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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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MODIGLIANI-MILLER-Theorem

setzt sich mit dem zentralen Problem der betriebswirtschaftlichen Finanzierungslehre, der Frage nach dem optimalen Verschuldungsgrad eines Unternehmens, auseinander. Franco MODIGLIANI und Merton H. MILLER haben mit ihrem 1958 aufgestellten Irrelevanztheorem auf diese Frage eine verblüffende Antwort gefunden: Sie behaupten, dass der Marktwert eines Unternehmens unabhängig ist vom Verschuldungsgrad, mithin entpuppt sich die Frage nach dem optimalen Fremdkapitalanteil als Scheinproblem. Bemerkenswert an diesem Irrelevanztheorem ist nicht nur die Aussage selbst, sondern noch viel mehr hat sich die methodische Vorgehensweise von MODIGLIANII MILLER als prägend für die weitere Entwicklung der gesamten Finanzierungstheorie erwiesen. Finanzwirtschaftliche Entscheidungen von Unternehmen sind nicht isoliert zu bewerten, sondern stets im Gesamtzusammenhang mit dem Geschehen auf dem Kapitalmarkt zu sehen. Das Theorem beruht auf einer Reihe von z.T. sehr restriktiven Prämissen, die immer wieder die Ansatzpunkte für die Kritik an der Irrelevanzaussage waren. a) Unternehmen können Risikoklassen zugeordnet werden; zwei Unternehmen der gleichen Risikoklasse sind dadurch gekennzeichnet, dass die Überschüsse im Leistungsbereich vollständig positiv miteinander korreliert sind. b) Unternehmen und Privatpersonen haben gleichen Zugang zum Kapitalmarkt, d.h., sie können zu gleichen Konditionen Geld anlegen bzw. aufnehmen. c) Es gibt keine Transaktionskosten, die mit dem Kauf oder Verkauf von Finanzierungstiteln verbunden sind. d) Das von Unternehmen aufgenommene Fremdkapital ist nicht ausfallbedroht. e) Es gibt keine finanzierungsabhängigen Steuern. Der Grundgedanke des Irrelevanzergebnisses beruht auf der Einsicht, dass bei effizientem Finanzmarkt die Auswirkungen von finanzwirtschaftlichen Entscheidungen innerhalb des Unternehmens auf die Zahlungsüberschüsse, die an die Kapitalgeber fließen, von diesen durch private Finanzierungstransaktionen neutralisiert werden können. Erhöht ein Unternehmen den Fremdkapitalanteil, so kann die damit verbundene Erhöhung des finanzwirtschaftlichen Risikos (Leverage-Effekt) dadurch kompensiert werden, dass ein Anleger einen Teil seiner Anteile verkauft und diesen Verkaufserlös in festverzinslichen Wertpapieren anlegt. Umgekehrt kann eine Reduzierung des Verschuldungsgrades durch einen kreditfinanzierten Kauf von Anteilen von jedem Anteilseigner rückgängig gemacht werden, vorausgesetzt, er kann zu den gleichen Konditionen Kredit aufnehmen wie das Unternehmen und die Umstrukturierung der Geldanlage ist nicht mit Transaktionskosten verbunden. Betrachtet werden zwei Unternehmen, deren Überschüsse im Leistungsbereich (X) stets identisch sind. Unternehmen 1 (U1) sei vollständig eigenfinanziert und habe einen Marktwert VI, U2 sei teilweise fremdfinanziert. Mit V2 sei der Marktwert von U2 bezeichnet, der sich zusammensetzt aus dem Marktwert des Eigenkapitals (E2) und dem Marktwert des Fremdkapitals (F). Der Zinssatz für sichere Geldanlage bzw. Geldaufnahme sei r. Einem Investor, der einen Anteil in Höhe von a am Zahlungsstrom von U1 erwerben möchte, stehen hierzu zwei Möglichkeiten offen: Er kann (1) einen Anteil in Höhe von a am Kapital von U1 erwerben, er kann aber auch (2) einen Anteil in Höhe von a am Eigenkapital von U2 erwerben und darüber hinaus einen Betrag in Höhe von a•F in festverzinslichen Wertpapieren anlegen. Wie aus dem nachstehenden Tableau deutlich wird, führen beide Strategien zum gleichen Zahlungsstrom (Tab. 1). Offensichtlich wird ein rationaler Kapitalgeber diejenige Alternative bevorzugen, die den geringeren Kapitaleinsatz erfordert. Gilt V 1>V2, so wird er Anteile an U2 erwerben und den Betrag a•F festverzinslich anlegen, um den Zahlungsstrom a X zu erhalten, im Falle V 1<V 2 wird er umgekehrt Anteile an U1 kaufen. Darüber hinaus kann, sofern V1 # V2 gilt, ein risikoloser Arbitragegewinn erzielt werden: Gilt V1>V2, so liefert der Leerverkauf von Anteilen an U1 bei gleichzeitigem Kauf von Anteilen an U2 und Anlage von aF zum Zinssatz r einen sicheren Arbitrage-gewinn in Höhe von a4VI—V2), im Falle V2>V1 sind Anteile an U2 leer zu verkaufen und gleichzeitig unter Hinzunahme eines Kredits Anteile an U1 zu kaufen, um einen sicheren Arbitragegewinn zu erzielen. Analog kann der Zahlungsstrom einer Beteiligung am Eigenkapital von U2 durch eine teilweise kreditfinanzierte Beteiligung an U1 rekonstruiert, werden (Tab. 2). Auch hier eröffnen sich wieder jedem Kapitalgeber gewinnbringende Arbitragemöglichkeiten, wenn V1 # V2 ist. Damit ist bewiesen, dass es mit einem Kapitalmarktgleichgewicht bei Arbitragefreiheit unvereinbar ist, wenn der Marktwert eines Unternehmens vom Verschuldungsgrad abhängig ist. Das Irrelevanzergebnis geht verloren, wenn das Steuersystem nicht finanzierungsneutral ist. Hier soll nur der einfache Fall eines hypothetischen Steuersystems betrachtet werden, das als einzige Steuerart eine Steuer auf Unternehmensgewinne erhebt. Bemessungsgrundlage dieser Gewinnsteuer sei der Gewinn abzüglich der Fremdkapitalzinsen, mit t sei der proportionale Gewinnsteuersatz bezeichnet. Da es annahmegemäss keine private Einkommensteuer gibt und dementsprechend auch keine Zinsen für eine Verschuldung im Privatbereich steuerlich abzugsfähig sind, ergibt sich nun eine Bevorzugung der Fremdfinanzierung gegenüber der Eigenfinanzierung, denn die Alternativen (1) Beteiligung an einem fremdfinanzierten Unternehmen und (2) Beteiligung an einem eigenfinanzierten Unternehmen kombiniert mit privater Kreditaufnahme führen nun nicht mehr zu den gleichen Zahlungsströmen nach Steuern (Tab. 3). Bezogen auf den gesamten Zahlungsstrom (a = 1) führt die Beteiligung an dem fremdfinanzierten Unternehmen zu einem um den sicheren Betrag r•F•t höheren Zahlungsüberschuh nach Steuern. Da r•F•t ein sicherer Betrag ist, erhält man den Marktwert der Steuerersparnis durch Abdiskontierung mit r, dem Zinssatz für sichere Anlagen. Dementsprechend übersteigt der Marktwert des fremdfinanzierten Unternehmens den des rein eigenfinanzierten Unternehmens um den Betrag F4. MODIGLIANI-MILLER-Theorem Optimal wäre nach diesem Ergebnis eine vollständige Fremdfinanzierung. In ganz ähnlicher Weise lassen sich auch kompliziertere Steuersysteme in die Betrachtung einbeziehen, aufgrund der steuerlichen Bevorzugung der Fremdfinanzierung in nahezu allen realen Steuersystemen ergibt sich stets, dass in möglichst hohem Umfang von der Fremdfinanzierung Gebrauch gemacht werden sollte. Literatur: Drukarczyk, J. (1993). Swoboda, P. (1991). Franke, G., Hax, H. (1994)



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