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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Schwarzarbeit

Selbständige oder unselbständige wirtschaftliche Tätigkeit gegen Entgelt unter Umgehung der gesetzlich vorgeschriebenen Meldungen sowie der Steuer- und Abgabepflicht wird als Schwarzarbeit bezeichnet. Sofern nicht bereits andere Strafvorschriften greifen (wie Steuer- und Abgabenhinterziehung) kann Schwarzarbeit als Ordnungswidrigkeit behandelt und mit einer Geldbuße bis zu 50.000 Euro belegt werden. Dennoch hat Schwarzarbeit in allen Industrieländern stark zugenommen. Die wichtigsten Gründe dafür sind zunehmende Bürokratie und vor allem die hohe Steuer- und Abgabenlast.

Bei Schwarzarbeit handelt es sich um den Versuch, wirtschaftliche Vorteile in größerem Umfang zu erlangen. Kleine Gelegenheitsarbeiten gegen Bezahlung gelten nicht als Schwarzarbeit. Die Schwarzarbeit ist heute ein wichtiger Teilbereich der Schattenwirtschaft. Sie ist grundsätzlich aber keine neue Erscheinung. Schon im Mittelalter gab es zahlreiche Erwerbstätige, die entgegen den strengen Vorschriften Arbeiten gegen Barzahlung verrichteten, für die sie von der Obrigkeit nicht zugelassen waren. Besonders im Bereich des Handwerks versuchten so genannte Bönhasen immer wieder, die strengen Zunftregeln zu unterlaufen. Auch in der modernen Wirtschaft gibt es zahlreiche Gründe, die Schwarzarbeit sowohl für den Auftraggeber als auch für den Auftragnehmer finanziell interessant machen. Die wichtigsten sind:

  • Hohe Steuern, Sozialabgaben und andere Lohnnebenkosten, die dazu führen, dass der Preis für regulär erbrachte Arbeit weit über dem reinen Stundenlohn liegt. Bei Handwerksleistungen muss der Auftraggeber rund viermal soviel pro Stunde zahlen, wie der beschäftigte Arbeitnehmer schließlich ausgezahlt bekommt.
  • Komplizierte Genehmigungsverfahren sowie zahlreiche behördliche Auflagen, die oft zu Zeitverlusten und zusätzlichen Kosten für den Auftraggeber oder zu ablehnenden Bescheiden führen.
  • Gesetze zum Schutz des Handwerks und anderer Berufsgruppen. Sie führen dazu, dass nicht in die Handwerksrolle eingetragene Anbieter ihre Leistungen außerhalb des gesetzlich gezogenen Rahmens erbringen (müssen) und dann auch keine Steuern und Abgaben zahlen.
  • Sozialleistungen (wie Sozialhilfe), die entfallen, wenn eine bezahlte Beschäftigung angenommen wird.
  • Lohnersatzleistungen (Arbeitslosengeld I oder Arbeitslosengeld II, Kurzarbeitergeld, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall), die es attraktiv machen, einerseits staatliche Hilfen zu beantragen und andererseits unangemeldet einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen. Sozialmissbrauch spielt daher eine immer größere Rolle.
  • Frühpensionierung aus gesundheitlichen Gründen oder Vorruhestand zur Entlastung des Arbeitsmarktes. Menschen, die durchaus noch arbeiten können und wollen, dies aber offiziell nicht dürfen, suchen sich eine Beschäftigung im schwarzen Arbeitsmarkt.
  • Arbeitszeitverkürzungen, die dazu führen, dass viele Arbeitnehmer mehr Freizeit haben, als sie eigentlich wollen. Viele suchen sich deshalb eine Nebentätigkeit. Da sie im Hauptberuf sozial abgesichert sind, können sie nach Feierabend "brutto für netto" arbeiten.
  • Hauswirtschaftliche Dienstleistungen. Sie werden vor allem durch Frauen erbracht, die über ihren Ehepartner sozial abgesichert sind und ihren Lohn daher ohne Abzüge ausbezahlt haben wollen. Bei voller Steuerlast und Abgabenleistung sind diese Tätigkeiten auch für den Auftraggeber oft zu teuer.
  • Behinderung von Arbeitnehmern aus anderen Staaten durch bürokratische oder gesetzliche Maßnahmen (wie die Entsenderichtlinie), die zu den deutschen Tariflöhnen oder zu Mindestlöhnen keine Beschäftigung finden können und daher unangemeldet arbeiten.
  • Arbeitsverbote für Asylbewerber, die aber dennoch etwas nebenher verdienen wollen.
  • Verweigerung der Arbeitserlaubnis für Ausländer aus Staaten mit sehr viel niedrigeren Löhnen, die aber dennoch einreisen um illegal zu arbeiten.
  • So genannte "Nachbarschaftshilfe" die in geringem Maße zwar zulässig ist, aber vor allem auf dem Land dazu führt, dass ganze Eigenheime auf diese Art errichtet werden.
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Bei der Schwarzarbeit handelt es sich nicht um Tätigkeiten, die von vornherein kriminell sind (wie Schmuggel, Diebstahl, Unterschlagung usw.). Sie unterscheiden sich von regulären wirtschaftlichen Tätigkeiten vor allem dadurch, dass in der Regel bar gezahlt wird und die mit der Einkommenserzielung verbundenen Steuer-, Abgabe- oder Meldepflichten umgangen werden. Das erlaubt es den Anbietern von Schwarzarbeit, ihre Leistungen zu wesentlich niedrigeren Preisen zu erbringen.

Schwarzarbeit ist in den meisten Industrieländern trotz der Angst vor der Steuerfahndung und Außenprüfungen der Finanzämter ein bedeutender Wirtschaftsfaktor. Neben den schwarz arbeitenden "Einzelgängern", die Autos reparieren, Maurer- oder Dachdeckerarbeiten durchführen, Gärten anlegen und pflegen oder im Haushalt helfen, bieten auch immer mehr Handwerksbetriebe ihren Kunden an, zumindest Teile der Leistung schwarz zu erbringen. Denn dadurch bleibt ihnen nicht nur ein größerer Teil ihres Arbeitslohnes. Sie können auch die Mehrwertsteuer umgehen. Oft ist es für Handwerker auch die einzige Möglichkeit, mit preiswerteren ausländischen Anbietern zu konkurrieren.

Als Folge der in Deutschland stark gestiegenen Steuer- und Abgabenlast hat in den neunziger Jahren die Schwarzarbeit weiter stark zugenommen. Über den tatsächlichen Umfang der Schwarzarbeit gibt es in Ermangelung von Statistiken nur Schätzungen. Experten gehen davon aus, dass die Schattenwirtschaft Gelder in Höhe von bis zu 17 Prozent des Bruttoinlandsproduktes umsetzt. Ein Indiz dafür, dass die Wirtschaft im Untergrund seit Jahren boomt, ist auch die starke Zunahme des Bargeldumlaufs trotz der immer weiteren Verbreitung des bargeldlosen Zahlungsverkehrs.

Dem Staat und den Trägern der Sozialversicherungen gehen durch Schwarzarbeit Einnahmen in Milliardenhöhe verloren. Allerdings sind diese Verluste auch nicht so hoch, wie es zunächst erscheint. Denn beim Einkauf des für Schwarzarbeit benötigten Materials fließt dem Staat Mehrwertsteuer zu und ohne diese Käufe und die dadurch aufrecht erhaltene Produktion wäre die Arbeitslosigkeit höher. Zudem würden viele der in Schwarzarbeit ausgeführten Aufträge nicht erteilt, wenn die Kunden den regulären Preis zahlen müssten. Viele würden entweder ganz auf die Leistung verzichten oder noch stärker zur Eigenarbeit, zum Do-it-yourself greifen.

Weil Schwarzarbeit illegal ist, bewegen sich Auftraggeber und Auftragnehmer in einem rechtsfreien Raum. Sie können ihre gegenseitigen Forderungen nicht bei Gericht einklagen, ohne gleichzeitig ihre dem Finanzamt und anderen Behörden verschwiegenen Aktivitäten offen legen zu müssen. Deshalb können Auftraggeber bei mangelhafter Ausführung ihrer Aufträge keine Gewährleistung erzwingen und die Schwarzarbeiter können bei Säumigkeit des Schuldners ihren Arbeitslohn in der Regel nicht einklagen.



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