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Wirtschaftslexikon
über 20.000 Fachbegriffe - aktualisierte Ausgabe 2015
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Öko-Leasing

1. Ausgangsproblem Der Erkenntnisfortschritt in den Naturwissenschaften und die darauf aufbauende technologische Entwicklung haben seit dem ausgehenden neunzehnten Jahrhundert vor allem in den Industrienationen Europas, Amerikas und Südostasiens zu einer erheblichen Steigerung des Lebensstandards geführt: Eine ausreichende und flächendeckende Versorgung mit Gütern zur Befriedigung der Grundbedürfnisse nimmt in diesen Ländern lediglich noch den Charakter einer notwendigen Nebenbedingung ein; die unbegrenzte Verfügbarkeit von Energie und Rohstoffen, nahezu uneingeschränkte Mobilität, Telekommunikation sowie viele Luxusgüter, zum Beispiel aus dem Bereich der Unterhaltungselektronik, werden in breiten Kreisen der Bevölkerung schon fast als Selbstverständlichkeiten hingenommen und gelten als kulturelle Standards. Allzuoft wird hierbei jedoch übersehen, daß sowohl die Grundbedarfsdeckung, als auch die Befriedigung des Luxusbedarfs in einer Art und Weise erfolgen, die die ökologischen und ökonomischen Grundlagen des Wirtschaftens gefährdet. Externe Effekte wie etwa die allmähliche Erwärmung der Erdatmosphäre und die daraus resultierenden Klimaveränderungen, die fortschreitende Verringerung der Ozonschicht (Ozon, Ozonloch), die zunehmenden Waldschäden oder die Erschöpfung natürlicher Senken für Abfallprodukte - um nur einige Aspekte zu nennen - bilden die Kehrseite der Produktions- und Konsumgewohnheiten der Industriegesellschaften und deuten darauf hin, daß sich - zumindest einstweilen - eine Belastbarkeitsgrenze der ökologischen Umwelt abzuzeichnen scheint. Um der sukzessiven „Erosion“ unserer natürlichen Lebensgrundlagen entgegenzuwirken, ist es erforderlich, technische, wirtschaftliche und soziale Prozesse der Gesellschaft nachhaltig an die Tragfähigkeit (Belastbarkeit) der Natur anzupassen, eine Forderung, die längst nicht mehr allein aus ethisch-moralischen Erwägungen heraus zu erheben ist, sondern die mittlerweile zu einem existentiellen Imperativ für den Bestand unserer sozialen Systeme avanciert ist. Dabei ist aus ökonomischer Sicht entscheidend, daß dies unter weitestmöglicher Wahrung des Ordnungsrahmens der etablierten Wirtschaftssysteme erfolgt, das heißt vor allem unter Erhaltung des Prinzips der marktlichen Koordination dezentraler wirtschaftlicher Entscheidungen, und nicht auf einen Rückfall in überkommene Modelle zentraler Lenkung und übermäßiger Regulierung hinausläuft. Einer der unter dieser Vorbedingung erfolgversprechenden Ansätze zur Eindämmung der immer weiter um sich greifenden Umweltschädigung wird dabei - die Ursache des Problems in dem hohen Materialumschlag des industriellen Metabolismus annehmend - in einer umfassenden Dematerialisierung des Wirtschaftens, das heißt einer nachhaltigen Reduktion der gesamtwirtschaftlichen Stoff- und Materialströme gesehen, wobei vielfach ein Faktor zehn für notwendig, jedoch auch technisch möglich gehalten wird. In diesem Zusammenhang spielen neben technischen Effizienzsteigerungen vor allem Konzepte veränderter Konsum- und Nutzungsmuster eine zentrale Rolle, denen auch das Öko-Leasing, eine im Sinne ökologischer Zielsetzungen gestaltete Variante der Vermietung, zuzurechnen ist. Spielten Öko-Leasing-Systeme in der umweltökonomischen und umweltpolitischen Diskussion bislang eine eher untergeordnete Rolle, hat die Idee des ÖkoLeasing jüngst wiederum ganz erheblich dadurch an Aktualität gewonnen, daß sie in dem 1998 veröffentlichten Abschlußbericht der Enquete-Kommission „Schutz des Menschen und der Umwelt“ des 13. Deutschen Bundestages als mögliches Element einer nachhaltigen Umweltpolitik genannt wird. 2. Charakteristika der Finanzdienstleistung Leasing Der Begriff des Leasing wird weder in der Wirtschaftspraxis noch in der Literatur einheitlich verwendet, und der Versuch einer präzisen Definition wird durch die Vielzahl der damit bezeichneten Sachverhalte und die Vielzahl der vorzufindenden Akzentuierungen erheblich erschwert. Nähert man sich dem Leasing-Begriff aus rechtlicher Sicht, so kann Leasing als temporäre, gegen Entgelt gewährte Gebrauchsüberlassung von Wirtschaftsgütern, genauer von langlebigen Investitions- und Konsumgütern, bezeichnet werden, der wesentliche mietrechtliche Elemente innewohnen. Jedoch ist Leasing lediglich in der Variante des Operate-Leasing der Miete gleichzusetzen. Im Falle des Finanzierungs-Leasing ergeben sich dagegen Unterschiede zwischen beiden Vertragsformen aus einer von mietrechtlichen Regelungen abweichenden Verteilung von Rechten, Pflichten und Risiken zwischen einer Leasing-Gesellschaft als „Vermieterin“ (Leasing-Geber) und ihrem Kunden als „Mieter“ (Leasing-Nehmer). Diese führt dazu, daß der Leasing-Nehmer zwar hinsichtlich seiner Risikoposition dem Eigentümer eines Wirtschaftsgutes gleichgestellt ist, ihm jedoch andererseits nicht dessen Verfügungsrechte zustehen, da das rechtliche Eigentum der Leasing-Gesellschaft zugeordnet ist. Die Differenzierung zwischen Operate-Leasing und Finanzierungs-Leasing knüpft in erster Linie an den finanzwirtschaftlichen Aspekt der Verteilung des Investitionsrisikos zwischen Leasing-Geber und Leasing-Nehmer an. Im Rahmen des Operate-Leasing erwirbt der Leasing-Nehmer das Nutzungsrecht an einem Wirtschaftsgut für einen begrenzten, jedoch nicht an das (voraussichtliche) Nutzungspotential des Objekts gebundenen, oder auch für einen zunächst noch unbestimmten Zeitraum. Das Vertragsverhältnis kann von beiden Vertragspartnern unter Einhaltung einer bei Vertragsabschluß vereinbarten, zumeist vergleichsweise kurzen Kündigungsfrist jederzeit aufgelöst werden, ohne daß hierdurch besondere Verpflichtungen für den Leasing-Nehmer, etwa in Form einer Konventionalstrafe oder einer Abschlußzahlung, entstünden. Da OperateLeasing-Verträge in der Praxis selten längere Laufzeiten als ein Jahr aufweisen, läßt sich diese Vertragsgestaltung als kurzfristige Variante der Vermietung oder Verpachtung kennzeichnen. Aufgrund der im Vergleich zur technischen Nutzungsdauer zumeist kurzfristigen Vertragslaufzeit ist der Leasing-Geber darauf angewiesen, das jeweilige Objekt nacheinander mehreren Nutzern zu überlassen, um eine vollständige Amortisation der entstandenen Aufwendungen, insbesondere der Anschaffungskosten, zu erreichen und trägt insofern das gesamte mit der Investition verbundene Risiko. Im Gegensatz dazu läßt sich als zentrales Charakteristikum des herausstellen, daß der Leasing-Nehmer ungeachtet während der Vertragslaufzeit Finanzierungs-Leasing eintretender außerplanmäßiger Ereignisse - so etwa zufälliger Untergang des Objekts, Verlust, Diebstahl, Beschädigung oder vorzeitiger Verschleiß - stets die volle Amortisation sämtlicher dem Leasing-Geber entstehender Aufwendungen sowie einer Gewinnmarge sicherzustellen hat und damit das gesamte Investitionsrisiko trägt. Ein zweites wesentliches Merkmal des Finanzierungs-Leasing besteht darin, daß sich die Vertragslaufzeit des Leasing-Verhältnisses über eine beiderseitig unkündbare Grundmietzeit erstreckt, die aufgrund steuer- und bilanzrechtlicher Regelungen sowie der darauf aufbauenden Praxis der Vertragsgestaltung zwischen vierzig und neunzig Prozent der gemäß der amtlichen Abschreibungstabellen zu ermittelnden betriebsgewöhnlichen Objektnutzungsdauer liegt. Im Gegensatz zum Operate-Leasing, das in erster Linie als Investitionsalternative zu qualifizieren ist, stellt sich das Finanzierungs-Leasing in wirtschaftlicher Betrachtungsweise meist als Finanzierungsalternative dar, vor allem, wenn nach Vertragsbeendigung ein Eigentumsübergang auf den Leasing-Nehmer stattfindet. Die sich damit auf den ersten Blick andeutende Parallele zum Bankkredit als substitutive Form der Fremdfinanzierung ist jedoch nicht sachgerecht, da insbesondere die differierende steuerliche Behandlung, abweichende Verfügungsrechte sowie die im Rahmen des Leasing ergänzend angebotenen Dienstleistungen eine Vielzahl subtiler, quantitativer und qualitativer Unterschiede zwischen beiden Alternativen begründen. Hinsichtlich der Dienstleistungskomponente ist dabei vor allem die in den Leistungsumfang des Leasing integrierte Verwertungsleistung hervorzuheben, der gerade im Zusammenhang des Öko-Leasing eine zentrale Rolle zukommt: Nach Ablauf der Vertragslaufzeit übernimmt die Leasing-Gesellschaft als Eigentümerin des Objekts dessen Verwertung, die sich entweder in Form der Veräußerung am Markt - dies schließt eine Veräußerung an den Leasing-Nehmer ein - oder der Verschrottung vollzieht. Gerade die Verwertungsfunktion, die der Leasing-Geber übernimmt, bildet, wie noch auszuführen sein wird, den zentralen Ansatzpunkt der Konzeption des Öko-Leasing, durch die eine umweltgerechte Objektentsorgung sicherzustellen versucht wird. Die gängigen Vertragsgestaltungen des Finanzierungs-Leasing lassen sich nach dem Grad der Amortisation des Leasing-Objekts während der Grundmietzeit zunächst in Voll-und Teilamortisationsverträge klassifizieren. Werden durch die während der Grundmietzeit geleisteten Leasing-Raten sämtliche dem Leasing-Geber entstehende Kosten - dies sind insbesondere die Anschaffungsoder Herstellungskosten des Objekts, alle sonstigen Nebenkosten sowie die Finanzierungskosten der Leasing-Gesellschaft - einschließlich einer Gewinnspanne gedeckt, handelt es sich um einen sogenannten Vollamortisationsvertrag. Diese Vertragsvariante kann mit und ohne Optionsrecht des Leasing-Nehmers ausgestattet sein. Wird bei Vertragsabschluß keine Optionsvereinbarung zugunsten des Leasing-Nehmers getroffen, muß dieser das Objekt nach Ablauf der Grundmietzeit an den Leasing-Geber zurückgeben. Dagegen räumt die Vereinbarung einer Kaufoption dem Leasing-Nehmer das Recht ein, das Leasing-Objekt am Ende der Grundmietzeit zu einem bei Vertragsabschluß festgelegten Preis zu erwerben. Alternativ oder auch zusätzlich hierzu eröffnet eine Mietverlängerungsoption dem Leasing-Nehmer die Möglichkeit, das Leasing-Objekt nach Ende der Vertragslaufzeit weiterhin entgeltlich zu nutzen. Werden während der Grundmietzeit eines Leasing-Verhältnisses hingegen die Aufwendungen des Leasing-Gebers samt seiner Gewinnmarge nur teilweise durch die periodischen Zahlungen des Leasing-Nehmers gedeckt, bleibt also zum Ende der Grundmietzeit ein noch nicht amortisierter Betrag in Höhe eines bei Vertragsabschluß kalkulierten Restwertes offen, spricht man von einem Teilamortisationsvertrag. Allen Varianten des Teilamortisationsvertrages ist gemeinsam, daß sie dem Leasing-Geber den bis zum Ende der Grundmietzeit noch nicht amortisierten Teil seiner Aufwendungen gewährleisten (Vollamortisationspflicht des Leasing-Nehmers). Bei einem Teilamortisationsvertrag mit Andienungsrecht geschieht dies dadurch, daß dem Leasing-Geber das Recht eingeräumt wird, den Leasing-Nehmer zum Kauf des Objektes zu einem bei Vertragsabschluß festgelegten Preis zu verpflichten, wenn kein Mietverlängerungsvertrag zustande kommt. Ein Teilamortisationsvertrag mit Mehrerlösbeteiligung sieht dagegen vor, daß das Leasing-Objekt nach Ablauf der Grundmietzeit durch den Leasing-Geber oder nach dessen Weisung durch den Leasing-Nehmer veräußert wird. Ober-steigt der dabei erzielte Veräußerungserlös den bis dahin noch nicht amortisierten Restwert, wird der Mehrerlös nach einer vertraglich festgelegten Quotierung auf beide Vertragsparteien verteilt. Kann der zur Vollamortisation erforderliche Restwert dagegen nicht erzielt werden, so besteht in Höhe der Differenz eine Zahlungsverpflichtung des Leasing-Nehmers gegenüber dem Leasing-Geber. Entsprechend der Stellung des Leasing-Gebers beim Zustandekommen des Leasing-Verhältnisses ist schließlich direktes Leasing von indirektem Leasing zu unterscheiden. Direktes Leasing ist dadurch gekennzeichnet, daß zwischen dem Hersteller oder Händler eines Wirtschaftsgutes und dem Leasing-Nehmer eine unmittelbare vertragliche Beziehung besteht, der Leasing-Vertrag mit anderen Worten also direkt zwischen dem Hersteller oder dem Händler des betreffenden Leasing-Objektes, der zugleich als Leasing-Geber auftritt, und dem Leasing-Nehmer zustandekommt. Das Spektrum der Objekte, die als Vertragsgegenstand in Frage kommen, ist hierbei auf das Produktangebot des jeweiligen Herstellers oder Händlers beschränkt. Im Gegensatz dazu zeichnet sich indirektes Leasing dadurch aus, daß zwischen Hersteller bzw. Händler und Leasing-Nehmer eine dritte Vertragspartei in Form einer selbständigen (institutionellen) Leasing-Gesellschaft steht. Diese kann sich entweder in Besitz eines Herstellers oder Händlers befinden - auch in diesem Fall werden lediglich Verträge über das gesellschafterspezifische Produktprogramm angeboten - oder in Besitz hersteller- und händlerunabhängiger Gesellschafter, so insbesondere von Banken. In letzterem Fall ist das Objektspektrum der Leasing-Gesellschaft prinzipiell unbegrenzt. 3. Grundgedanken und Voraussetzungen eines Öko-Leasing Der Begriff des Öko-Leasing kennzeichnet unter ökologischen Gesichtspunkten, insbesondere vor dem Hintergrund der Zielsetzung einer nachhaltigen Reduktion der gesamtwirtschaftlichen Stoff- und Materialströme, konzipierte Vertragsmodelle (Gestaltungsvarianten) der Finanzdienstleistung Leasing. Der Grundgedanke des ÖkoLeasing beruht auf dem auf F. Vester zurückgehenden biokybernetischen Prinzip der Funktionsorientierung, demzufolge die Funktion in der Natur eine höhere Bedeutung hat als der Funktionsträger. Überträgt man diese These in einen ökonomischen Kontext, findet sie ihre Entsprechung in der Feststellung, daß die Funktion eines Wirtschaftsgutes als Mittel zur Bedürfnisbefriedigung sowie die damit ermöglichte Nutzengenerierung für einen Investor bzw. Konsumenten im Grunde von höherer Bedeutung als das Produkt selbst ist. Im Gegensatz zu diesem in der Ökonomie seit langem anerkannten Sachverhalt zeichnet sich die Struktur vieler Marktprozesse in den industrialisierten Volkswirtschaften allerdings durch eine deutliche Produktorientierung aus, die vor allem in dem Umstand zum Ausdruck kommt, daß die Übertragung von Eigentumsrechten an einem Wirtschaftsgut ein zentrales Merkmal marktlicher Transaktionen darstellt. Genau hier setzt das Konzept des Öko-Leasing an, das auf der Hypothese basiert, eine nachhaltige Reduktion der gesamtwirtschaftlichen Stoffströme ließe sich durch die Konzeption funktionsorientierter Wirtschaftsprozesse erreichen, da hierdurch eine gleichwertige Funktionserfüllung für einen Investor bzw. Konsumenten bei jedoch deutlich verringerter Materialintensität gewährleistet werde. Demgemäß besteht das zentrale Prinzip eines Öko-Leasing als Grundmodell veränderter marktlicher Kooperationsmuster darin, zwischen dem Hersteller eines Wirtschaftsgutes, dem zum Absatz des Produktes an den Kunden gegebenenfalls eingeschalteten Absatzmittler (Händler), einer Leasing Gesellschaft und dem Verwender eines Wirtschaftsgutes (Leasing-Nehmer) einen in sich geschlossenen Produktkreislauf herzustellen, der die Rückkehr des Produktes am Ende seiner Lebensdauer zum Hersteller sicherstellt, bei dem eine umweltgerechte Entsorgung erfolgt. Dies geschieht - und hier kommt das Leasing-Element zum Tragen - indem der Nachfrager im Rahmen einer Markttransaktion nicht das Eigentum eines Wirtschaftsgutes, sondern lediglich die Funktion des Objektes gegen Zahlung einer anhand des erwarteten wirtschaftlichen Nutzungspotentials bemessenen Nutzungsgebühr erwirbt, das heißt mit anderen Worten, das nachgefragte Objekt für die Dauer seines Bedarfs mietet. Die Finanzierungsfunktion des Leasing tritt mithin vollständig hinter die Funktion der Nutzungsgewährung zurück. Die Funktionsorientierung des Prozesses führt dabei zu der intendierten Trennung von Eigentum und Nutzungspotential eines Wirtschaftsgutes, die wiederum als Vehikel dient, die Rückführung eines Produktes über die Leasing-Gesellschaft als Eigentümerin zum Produzenten sicherzustellen und damit zugleich die ökologische Verantwortung für die Entsorgung des Produktes auf den Hersteller zu verlagern, von dem angenommen wird, daß dieser aufgrund seiner Produktkompetenz eine umweltverträglichere Entsorgung als der Verwender sicherstellen kann. Insofern soll durch das Konzept des ÖkoLeasing zunächst eine umfassende und ökologisch möglichst wenig belastende Form der Abfallverwertung und -beseitigung sichergestellt werden. Zugleich versprechen sich die Vertreter dieses Ansatzes aber auch, daß die umfassende Einbindung der Produzenten in die Produktentsorgung als Anpassungsreaktion hierauf zu einer verstärkten Berücksichtigung ökologischer Aspekte in der Produktentwicklung und letztlich insgesamt zu entsorgungsfreundlicheren Konstruktionen führt. Darüber hinaus erscheint Öko-Leasing aber auch geeignet, das beschriebene Stoff- und Abfallproblem dadurch zu entschärfen, daß eine Intensivierung bzw. Verlängerung der Nutzung eines Wirtschaftsgutes erreicht wird. So ist beispielsweise vorstellbar - man denke hierbei etwa an Produkte, die schnellen Innovationszyklen unterliegen - daß ein Objekt für einen Nutzer bereits seinen Gebrauchswert verloren hat, während es sich für einen anderen durchaus noch als zweckdienlich erweisen könnte. Stellt sich aufgrund der gebräuchlichen Bewertungsverfahren in derartigen Fällen für den Investor oder Konsumenten als Eigentümer praktisch meist nur noch die Alternative der Verschrottung als ökonomisch sinnvoll und zweckmäßig dar, eröffnet der geschlossene Kreislauf eines Öko-Leasing dagegen die Möglichkeit, das noch offenstehende Nutzungspotential anderen Verwendern zur Verfügung zu stellen; der Hersteller oder die zwischengeschaltete LeasingGesellschaft fungiert hierbei als eine Art „Nutzungsintermediär“. Auf diese Weise läßt sich eine Optimierung der Nutzungsmöglichkeiten umlaufender Produkte und damit eine Reduktion des Materialumschlags erzielen. Objektrücklauf Die tatsächliche Realisierung der mit einem Öko-Leasing verfolgten Zielsetzungen ist jedoch an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen, die im wesentlichen Aspekte der zugrundeliegenden Leasing-Objekte, der Vertragsgestaltung und des Rechtsrahmens betreffen, gebunden. So ist zunächst evident, daß sich naturgemäß lediglich langlebige Investitions- oder Konsumgüter (Gebrauchsgüter) als Gegenstand von Öko-LeasingVerhältnissen eignen. Hierbei muß es sich jedoch nicht ausschließlich um „ÖkoProdukte“ handeln wie etwa Wind- und Wasserkraftwerke, Solarenergieanlagen, Fahrzeuge mit niedrigem Kraftstoffverbrauch oder ähnliches, sondern es sollten möglichst alle verbreiteten material- und abfallintensiven Güter einbezogen werden, so insbesondere auch Straßenfahrzeuge, Luft- und Wasserfahrzeuge, Personalcomputer und EDV-Jroßanlagen, Unterhaltungselektronik oder Haushaltsgeräte. Korrespondierend mit dem Grundprinzip eines Öko-Leasing-Systems, das Eigentum eines Wirtschaftsgutes und die damit verbundene Verantwortung für die Entsorgung von der Nutzungsmöglichkeit bzw. dem Nutzer zu lösen, besteht eine weitere, ganz entscheidende Voraussetzung des ÖkoLeasing darin, daß nur solche Vertragsgestaltungen gewählt werden, die eine Kaufoption des Leasing-Nehmers zum Ende der Vertragslaufzeit ausschließen. Denn nur auf diese Weise läßt sich sicherstellen, daß das Leasing-Objekt nach Vertragsbeendigung tatsächlich zum Hersteller zurückkehrt. Gleiches gilt für Andienungsrechte oder Mehrerlösbeteiligungen, die ebenfalls eine Übertragung der Eigentumsrechte der Leasing-Gesellschaft und eine Verlagerung der ökologischen Verantwortlichkeit für die Entsorgung am Ende der Leasing-Vertragslaufzeit zur Folge haben und insofern den intendierten Nutzungs- und Recyclingkreislauf durchbrechen. Aber auch die Einräumung von Mietverlängerungsoptionen ist, wenngleich dies bei oberflächlicher Betrachtung zunächst nicht so erscheinen mag, im Zusammenhang der Zielsetzungen ökologisch orientierter Konzepte des Leasing als problematisch zu beurteilen. So könnte eine Mietverlängerungsoptionen zwar grundsätzlich als vertragliches Instrument zur Verlängerung der Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes interpretiert werden, doch ist der Anreiz für den Leasing-Nehmer, diese Option auszuüben, das heißt konkret, für die Nutzung eines Objekts weiterhin Nutzungsentgelte zu entrichten, in den Fällen, in denen das Leasing-Objekt in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum bereits weitgehend oder vollständig durch die gezahlten Raten amortisiert ist, als äußerst gering zu werten. Aus ökonomischer Sicht scheint hier für den Leasing-Nehmer wesentlich sinnvoller, das Objekt zu erwerben oder die Ratenzahlungen, auch wenn diese absolut höher ausfallen als im Rahmen einer Mietverlängerung, zur Nutzung von Objekten zu verwenden, die technisch auf dem neuesten Stand sind. Während der Kauf des Objekts, wie oben erwähnt, mit dem Grundgedanken eines Öko-Leasing-Konzepts unvereinbar ist, stellt letzteres einen Anreiz dar, der grundsätzlich nur in solchen Fällen akzeptabel erscheint, in denen ein verbesserter ökologischer Standard neuer Produkte die infolge des Objektersatzes entstehenden Umweltschädigungen (Abfallwirkungen) deutlich überkompensiert. Außerdem sollten Öko-Leasing-Verträge Elemente enthalten, die eine möglichst lange Verweildauer des Leasing-Objektes im Produktions- oder Konsumprozeß des Leasing-Nehmers zu erreichen vermögen. Auch diese Anforderung wird von den gegenwärtig gebräuchlichen Vertragsvarianten nur in den seltensten Fällen erfüllt, da die Leistungspolitik der Anbieter unter anderem auch darauf ausgerichtet ist, einem Leasing-Nehmer aufgrund der im Vergleich zum Kauf kürzeren Bindung an ein Objekt die Möglichkeit zu verschaffen, stets die neuesten technischen Entwicklungen nachzuvollziehen. Hierdurch wird jedoch tendenziell eine Beschleunigung, nicht aber eine Retardation des gesamtwirtschaftlichen Materialumsatzes erreicht, ein Umstand, der wiederum nur unter obengenannter Bedingung mit ökologischen Zielsetzungen kompatibel ist. Tendenziell in Richtung Verkürzung der Nutzungszeit wirkt auch der Umstand, daß sich die Gestaltung der Vertragslaufzeit in praxi nicht an dem tatsächlich zu erwartenden Nutzungspotential eines Wirtschaftsgutes orientiert, sondern an fiktiven, durch die amtlichen Abschreibungstabellen vorgegebenen Nutzungszeiträumen, wobei erschwerend hinzukommt, daß die Laufzeit eines Leasing-Geschäfts de facto durch die gegenwärtigen bilanz- und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen des Leasing-Geschäfts - vor allem sind hier die Leasing-Erlasse der Finanzverwaltung anzuführen - auf maximal neunzig Prozent der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer beschränkt ist. Hierdurch wird der Leasing-Nehmer bereits zu einem Zeitpunkt mit der Frage eines Ersatzes des im Wege des Leasing genutzten Wirtschaftsgutes konfrontiert, zu dem dieses noch über ein mitunter mehrjähriges Nutzungspotential verfügt. Eine deutliche Verlängerung der Nutzungsdauer eines Wirtschaftsgutes läßt sich hingegen durch professionelle Wartungsleistungen erreichen, die insofern als korrespondierende Zusatzdienstleistungen einen integralen Bestandteil des Öko-Leasing bilden sollten. Als besonders vorteilhaft ist daran zu werten, daß Leasing-Gesellschaften aufgrund ihres umfangreichen Objektbestandes und der Vielzahl der zu vergebenden Wartungsleistungen über Kompetenzvorteile in der Auswahl der Anbieter der Wartungsleistungen verfügen und somit eine qualitativ hochwertigere Objektwartung als der Leasing-Nehmer gewährleisten könnten. 4. Ausblick Aus theoretischer Sicht ist in der grundsätzlichen Konzeption des Öko-Leasing ein durchaus geeigneter Ansatz zur tendenziellen Eingrenzung der stetig weiter um sich greifenden Umweltprobleme zu sehen, sofern die entsprechenden Rahmenbedingungen hierfür geschaffen werden. Hierzu zählt unter anderem ein Rechtsrahmen, der den Herstellern eine deutlich höhere ökologische Verantwortung für ihre Erzeugnisse zuweist, beispielsweise in Form von Rücknahme- und Entsorgungsverpflichtungen im Rahmen der Abfallgesetzgebung, als dies bislang der Fall ist. Unter wettbewerblichen Gesichtspunkten ist daneben entscheidend, sicherzustellen, daß die Ausgestaltung eines Öko-LeasingSystems nicht zur Entstehung langfristiger bzw. dauerhafter Fixeinkommen für die eingebundenen Hersteller führt. Darüber hinaus dürften auch, wie bereits erwähnt, Änderungen der gegenwärtigen steuer- und bilanzrechtlichen Rahmenbedingungen des Leasing-Geschäfts unvermeidlich sein, um ökologisch orientierten Leasingvertragsgestaltungen den Weg zu ebnen. In diesem Zusammenhang könnte gleichzeitig über geeignete staatliche Lenkungsmaßnahmen, etwa in Form von Förderprogrammen oder Subventionen der Leasing-Raten, nachgedacht werden, um die Akzeptanz eines ÖkoLeasing zu fördern. Mit Blick auf die oben angeführten vertraglichen Voraussetzungen ökologisch orientierter Leasing-Systeme ist festzuhalten, daß die Variante des Operate-Leasing als Vertragsmodell hierfür deutlich geeigneter als die des Finanzierungs-Leasing erscheint, da die Konzeption des Finanzierungs-Leasing von vornherein so ausgelegt ist, daß eine Übertragung des Eigentums an dem zugrundeliegenden Leasing-Objekt zum Ende der Vertragslaufzeit zumindest möglich ist. Ein zweiter Grund ist darin zu sehen, daß der Leasing-Geber aufgrund der vertraglichen Vollamortisationspflicht des Leasing-Nehmers bei Finanzierungs-Leasing-Verhältnissen tendenziell ein geringeres Interesse an der Erhaltung des Objektes hat. In institutioneller Hinsicht dürften Öko-LeasingSysteme aufgrund der hier bestehenden unmittelbaren Vertriebs- und Logistikbeziehung am ehesten im Bereich des Hersteller-Leasing (direktes Leasing) bzw. im Bereich hersteller- und händlerabhängiger Leasing-Gesellschaften zu realisieren sein. Bankenabhängige Leasing-Gesellschaften sind hingegen auf entsprechende Kooperationsbeziehungen angewiesen. Ein spezifisches Problem dürfte im Bereich unabhängiger Leasing-Gesellschaften ferner in dem mit einem Öko-Leasing zwangsläufig einhergehenden Verzicht auf die Chance, zusätzliche Erträge aus der Verwertung von Leasing-Objekten zu erzielen, bestehen. Praktisch dürfte die Einführung von ÖkoLeasing-Systemen allerdings auf nicht unerhebliche Umsetzungsschwierigkeiten stoßen, eine These, die exemplarisch anhand eines Computerdruckers für den privaten Gebrauch - wesensgemäß ein potentielles Öko-Leasing-Objekt - verdeutlicht werden kann: Wie erläutert, kommt eine zeitabhängige Vertragsgestaltung im Rahmen eines Öko-Leasing grundsätzlich nicht in Frage, vielmehr muß die Entgeltbemessung anhand des tatsächlichen wirtschaftlichen Nutzungspotentials bzw. Nutzungsverbrauchs erfolgen. Konkret bedeutet dies, daß ein Leasing-Nehmer, der das beispielhaft angeführte Objekt im Wege eines Öko-LeasingVerhältnisses nutzt, einen bestimmten Betrag pro gedruckter Seite an den Hersteller abzuführen hat. Hierbei stellt sich jedoch unmittelbar die Frage nach einem Verfahren, mit dessen Hilfe der Hersteller den Seitenverbrauch des Leasing-Nehmers ermitteln kann. Selbst durch Vertragsgestaltungen, wie sie mitunter vorgeschlagen werden, bei denen der Hersteller dem Leasing-Nehmer gegen einmalige Zahlung eines festgelegten Betrages eine bestimmte Anzahl von Ausdrucken garantiert, kann diese Problematik nicht gelöst werden. Abgesehen von derartigen abwicklungstechnischen Problemen fragt sich ferner gerade im Falle von Wirtschaftsgütern, die sich wie der beispielhaft angeführte Computerdrucker durch vergleichsweise geringe Anschaffungskosten auszeichnen, ob die Vielzahl der Verbraucher, die einen Kauf des Objektes aus Eigenmitteln darstellen könnten, im Rahmen eines ÖkoLeasing-Systems überhaupt bereit dazu wären, die dem Hersteller entstehenden Finanzierungskosten zu tragen. Darüber hinaus ist sicherlich auch eine generelle Akzeptanzproblematik zu erwarten, die aus psychologischen Vorbehalten der Verbraucher gegen eigentumslose Nutzungslösungen resultiert. Bevor Öko-Leasing-Systeme also tatsächlich zu einem effektiven Instrument der Umweltpolitik werden können, bedarf es zunächst einer nachhaltigen Überwindung derartiger Umsetzungs- und Akzeptanzprobleme. Weiterführende Literatur Buschgen, H. E.: Grundlagen des Leasing, in: Praxishandbuch Leasing, hrsg. von Buschgen, H. E., München 1998; derselbe: Mobilienleasing, in: Praxishandbuch Leasing, hrsg. von Buschgen, H. E., München 1998; Bender, H. J.: Elemente eines ÖkoLeasing als innovatives Finanz-Marketing, in: Recht der internationalen Wirtschaft, Beilage zu Heft 11, 42. Jg., o. O. 1996; Deutscher Bundestag. Referat Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.): Abschlußbericht der Enquete-Kommission Schutz des Menschen und der Umwelt. Ziele und Rahmenbedingungen einer nachhaltig-zukunftsverträglichen Entwicklung des 13. Deutschen Bundestages, Bonn 1998; Hinterberger, F.l Lukas, F.l Stewen, M.: Ökologische Wirtschaftpolitik. Berlin u. a. 1996; Leinkauf S./ Zundel, S.: Funktionsorientierung und Ökoleasing. Strategien und Instrumente einer proaktiven Umweltpolitik. Schriftenreihe des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung, Nr. 79/94, Berlin 1994; v. Weizsäkker, E. U.: Erdpolitik. 4. Aufl., Darmstadt 1994.



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