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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Arbeitskampf

Gewollte und geplante Störung des Arbeitsfriedens mit dem Ziel, arbeitsrechtliche Forderungen (wie Lohn, Arbeitszeit) durchzusetzen. Die wichtigsten Druckmittel sind die verschiedenen Formen von Streik und Aussperrung. Ein Arbeitskampf ist in der Bundesrepublik solange rechtmäßig, wie die durch Gesetze, Rechtsprechung und in Verträge zwischen den Tarifvertragsparteien festgelegten Regeln nicht verletzt werden. Ein Arbeitskampf darf nur der Durchsetzung arbeitsrechtlicher Ziele dienen. Er ist kein Mittel der Politik.

Eine generelle gesetzliche Regelung für den Arbeitskampf gibt es in der Bundesrepublik Deutschland nicht. Sofern gesetzliche Bestimmungen vorhanden sind, finden sie sich verstreut in verschiedenen Gesetzen. Aus der im Grundgesetz in Artikel 9 verankerten Koalitionsfreiheit wird aber von der Rechtsprechung das Recht der Tarifvertragsparteien abgeleitet, ihre Interessen notfalls mit den Mitteln des Arbeitskampfes durchzusetzen. Das Recht zum Streik als Mittel des Arbeitskampfes wird zwar in einigen Landesverfassungen garantiert, die Aussperrung durch die Arbeitgeber dagegen ist darin verboten. Verbindlich allerdings ist das übergeordnete Bundesrecht.

Der Tarifvertrag zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmer oder deren Organisationen, dem zuständigen Arbeitgeberverband und Gewerkschaft, wird immer für einen bestimmten Zeitraum geschlossen. Während seiner Laufzeit herrscht Friedenspflicht. Danach müssen die Arbeitsbedingungen neu ausgehandelt werden. Die in Deutschland geltende Tarifautonomie garantiert, dass es allein in der Verantwortung der Vertragspartner liegt, die Arbeitsbedingungen auszuhandeln. Der Staat muss sich neutral verhalten. Das bedeutet auch, dass er keine Unterstützung an streikende Arbeitnehmer in Form von Arbeitslosengeld zahlen darf. Umstritten ist, ob nicht am Arbeitskampf beteiligte Arbeitnehmer, deren Betriebe infolge von Streiks nicht mit den benötigten Produktionsmitteln beliefert werden und daher die Produktion einstellen müssen, Anspruch auf Arbeitslosengeld oder Kurzarbeitergeld haben.

Bei den meist jährlichen Tarifverhandlungen steht in der Regel die Forderung nach einer Erhöhung der Arbeitseinkommen im Vordergrund. Daneben spielt die Arbeitszeit und deren Verteilung auf den Tag, die Woche oder das Jahr immer wieder eine wichtige Rolle. Nicht jedes Jahr neu ausgehandelt werden meist die Urlaubs- oder Pausenregelungen, Fragen des Arbeitsschutzes, Weiterbildung, besserer Kündigungsschutz, die Rechte betrieblicher Vertrauensleute der Gewerkschaften, Regelungen für Teilzeitarbeitskräfte, für Frauen oder Auszubildende. Dieser Teil der Arbeitsbedingungen ist Gegenstand des meist längerfristig abgeschlossenen Manteltarifvertrages.

Fast alle gewerkschaftlichen Forderungen lassen sich letztlich in Kosten für die Unternehmen umrechnen. Dabei kommen Gewerkschaften und Arbeitgeber allerdings immer zu unterschiedlichen Ergebnissen hinsichtlich der Gesamtkosten eines Forderungspakets. Wenn über einzelne Forderungen und die Höhe der unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten vertretbaren Gesamtbelastung keine Einigung am Verhandlungstisch erzielt werden kann und die in den meisten Fällen vorgesehene Schlichtung ohne Erfolg geblieben ist, können beide Seiten nach Ende der Friedenspflicht zu den verschiedenen Mitteln des Arbeitskampfes greifen, um ihren jeweiligen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Das Ziel dabei ist, durch wirtschaftlichen Druck die andere Seite zum Einlenken zu bewegen und so die eigenen Forderungen ganz oder teilweise durchzusetzen.

Wie kampfbereit die jeweiligen Mitglieder der Gewerkschaften und der Arbeitgeberverbände sind, hängt dabei immer sehr stark von der gesamtwirtschaftlichen Lage ab. In Zeiten hoher Arbeitslosigkeit ist die Streikbereitschaft der Arbeitnehmer meist geringer und die ohnehin unter Absatzschwierigkeiten leidenden Unternehmen sehen einer Unterbrechung der Produktion infolge eines Arbeitskampfes gelassener entgegen. Wenn sich dagegen die Wirtschaft in einer Hochkonjunktur befindet, bringt jede Störung des Produktionsprozesses empfindliche wirtschaftliche Einbußen mit sich. Überdies fällt es den Betrieben leichter, höhere Löhne zu zahlen, weil sie aufgrund der hohen Nachfrage nach ihren Produkten Preiserhöhungen bei den Abnehmern durchsetzen können.

Das wichtigste Mittel im Arbeitskampf auf Seiten der Arbeitnehmer ist der Streik und auf der Arbeitgeberseite die Aussperrung. Ehe es zu einer größeren Arbeitsniederlegung kommt, finden meist mehr oder weniger "spontane" Warnstreiks statt. Vor Auslaufen der Friedenspflicht sind dies allerdings rechtlich gesehen Vertragsverletzungen. Die Gewerkschaften dürfen solche Aktionen offiziell nicht unterstützen und sind sogar verpflichtet, mäßigend auf ihre Mitglieder einzuwirken.

Im Sinne des Zivilrechts sind sowohl Streik als auch Aussperrung eigentlich Verletzungen der Arbeitsverträge. Denn der Beschäftigte macht sich der Arbeitsverweigerung schuldig und der Arbeitgeber zahlt bei einer Aussperrung nicht den vereinbarten Lohn. Unter anderen Umständen würde diese Vertragsverletzung die jeweils davon betroffene Seite berechtigen, den Arbeitsvertrag fristlos zu kündigen und Schadensersatz zu verlangen. Die Rechtsprechung hat aber dennoch den Arbeitskampf für zulässig erklärt. Der Arbeitsvertrag ruht für beide Seiten und lebt erst dann wieder auf, wenn der Konflikt durch einen neuen Tarifvertrag gelöst wird. Allerdings gilt dies nur, wenn die für einen rechtmäßigen Arbeitskampf geltenden Regeln eingehalten werden.

Die Friedenspflicht besteht dann nicht mehr. Es darf aber kein Zwang gegen Personen ausgeübt werden, die sich nicht an Arbeitskampfmaßnahmen beteiligen wollen. Streikende dürfen Arbeitswillige nicht mit Gewalt am Betreten ihres Betriebes hindern. Unternehmen, die sich nicht an einer vom Arbeitgeberverband beschlossenen Aussperrung beteiligen wollen und deshalb aus dem Verband austreten, dürfen nicht unter Druck gesetzt werden, indem ihnen zum Beispiel die Lieferung von Rohstoffen, Energie oder anderen betriebsnotwendigen Mitteln verweigert wird.

Beamte dürfen sich in Deutschland nicht an einem Arbeitskampf beteiligen. Dies gilt allerdings nicht für die Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst.



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