetzung und Implementierung von Effizienz-Steigerungen in das unternehmerische Handeln gibt es unterschiedliche Ansatzpunkte. Neben der Optimierung bestehender Produkte, Produktionsprozesse und -anlagen sowie der Produktionsstandorte, gilt auch das Benchmarking als geeignete Möglichkeit der Effizienz-Steigerung (vgl. BMG/Internet). Ökoeffizienzkonzepte begleiten Unternehmen im alltäglichen Handeln und liefern Informationen für eine komplexe, zukunftsorientierte Unternehmensstrategie. Warum Ökoeffizienz - warum Ressourcenproduktivität? Da das Ausmaß der vom Menschen bewirkten, globalen Umweltbelastungen im wesentlichen von der Größenordnung des stofflichen Durchsatzes abhängt, setzt eine ökologisch tragfähige Entwicklung eine im Vergleich zur heutigen Situation deutliche Verminderung des absoluten Ressourcenverbrauchs (von Material, Energie und Fläche) voraus. Zur Planung und Erfolgskontrolle von entsprechenden Verbesserungsmaßnahmen können sowohl auf der nationalen wie auf der betrieblichen Ebene Instrumente der Stoffstromanalyse eingesetzt werden (vgl. Bringezu/Liedtke, 1997/I0W 1999). Die Wirkungen, die einzelne Stoffe wie auch die riesigen Massenumsätze unserer Wirtschaften auf die Ökosysteme haben, sind meist nicht bestimmbar. Weder die Zerstörung der Ozonschicht (Ozon, Ozonloch) noch die Ursachen für Artensterben waren bisher zuverlässig vorhersagbar. Gleichzeitig ist es unmöglich, Zeitachsen möglicher Wirkungsmechanismen zu bestimmen. Wann spezifische Stoffe schädigende Wirkungen entfalten - und in welchen Konstellationen mit anderen emittierten Stoffen - zeitgleich oder zeitversetzt ist völlig unklar: Jetzt gleich, in einem Jahr, in fünf oder in 20 bis 100 Jahren - wann also können wir mit bestimmten Risiken rechnen?. Solange die (Aus-)Wirkungen nicht ausreichend bestimmbar sind, erscheint eine Vorsorge durch Vermeidung sinnvoll (Factor 10, Club 1997-2000). Verschiedene Organisation diskutieren daher die Möglichkeiten der Senkung des stofflichen Durchsatzes von Ressourcen. Die Konferenz für Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen in Rio de Janeiro im Jahre 1992 hat bewirkt, daß sich fast alle Regierungen dieser Welt verpflichteten, Schritte in Richtung Nachhaltigkeit zu unternehmen. Die Sondersitzung der Vollversammlung der Vereinten Nationen (UNGASS) in New York beschloß 1997 folgendes: \'...Aufmerksamkeit sollte Studien zukommen, die vorschlagen, die Effizienz beim Verbrauch von Ressourcen zu steigern, einschließlich der Berücksichtigung einer zehnfachen Erhöhung der Ressourcenproduktivität in Industrieländern auf lange Sicht und der Möglichkeit einer vierfachen Verbesserung im Laufe der nächsten zwei oder drei Jahrzehnte. Weitere Forschungen sind vonnöten, die Erreichbarkeit dieser Ziele zu überprüfen sowie die hierfür notwendigen praktischen Meßmethoden bereitzustellen. Die Industrieländer tragen hierfür eine besondere Verantwortung und müssen vorangehen.“ Die Umweltminister der OECD-Mitgliedstaaten erklärten in ihrer Pressemitteilung vom 3. April 1998 in Paris: „Die Minister stimmen darin überein...eine internationale Politik voranzutreiben, die eine Kohärenz zwischen Wirtschafts-, Umwelt- und Gesellschaftspolitik ermöglichen durch... innovative Vorschläge wie Ökoeffizienz, die eine erhebliche Erhöhung der Ressourcenproduktivität anstreben, zum Beispiel Faktor 4 und später Faktor 10.“ Die Vorsitzende des informellen Treffens der Umweltminister der EU und der Kandidatenländer aus Zentral- und Osteuropa auf Zypern (Juli 1999), Mrs. Satu Hassi aus Finnland, resümierte die Veranstaltung: „Wo angebracht, sollten Ziele mit Zeitvorgaben gesetzt werden, um die Ökoeffizienz in verschiedenen Sektoren zu verbessern und die Entwicklungen mittels passender Indikatoren zu verfolgen. Die Internalisierung von Umweltkosten, die Verwendung ökonomischer Instrumente und die Aufgabe nicht-nachhaltiger Subventionen werden ein mächtiges Werkzeug abgeben, um eine ökoeffizientere Produktion und Verbrauch zu erzielen. Ökonomische Instrumente können die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie und der Wirtschaftsbasis generell verbessern.“ In diesem Zusammenhang wurden Faktor 4-und Faktor 10-Konzepte erwähnt. Die dort genannten Faktor 10- und Faktor 4-Konzepte wurden in den letzten acht Jahren beschrieben und definiert (Schmidt-Bleek 1993, Weizsäcker 1995). Sie dienten und dienen dazu, die Aufmerksamkeit von den Outputfaktoren zu den Inputfaktoren zu lenken - also weg von Abfällen, hin zu den eingesetzten Ressourcen. Sie setzen ein gesamtwirtschaftliches Ziel - der gesamtwirtschaftliche Ressourcenverbrauch der Industrieländer soll z. B. bis 2050 um den Faktor 10 gesenkt werden. Denn der pro Kopf-Verbrauch von Ressourcen in den industrialisierten Ländern ist so hoch, daß man mindestens vier Erden benötigen würde, um allen Menschen dieser Erde einen entsprechenden Wohlstand zu schaffen. Daraus wird geschlossen, daß nachhaltig im Sinne des Brundtland- Berichtes nur eine drastische Dematerialisierung der Wirtschaften der Industrieländer sein kann. Faktor 4, 10, 20 oder mehr an Ressourcenproduktvitätssteigerungen sind nach Schmidt-Bleek möglich, wenn das Innovationspotential genutzt wird, daß aus den Öko- oder Ressourceneffizienzkonzepten erwächst. Ähnliche Steigerungen seien bereits bei der Arbeits- und Kapitalproduktivität erreicht worden (Lehner/Schmidt-Bleek, 1999). Wo spielt Ökoeffizienz im Unternehmen eine Rolle? Von der Messung zum Management Mit Indikatoren oder Kennwerten mißt man die Leistung, die in einzelnen Untemehmensbereichen gefordert sind - seien es betriebwirtschaftliche, ökologische oder auch sozialorientierte Meßgrößen, die definiert werden müssen (Forum Umwelt und Entwicklung 1997/ Eurostat 1997/ GRI 1999/ Kuhndt/van der Lugt 2000/ Verfaillie/Bidwell 2000). Ökoeffizienz-Konzepte bedienen sich dieser Meßgrößen, definieren solche für das ökologische und ökonomische Controlling bzw. Management. Sie sind damit kompatibel mit bereits angewendeten Managmentsystemen im Unternehmen. Ohne Meßbarkeit von Fortschritten in Richtung Erhöhung der Ressourcenproduktivität bleiben Diskussionen über Nachhaltigkeit oder Ökoeffizienz ziemlich akademisch und dem Unternehmensalltag fern. MIPS – Ressourcenproduktivitäts-Kennwert Als ein Meßinstrument kann beispielsweise die Analyse der Materialintensität pro Serviceeinheit (MIPS) herangezogen werden. Hintergrund dessen ist, daß die menschliche Wirtschaft für sämtliche Produktionsprozesse Material und Land (Erdoberfläche) als natürliche Ressourceninputs von der Ökosphäre benötigt. Die Bewegung von Material aus seiner „natürlich angestammten“ Umgebung sowie die Reduzierung oder Ausschaltung der ökologischen Funktionen von Land (Erdoberfläche) durch technische Maßnahmen verursacht in jedem Falle Veränderungen des natürlichen Systems. 1992 schlug Schmidt-Bleek vor, den Materialinput pro Einheit Nutzen (pro Einheit Service) — MIPS -, als Basismaß für das ökologische Veränderungspotential von Produkten und Dienstleistungen einzuführen. Das MI ist die Gesamtsumme aller Inputs von natürlichem Material, einschließlich der Primärmaterialien für den Energieverbrauch und die notwendigen Transporte etc., S, der gewünschte Nutzen oder die erwartete Dienstleistung. Dabei gilt: „Je größer MIPS, desto höher ist der „ökologische Preis pro Einheit Service“... MIPS ist auch bekannt unter dem Ausdruck „ökologische Rucksäcke“ und macht die systemweiten Ressourcenverbräuche von Produkten, Produktlinien, Prozessen, Dienstleistungen und Wirtschaftsräumen meß- und vergleichbar (Schmidt-Bleek, 1993). Was man nicht messen kann, kann man auch nicht gestalten, managen und vergleichen. Ohne ein Maß für die Ressourcenproduktivität ist Ökoeffizienz oder Dematerialisierung nicht verläßlich durchführbar, und eine nachhaltig zukunftsfähige Wirtschaft kaum erreichbar. Entscheidungsträger aller Ebenen (Unternehmen, Politik, Konsument) benötigen zuverlässige, richtungssichere, verständliche und harmonisierungsfähige, d. h. produkt- und branchenvergleichbare Informationen über die Ressourcenproduktivität und damit die ökologische Qualität von Gütern, Dienstleistungen und Technologien auf dem Markt. Dies ist eine unbedingte Voraussetzung für neue, marktfähige nachhaltigkeits- und qualitätsbezogene Innovationen. Grundsätzlich sollen mit Hilfe von Indikatoren komplexe Zustände und Zusammenhänge schneller und trotzdem richtungssicher bewertet werden. Dabei können sie sowohl Zustände als auch Entwicklungen beschreiben und dienen damit einerseits zur Problembeschreibung wie auch andererseits zur Überprüfung der Wirksamkeit von eingesetzten Maßnahmen. Indikatoren ermöglichen so eine Strukturierung des ökoeffizienten Wirtschaftens und bieten einen Rahmen, der von der Planung über die Durchführung bis hin zur Überprüfung der Maßnahmen reicht (z. B. Umsetzung eines Umweltmanagementsystems). So kann man ein oder mehrere Ziele innerhalb des gesamten Wirtschaftsprozesses betrachten und darüber sowohl öffentlich wie auch intern regelmäßig berichten. Ressourcenmanagement: Mit den Werten bzw. der Bewertung entscheidender Kennwerte für die Ökoeffizienz wie z. B. MIPS, KEA oder auch das Indikatorenset der Europäischen Umweltagentur (EEA) können die Unternehmen für sie angepaßte Managmentsysteme entwickeln. Dabei haben Öko- oder RessourceneffizienzKonzepte den Vorteil, mitgestaltend in den Bereichen Stoffstrommanagement, Produkt oder Nutzungsmanagement und ökoeffizienter Produktgestaltung wirken zu können. Technologische wie Produktinnovationen sind mit diesen Konzepten charakterisierbar, in ihren Potentialen berechenbar und letztendlich kontrolliert umsetzbar. Die genannten drei Aspekte betreffen (Liedtke, 1997): Stoffstrommangement Die Unternehmen erhalten Informationen darüber, welche Prozesse und Technologien besonders ressourcenund kosteneffizient sind. Diese Informationen erhalten sie für die gesamte Produktlinie - also von der Wiege bis zur Bahre oder Wiege. Im Einkauf kann z. B. entschieden werden, welches Vorprodukt das ökoeffizienteste ist. Sollte es z. B. preislich vergleichbar sein, so können die Ressourceneffizienz-Kennwerte die Kaufeintscheidung bringen. Es geht also nicht nur um die Aktivitäten in den eigenen Werkshallen, sondern auch um die Wirkungen des Unternehmens vor und nach den Werkstoren. Nutzungsmanagement Hier geht es darum, Innovationen für die Zukunft zu finden. Welche Produkte können wie vermarktet werden? Welche sind dem Markt nicht mehr angepaßt? Welche Dienstleistungskonzeptionen können die Ökoeffizienzstrategie des Unternehmens unterstützen und bringen den entscheidenden Wettbewerbsvorteil? Welche Verbünde und Kooperationen dienen diesem Zweck? Klar ist: Ein verminderter Ressourceneinsatz, langlebigere Produkte und Dienstleistungsangebote bedeuten bei heutiger Wirtschaftsweise häufig, daß verminderte Absatzchancen in der Zukunft bestehen. Deswegen halten viele Unternehmen noch immer an dem Verkauf der „Black-boxes“ fest. Ökoeffizienzstrategien sind auch ökonomisch sinnvoll, gerade vor dem Hintergrund der internationalen Konkurrenz: der Kunde wird an das Qualitätsprodukt des Unternehmens gebunden. Rücknahmemodelle, Instandhaltungs- und Wartungsaufgaben können nur regional begrenzt funktionieren. Eine bedürfnisorientierte Kundenbetreuung bindet deren Geld und Markentreue. Ökoeffizienz-Nischen können damit häufig das Überleben sichern. Ökoeffiziente Dienstleistungsangebote geben die Möglichkeit, neue, gewinnbringende und kundenorientiertere Marktsegmente zu besetzen (Frick et al. 1999). 3. Ökoeffizientes Produktdesign (Tischner/Schmidt-Bleek 1996) Die Produktgestaltung berücksichtigt neben rein technischen und ästhetischen Faktoren auch unterschiedliche Potentiale der Konstruktion, des Materialeinsatzes, der Langlebigkeit, Reparierbarkeit, Wieder- und Weiterverwendbarkeit oder -verwertbarkeit, Zerlegbarkeit, etc. Damit ist das Produktdesign ein ganz entscheidender Faktor für ein ökoeffizientes Wirtschaften. Ein Produkt, das für die Deponierung geplant wird, ist ressourcenund kostenineffizient und nimmt der Wirtschaft und den Menschen ein Stück Wettbewerbs- und Wohlstandspotential. Produkte oder Dienstleistungen, die von vornherein unter der Berücksichtigung von Ökoeffizienz-Kennwerten geplant und produziert werden, sparen Geld und sichern auch weiterhin hochwertige Ressourcen. Dabei können die Unternehmen mittels geeigneter Instrumente schnell prüfen, wo die Schwachstellen und Stärken ihrer Produkte liegen und diese in einem Verfahren des Re-Designs verbessern (Re-Design: Ökoeffziente Optimierung bereits in der Produktion befindlicher Produkte unter Berücksichtigung der Finanz- und Investitionslage des Unternehmens). Ein Neu-Design von Produkten und Dienstleistungen zeigt den Unternehmen das Innovationspotential ihres Segments auf und hilft somit auch langfristige Unternehmensstrategien und -investitionen festzulegen. Wo geht es hin? Ein Ausblick: Wie bereits weiter oben ausgeführt, umfaßt der Begriff „Ökoeffizienz“ die beiden Bereiche „Ökologie“ und „Ökonomie“. Die Herausforderung einer nachhaltigen Entwicklung erfordert jedoch neben technologischen Veränderungen und Innovationen auch soziale Innovationen (EnqueteKommission 1994, BUND/Misereor 1996/ BMU 1998/ Teichert 1996). Die sozialen Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung spielen mittlerweile eine immer stärkere Rolle. Heute ist man sich bewußt, daß ohne die Beteiligung und Mitwirkung der Bürger (sei es nun als Verbraucher, Konsument oder als Mitarbeiter eines Unternehmens) eine nachhaltige Entwicklung nicht mit Leben gefüllt werden kann. Für die Umsetzung von Ökoeffizienz-Strategien bedeutet dies, Unternehmens- und Produktionsprozesse transparent und nachvollziehbar zu gestalten, um diese nicht als leere Worthülsen zurückzulassen, sondern in die Tat umzusetzen. Zukunftsfähigkeit kann man aber einem Unternehmen oder einer Branche nicht als Programm verordnen. Sie ist ein Lern- und Suchprozeß, der allerdings verläßliche Instrumente braucht, die zumindest die Richtung einer zukunftsfähigen Entwicklung anzeigen können. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, wurden bereits unterschiedliche Konzepte entwickelt (Ewen et al. 1998/ CEFIC 1998/ Kuhndt/Liedtke 1999/ AG PVC 1999/ Nattrass/Altomare 1999/ ICC Nr. 210 /356 A/ Weaver et. al 2000). Ziel ist es, einzelne Prozesse, Prozeßketten, Produkte oder auch Dienstleistungen unter Berücksichtigung ökonomischer, sozialer und ökologischer Aspekte für eine nachhaltige Bedürfnisbefriedigung zu hinterfragen, zu analysieren und ggf. zu optimieren. So wird „Zukunftsfähigkeit oder Nachhaltigkeit“ umgesetzt und gelebt. Nachhaltigkeit erfordert eine gegenseitige Unterstützung ökologischer und wirtschaftlicher Entwicklungen an der Eingangsseite des Wirtschaftzyklus, wo Ziele und Politiken festgelegt werden und eben nicht erst am Ende, wenn die Gesellschaft bereits die Schadenskosten einer nicht-nachhaltigen Entwicklung begleichen muß. Die Dematerialisierung schafft Synergien für den Wertewandel der Gesellschaft, ganz besonders in den westlichen Ländern. Tatsächlich kann Ökoeffizienz in sich schon einen wichtigen Impuls und eine wertvolle Basis bieten für den Strukturwandel in Richtung einer mehr innovativen und dienstleistungsorientierten Wirtschaftsweise. Darüber hinaus kann sie auch einem nachhaltigeren Konsum dienen, da auch für den Kauf ökoeffizienter Produkte und Dienstleistungen entsprechende Informationen überschaubar und verständlich dargestellt werden können. Auf diese Weise wird Ökoeffizienz zu einer Schlüsselkomponente in einer zukunftsfähigen oder nachhaltigen Entwicklung. Um den Planeten Erde zu einem zukunftssicheren Platz für künftige Generationen zu machen, müssen die wesentlichen Fehlentwicklungen in den wirtschaftlichen wie auch gesellschaftlichen Systemen angepackt werden - und dies gleichzeitig mit denen der ökologischen Krise (Steilmann, 2000). Weiterführende Literatur: Ayres, R./ v. Leynseele, T.: Eco-Efficiency, Double Dividends and the Sustainable Firm, Fortainebleau 1997; Bosshardt, F. W.: Ökoeffizienz. Das Leitmotiv des World Business Council for Sustainable Development, in: v. Weizsäcker, E. U./ Seiler-Hausmann J.- D. (Hrsg.): „Ökoeffizienz. Management der Zukunft“, Berlin / Basel /Boston 1999; Eurostat. Statistical Office of the European Communities. Indicators of Sustainable Development. A pilot study following the methodology of the United Nations Commission on Sustainable Development. European Communities, Luxembourg 1997; Ewen, C./ Ebinger, F./ Gensch, C.- O./ Grießhammer, R./ Wollny, V.: Hoechst Nachhaltig. Sustainable Development. Vom Leitbild zum Werkzeug, Darmstadt/Freiburg 1998; Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IOW): Zeitschrift Ökologisches Wirtschaften. Ökoeffizienz, Heft 3, o. O. 1999; Lehner, F. SchmidtBleek, F.: Die Wachstumsmaschine. Der ökonomische Charme der Ökologie, München 1999; Schmidt-Bleek, F.: Wieviel Umwelt braucht der Mensch? MIPS. Das Maß für ökologisches Wirtschaften, Berlin/Basel/Boston 1993; v. Weizsäcker, E. U./ Lovins, A./ Hunter-Lovins, L.: Faktor Vier. Doppelter Wohlstand. Halbierter Naturverbrauch. Der neue Bericht an den Club of Rome, München 1995; v. Weizsäcker, E. U./ Seiler- Hausmann, J.-D. (Hrsg.): Ökoeffizienz. Management der Zukunft, Berlin/Basel/Boston 1999.



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