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über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Briefkastenfirmen (Basisgesellschaften)

Bei Briefkastenfirmen oder Basisgesellschaften handelt es sich um Rechtsträger, die in einem Land registriert sind, dort aber keine oder nur geringfügige Geschäfte betreiben. Der Firmensitz wird allein aus rechtlichen - meist steuerrechtlichen Gründen - eingerichtet. In die Konten der Gesellschaft können die Behörden des Landes, in dem der Inhaber der Briefkastenfirma tatsächlich ansässig ist, keinen Einblick nehmen.

Bei den "Briefkastenfirmen" handelt es sich um Gesellschaften, die von Steuerzahlern mit Hauptwohnsitz in anderen Ländern vor allem in so genannten "Steueroasen" wie Luxemburg, der Schweiz, Liechtenstein, Monaco oder auch in der Karibik und auf den Kaiman-Inseln gegründet werden. Eine Produktion von Gütern oder Dienstleistungen oder Handelsgeschäfte finden am Sitz der Briefkastenfirma nicht oder nur in sehr geringem Umfang statt. Der Gesellschafter selbst ist selten oder nie am Sitz der Firma. Die Basisgesellschaften unterhalten in dem "Steuerparadies" nur ein kleines Büro. Sie werden dort in der Regel von Ortsansässigen gemanagt. Dabei handelt es sich meist um Anwälte oder Banker, die mit der Wahrnehmung der Interessen der Firma (beziehungsweise ihres ausländischen Besitzers) beauftragt werden. Viele dieser Banken oder Anwaltsbüros vertreten zahlreiche Briefkastenfirmen gleichzeitig.

Der Gründer einer Basisgesellschaft überträgt seine Rechte - das können zum Beispiel Anteile an Aktiengesellschaften, Patente oder Kapitalforderungen sein - an die in der Steueroase ansässige Firma. Die Gewinne werden dort ausgeschüttet oder auch zu Gunsten der Firma einbehalten. Da auf diese Weise das Einkommen der Briefkastenfirma zufließt, muss es ihr Inhaber in seinem Heimatland nicht direkt versteuern. Die Einkünfte fallen statt dessen im Ausland an und werden dort mit erheblich niedrigeren Sätzen besteuert. So können die hohen Steuern im Heimatland des Inhabers der Basisgesellschaft zumindest teilweise umgangen werden. Allerdings suchen die Hochsteuerländer immer wieder nach Mitteln und Wegen, um Steuerflucht zu verhindern oder den Steuerpflichtigen dennoch im Inland zu veranlagen.

Die Gründung von Basisgesellschaften, die mit der Verwaltung von Patenten oder der Anlage von Vermögen beauftragt werden, kann zwar durchaus in den Bereich der "erlaubten Steuergestaltung" fallen. Da es sich aber oft um die Anlage von "Schwarzgeld" handelt oder die im Ausland anfallenden Erträge den deutschen Steuerbehörden nur teilweise oder gar nicht offenbart werden, handelt es sich bei den Aktivitäten von Briefkastenfirmen oft um Steuerhinterziehung. Es ist damit strafbarer Missbrauch. Allerdings wird in diesen Fällen versucht, die Konten im Ausland geheim zu halten. Wer tatsächlich hinter den Briefkastenfirmen steht, ist daher oft nur den mit der Verwaltung der Konten und der Abwicklung des Schriftverkehrs beauftragten Treuhändern bekannt. Diese unterliegen als Anwälte oder Bankiers nach den Gesetzen des jeweiligen Landes der Pflicht zur Verschwiegenheit.

Als Gesellschaftsform wird häufig die Aktiengesellschaft gewählt, die zum Beispiel in der Schweiz oder Liechtenstein nur einer geringen Publizitätspflicht unterliegt und es dem Eigentümer der Aktien erlaubt, anonym zu bleiben. Auch die Form der GmbH ist wegen der steuerlichen Vorteile beliebt. Der inländische Steuerpflichtige ist nach Paragraph 90 der Abgabenordnung gegenüber dem zuständigen deutschen Finanzamt zwar zur Sachverhaltsaufklärung bei Auslandsgeschäften verpflichtet. Solange er seine ausländischen Einkünfte oder die Existenz von Briefkastenfirmen nicht verheimlicht, handelt es sich auch weder um Steuerhinterziehung noch um eine illegale Tätigkeit. Da aber in vielen Fällen Briefkastenfirmen allein zum Zweck der Steuerhinterziehung gegründet werden, beobachten die Finanzbehörden deren Existenz immer mit großem Misstrauen.

Ein weiterer Grund für einen Firmensitz im Ausland kann neben der günstigeren Steuergesetzgebung der Wunsch sein, sich leichter dem Zugriff von Gläubigern entziehen zu können. Deshalb wählen insbesondere Firmen, die im grauen Kapitalmarkt operieren ("Anlagenberater", Verkäufer von gewagten Steuersparmodellen, ausländischen Immobilien oder von "Time-Sharing-Immobilien) gern einen Firmensitz in exotischen Steueroasen.



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